Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Magazin nachhaltigkeit vom 06.10.2025 Seite 34,35,36
DIE VERANTWORTUNG WÄCHST
Quelle: Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Magazin nachhaltigkeit vom 06.10.2025 Seite 34


Allgemeine Hotel- und Gastronomie-Zeitung Magazin nachhaltigkeit vom 06.10.2025 Seite 34

ESG-Regulierung

ESG-Regulierung für Unternehmen

DIE VERANTWORTUNG WÄCHST

Trotz des gefühlten Rollbacks bei den globalen Klimazielen bleiben die ESG-Anforderungen hierzulande bestehen. Sie sind für Hotels und Gastronomen Pflicht und eine große Herausforderung. Zumal sich der regulatorische Rahmen derzeit permanent in Bewegung befindet.

Das Akronym ESG – Environmental, Social, Governance (Umwelt, Gesellschaft, Unternehmensführung) – ist auch in der Hotelwelt zu hören. Viele institutionelle Investoren integrieren mittlerweile ESG-Kriterien in ihre Anlageentscheidungen, um langfristigen Wert zu schaffen und Risiken zu mindern. Für Unternehmen wird ESG also zunehmend die Voraussetzung für Zugang zu Kapital.

Wie ist der Stand der Regulierung? Mit einem sogenannten Omnibus-Verfahren sollen im Kern die Regulierungen zu Nachhaltigkeitsberichterstattung (CSRD), Sorgfaltspflichten in der Lieferkette (CSDDD) und die EU-Taxonomie zu nachhaltigen Wirtschaftsaktivitäten vereinfacht und aufeinander abgestimmt werden.

Politisches Tauziehen kostet Zeit

Inzwischen hat sich das Verfahren ausgewachsen. Aus Parlament und Rat der Mitgliedsstaaten gibt es hunderte Forderungen, die in den Omnibus gepackt werden sollen. Heiß diskutiert wird, welche Unternehmen von der Regulierung überhaupt noch erfasst werden sollen. Die Mitarbeiterzahl, ab der die Regulierung greift, wird voraussichtlich kräftig nach oben gesetzt.

Der Rat der EU-Mitgliedsstaaten hat noch unter polnischer Ratspräsidentschaft seine Verhandlungsposition für das Omnibus-Verfahren beschlossen. Jetzt, im zweiten Halbjahr, liegt der Vorsitz bei Dänemark. Auch die Dänen fordern Tempo. In Brüssel wird derzeit erwartet, dass Parlament und Rat im Dezember oder Anfang 2026 über das finale Paket abstimmen könnten.

Das wäre allerdings schon fast der Idealfall. Vieles hängt davon ab, mit wem die EVP ihre Mehrheit im Parlament formt und ob sie damit im Ergebnis dann schon nah an der Position des Rates ist. Sollte die Uneinigkeit zwischen den Institutionen groß sein, werden sich die Verhandlungen hinziehen. Allerdings hat man diese Zeit eigentlich nicht. Schließlich wird Planungsklarheit benötigt. Mit einem sogenannten Stop-the-Clock-Mechanismus hat man sich nur ein (CSDDD) respektive zwei Jahre (CSRD) zusätzliche Zeit erkauft.

Während Rat und Parlament noch daran arbeiten, den Nachhaltigkeits-Omnibus ins Ziel zu steuern, baut die EU- Kommission bereits am Umwelt-Omnibus. Der wird nach der Sommerpause Fahrt aufnehmen. Ab Mitte September will die EU-Kommission entscheiden, was sie alles in den Umwelt-Omnibus packt. Ein Entwurf für das Verfahren soll im vierten Quartal an Parlament und Rat gehen.

Die Kandidatenliste für die Regulierungen, die in einen Umwelt-Omnibus gepackt werden könnten, ist lang. Und das Konsultationsverfahren könnte noch mehr Themen auf die Liste spülen. Am prominentesten sind derzeit die umkämpfte Anti-Entwaldungsverordnung (EUDR) und die nicht weniger umtoste Green-Claims-Richtlinie. Auch die Industrial Emissions Directive gehört zu den Top- Themen.

Straffere Berichtspflichten erwartet

Weiter könnten die Datenbank für heikle Stoffe in Produkten (SCIP) im Rahmen der Abfallrichtlinie, die erweiterte Herstellerverantwortung (ERP) und die EPR- Berichterstattung Teil des Omnibusses werden. Auch die Natur-Richtlinien, die zu den ältesten Richtlinien der EU gehören, werden genannt.

Weitere Themen des Umwelt-Omnibus können die Straffung der Berichtspflichten, die Förderung der Digitalisierung der Berichterstattung im Bereich der Kreislaufwirtschaft, der Industrieemissionen und der Abfallbewirtschaftung sowie die Beschleunigung von Umweltverträglichkeitsprüfungen sein. Dabei scheint eins schon sicher zu sein: Je voller der Umwelt-Omnibus wird, desto schwieriger dürfte es werden, ihn ins Ziel zu navigieren.

Eine ESG-Strategie hat den Fokus auf messbare Kriterien

Es handelt sich um einen Rahmen, der entwickelt wurde, um die nachhaltigen Geschäftspraktiken eines Unternehmens in messbare Kriterien zu übersetzen.

Nachhaltigkeitskriterien werden bei der Entwicklung und beim Betrieb von Hotelimmobilien zunehmend wichtiger, und ESG-Ratings gewinnen auch in der Immobilienwirtschaft an Bedeutung. ESG steht für die Bereiche Umwelt (Environmental), gesellschaftliche Aspekte (Social) und verantwortungsvolle Unternehmensführung (Governance). Anhand der unterschiedlichen Kriterien aus diesen drei Bereichen kann die Nachhaltigkeit, zum Beispiel eines Hotels, bewertet werden – abgebildet in ökologischen Aspekten, wie auch ethischen und sozialen Werten. ESG ist somit eine wichtige Säule der Corporate Social Responsibility (CSR) eines Unternehmens.

Umwelt: Bezieht sich auf die ökologischen Auswirkungen eines Unternehmens, einschließlich Abfallmanagement, CO2-Emissionen, Wassernutzung etc.

Soziales: Dieser Aspekt betrifft die Beziehungen eines Unternehmens zu Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen, Zulieferern, Kunden und Umfeld. Themen sind unter anderem Arbeitnehmerrechte, Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz, Diversität und Integration sowie die Wirkung auf die lokale Gemeinschaft.

Unternehmensführung: Dieser Punkt beinhaltet Themen wie Unternehmensethik, Gehälter und Vergütungen der Geschäftsführung, Compliance/Transparenz, Aktionärsrechte und -beteiligung.

ESG-Strategien konzentrieren sich oft stärker auf messbare und berichtspflichtige Kriterien. Das ermöglicht Investoren, Stakeholdern und Analysten, die Leistung eines Unternehmens in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung zu bewerten. In der Gastronomie kann dies beispielsweise der spezifische ökologische Fußabdruck eines Gerichts sein.

Während ESG-Strategien durchaus langfristige Ambitionen haben können, konzentrieren sie sich meist auf kurz- bis mittelfristige Ziele, die innerhalb bestimmter Berichtszyklen erreicht werden können. Dies macht sie besonders interessant für die Jahres- oder Quartalsplanung.

Eine ESG-Strategie ist tendenziell spezifischer und stärker auf messbare Kriterien ausgerichtet, die oft von externen Stakeholdern (wie zum Beispiel Investoren) gefordert werden. Eine Nachhaltigkeitsstrategie hingegen hat oft einen umfassenderen und langfristigeren Ansatz, der auf die gesamte Geschäftstätigkeit und die breitere gesellschaftliche Wirkung des Unternehmens abzielt.

Achtung: Greenwashing-Risiko

Wer Nachhaltigkeit verspricht, muss auch Nachhaltigkeit liefern. Ansonsten droht der Vorwurf des Greenwashings, ein Compliance-Risiko wird riskiert.

Die EU-Richtlinie Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) verpflichtet große Unternehmen, ab 2025 einen standardisierten Nachhaltigkeitsbericht zu veröffentlichen, der auf einer doppelten Wesentlichkeitsanalyse basiert und die Risiken sowie Auswirkungen unternehmerischen Handelns entlang der ESG-Dimensionen offenlegt. Die Berichterstattung erfolgt auf Grundlage der European Sustainability Reporting Standards (ESRS), die direkt in den Lagebericht des Unternehmens eingebettet und von externen Prüfern testiert werden müssen.

Erschwerend kommt hinzu, dass sich der regulatorische Rahmen in permanenter Bewegung befindet. Die sogenannte Omnibus-Initiative der EU hat bereits mehrfach zu kurzfristigen Änderungen an Anwendungsbereich, Schwellenwerten und Zeitplänen geführt. Die Unsicherheit, welche Anforderungen wann gelten und welche Unternehmen nun tatsächlich betroffen sind, ist hoch.

Daniel Baumann