Betriebs-Berater
Formelle Fusionskontrolle in Europa: Regulatorischer Dschungel voller (Papier-)Tiger? – von “Gap Cases”, § 32f Abs. 2 GWB und anderen “Innovationen”
Quelle: Betriebs-Berater 2025 Heft 39 vom 22.09.2025, Seite 2179

Dr. Kathrin Haag, RAin

Formelle Fusionskontrolle in Europa: Regulatorischer Dschungel voller (Papier-)Tiger? – von “Gap Cases”, § 32f Abs. 2 GWB und anderen “Innovationen”

Die Fälle Illumina/Grail, Towercast und Nvidia/Run:AI, neue Call-in-Rechte in Mitgliedstaaten, die Rechtsprechung des BGH i. S. Meta/Kustomer zur Auslegung der Transaktionswertschwelle des § 35 Abs. 1a GWB und die im Zuge der 11. GWB-Novelle in Kraft getretene Regelung des § 32f Abs. 2 GWB zeigen, dass die (formelle) Fusionskontrolle das Mittel der Wahl ist, um aktuellen kartellrechtlichen Problemen Herr zu werden – um mit Killeracquisitions, Aquihires und der Vermachtung digitaler wie regionaler Märkte nur ein paar der zu adressierenden Fallkonstellationen zu nennen. Der vorliegende Beitrag beleuchtet den jüngsten deutschen “Lösungsansatz” – die Regelung des § 32f Abs. 2 GWB – im Kontext internationaler Bemühungen um eine Erweiterung der formellen Fusionskontrolle.

I. Einführung

Die eingangs genannten Schlagworte, Fälle und Themen haben das Inkrafttreten der 11. GWB-Novelle in der kartellrechtlichen Diskussion zwischenzeitlich (fast) in den Hintergrund gedrängt. Dabei wurde mit § 32f GWB – dem “politische[n] Kernstück”1 der Novelle – ein Instrument geschaffen, das dem Bundeskartellamt im Anschluss an eine durchgeführte Sektoruntersuchung signifikant erweiterte Eingriffsbefugnisse verleiht. So wurde nicht nur die Befugnis des Bundeskartellamts, Unternehmen zur Anmeldung von Zusammenschlüssen unterhalb der in § 35 GWB genannten Schwellen zu verpflichten, von § 39a GWB a. F. in § 32f Abs. 2 GWB überführt, sondern dem Bundeskartellamt auch die Möglichkeit eingeräumt, im Nachgang an eine Sektoruntersuchung weitgehende Abhilfemaßnahmen aufzuerlegen und, als ultima ratio, die Entflechtung von Unternehmen anzuordnen.

Auch wenn die im vorliegenden Beitrag diskutierte Befugnis des Bundeskartellamts, Unternehmen zur Anmeldung unterschwelliger Zusammenschlüsse zu verpflichten, gemessen an den sonstigen Regelungen des § 32f GWB fast zahm anmutet, lohnt sich eine vertiefte Analyse der Regelung: Die Frage nach einer Erweiterung der formellen Fusionskontrolle spielt im internationalen Kontext eine große Rolle und der deutsche Gesetzgeber ergänzt die diskutierten bzw. umgesetzten Strategien mit § 32f Abs. 2 GWB um ein weiteres Konzept – ein (Papier-)Tiger im dichter werdenden regulatorischen Dschungel?

§ 32f Abs. 2 GWB hat im Vergleich zu den übrigen Regelungen des § 32f GWB den “geringsten Novitätswert”,2 schließlich handelt es sich bei der Regelung um eine Neuauflage des in der Praxis nicht in einer Verfügung gemündeten – und daher als “Papiertiger”3 bezeichneten – § 39a GWB a. F. Interessant ist die Regelung dennoch, nicht zuletzt aufgrund der Bemühungen anderer Länder bzw. Behörden, unterschwellige Zusammenschlüsse (auch Gap Cases genannt – darunter sind im vorliegenden Kontext wettbewerblich (mutmaßlich) bedenkliche Zusammenschlüsse zu verstehen, die weder die Schwellen der europäischen noch der mitgliedstaatlichen Fusionskontrolle erreichen und daher eine – als solche wahrgenommene – “Enforcement Gap” besteht4) einer fusionskontrollrechtlichen Prüfung zu unterwerfen (dazu unter II.). § 32f Abs. 2 GWB ist jedoch auch deshalb interessant, weil die Regelung selbst Fragen aufwirft und Unklarheiten aufweist (dazu unter III.) – die umso schwerer wiegen, als im aktuellen Koalitionsvertrag keine Änderung des § 32f GWB geplant ist. § 32f GWB scheint gekommen, um zu bleiben.

II. § 32f Abs. 2 GWB im Kontext internationaler Bemühungen um eine Erweiterung der formellen Fusionskontrolle

Mit § 32f Abs. 2 GWB (und zuvor § 39a GWB a. F.) ergänzt der deutsche Gesetzgeber die internationalen Bemühungen zur Erweiterung der formellen Fusionskontrolle um ein weiteres Konzept. Denn nicht nur beim Bundeskartellamt und dem deutschen Gesetzgeber, sondern auch international setzt sich zunehmend die Auffassung durch, die Anknüpfung an gesetzlich definierte Umsatzschwellen, aber auch die gegenwärtige Form bestehender Transaktionswertschwellen,5 reiche nicht aus, um Wettbewerbsproblemen, die z. B. durch Killeracquisitions, Acquihires oder die Vermachtung digitaler wie regionaler Märkte ausgelöst werden, angemessen begegnen zu können. Die Behandlung von Gap Cases ist daher wiederholt Gegenstand gesetzgeberischer, behördlicher und gerichtlicher Auseinandersetzung und wird in Literatur und Praxis kontrovers diskutiert.6

1. Mit § 32f Abs. 2 GWB vergleichbare Regelungen in Europa

§ 32f GWB weist zahlreiche Parallelen zu dem auf Europäischer Ebene vormals diskutierten New Competition Tool (“NCT”, II. 1. a)) und dem im Vereinigten Königreich geltenden Market Investigation Regime (II. 1. b)) auf.Eine ähnliche Regelung gibt es in Italien (II. 1. c)). Da diese Regelungen, anders als § 32f Abs. 2 GWB, nicht auf die Erweiterung der (formellen) Fusionskontrolle abzielen, wird im Folgenden nur knapp darauf eingegangen.

a) EU: No Competition Tool

Auf europäischer Ebene wurde im Vorfeld der Einführung des Digital Markets Act (“DMA”)8 das sog. NCT als “vierte Säule”9 des Kartellrechts diskutiert. Mit dem NCT sollten die bestehenden europäischen Wettbewerbsregeln um ein neues market investigation tool ergänzt werden, das darauf abzielte, Lücken in den geltenden EU-Vorschriften zu schließen und Durchsetzungsmaßnahmen zur Erhaltung wettbewerbsfähiger Märkte zu ermöglichen. 10 Die Initiative zum NCT wurde jedoch verworfen.

b) UK: Market Investigation Regime

Nach dem im Vereinigten Königreich geltenden Market Investigation Regime in Part IV des UK Enterprise Act 2002 (EA02) hat die britische Competition and Markets Authority (“CMA”) die Möglichkeit, im Anschluss an eine market investigation und nach Feststellung eines adverse effect on competition verstoßunabhängig Abhilfemaßnahmen zu verordnen oder Zusagen zu akzeptieren.11 Nicht nur das zweistufige Verfahren (zunächst Durchführung einer Sektoruntersuchung, dann Ergreifen von Maßnahmen), sondern auch das Kriterium der erheblichen und fortwährenden Störung des Wettbewerbs i. S. d. § 32f Abs. 3 GWB ist dem britischen Market Investigation Regime entlehnt.12 Anders als § 32f Abs. 2 GWB sieht das Market Investigation Regime eine Anmeldepflicht als Abhilfemaßnahme jedoch nicht vor.

c) Italien

Auch Italien verfügt über eine dem § 32f GWB vergleichbare Regelung: Nach dem Gesetzesdekret 104/202313 kann die italienische Wettbewerbsbehörde nach dem Abschluss einer Sektoruntersuchung strukturelle oder verhaltensbedingte Auflagen verhängen bzw. Maßnahmen ergreifen, falls die Sektoruntersuchung wettbewerbliche Bedenken zu Tage fördert. Ursprünglich wurde die Regelung eingeführt, um einer mutmaßlichen Preisdiskriminierung und durch Algorithmen berechneten, überhöhten Preisen im italienischen Luftverkehr zu begegnen. Zwischenzeitlich hat der italienische Consiglio di Stato jedoch klargestellt, dass das Instrument nicht sektorspezifisch gilt, d. h. nicht auf den Bereich des Personenluftverkehrs beschränkt ist.14

Die entsprechende Regelung listet die der italienischen Wettbewerbsbehörde zur Verfügung stehenden Abhilfemaßnahmen nicht auf. Selbst wenn Unternehmen auf diese Weise zur Anmeldung unterschwelliger Zusammenschlüsse verpflichtet werden könnten, dürfte die Bedeutung der Regelung für den Bereich der Fusionskontrolle aber überschaubar bleiben: Seit 2022 verfügt die italienische Wettbewerbsbehörde nämlich über die Befugnis, Beteiligte eines Zusammenschlusses (ohne vorangegangene Sektoruntersuchung) zur Anmeldung desselben zu verpflichten, auch wenn die Beteiligten die Schwellenwerte der italienischen Fusionskontrolle nicht erreichen (dazu sogleich).

2. Anmeldepflichten für Big Tech?

§ 32f Abs. 2 GWB schafft ein Sonderregime für einige (wenige) Unternehmen, die Adressat einer Anmeldeverfügung sind. Dabei erfolgt keine grundsätzliche Beschränkung auf Unternehmen einer bestimmten Art/Branche, z. B. Start-Ups oder Tech-Konzerne. Diese “Offenheit” unterscheidet § 32f Abs. 2 GWB und die oben dargestellten Regime von den im DMA (dazu unter II. 2. a)) und im Digital Markets, Competition and Consumers Act des Vereinigten Königreichs (dazu unter II. 2. b)) getroffenen Regelugen: Unter beiden Regimen werden Unternehmen nach vorheriger Statusfeststellung besondere Pflichten auferlegt, wobei beide Regime spezifisch auf Big Tech-Unternehmen abzielen.

a) EU: Digital Markets Act (“DMA”)

Designierte Torwächter sind nach Art. 14 DMA verpflichtet, die Europäische Kommission über jeden geplanten Zusammenschluss zu unterrichten, wenn die sich zusammenschließenden Unternehmen oder das Zielunternehmen zentrale Plattformdienste bereitstellen oder sonstige Dienste im digitalen Sektor erbringen oder die Erhebung von Daten ermöglichen. Diese Verpflichtung gilt unabhängig von der Anmeldepflichtigkeit des jeweiligen Zusammenschlusses bei der Europäischen Kommission oder zuständigen nationalen Wettbewerbsbehörden innerhalb der EU.

Anders als § 32f Abs. 2 GWB sieht Art. 14 DMA – entgegen der im Gesetzgebungsverfahren zum DMA geäußerten Forderungen der deutschen und der französischen Regierung15 – keine Anmelde-, sondern eine bloße Unterrichtungsverpflichtung vor. Die daraus folgende gesteigerte Visibilität der Europäischen Kommission und der Mitgliedstaaten, die von der Europäischen Kommission nach Art. 14 Abs. 4 DMA unterrichtet werden, dürfte jedoch – wie geplant, vgl. Art. 14 Abs. 5 DMA – zu einem Anstieg an Verweisungen der Mitgliedstaaten16 bzw. einem verstärkten Rückgriff auf die “Towercast”-Rechtsprechung17 führen (dazu sogleich).

b) UK: Digital Markets, Competition and Consumers Act

Im Vereinigten Königreich bleibt es bis dato dabei, dass ein Zusammenschluss vor Vollzug grundsätzlich nicht zwingend angemeldet werden muss (da die CMA Zusammenschlüsse, die gewisse Schwellen erreichen, jedoch überprüfen kann, erfolgt in der Praxis bei Überschreiten dieser Schwellen regelmäßig eine Anmeldung bzw. zumindest eine Abstimmung mit der CMA). Eine Ausnahme gilt für Unternehmen, deren strategischer Marktstatus (“strategic market status”) festgestellt wurde. Diese müssen bestimmte Transaktionen mit Bezug zum Vereinigten Königreich, deren Transaktionswert mindestens GBP 25 Mio. beträgt, vor Vollzug bei der CMA anmelden.18 Dies ergibt sich aus dem Digital Markets, Competition and Consumers Act 2024, quasi dem Pendant zum europäischen DMA. Anders als der DMA sieht der Digital Markets, Competition and Consumers Act keine bloße Unterrichtungsplicht vor, sondern geht darüber hinaus. Wo auf europäischer Ebene eine “Enforcement Gap” befürchtet – Stichwort Killerakquisitionen und Vermachtung digitaler Märkte – und versucht wird, diese über mitunter gewagte Gesetzesauslegung zu schließen, verfügt das Vereinigte Königreich mithin über ein Instrument, das diese Fälle adressiert und systematisch zwischen § 32f Abs. 2 GWB und dem DMA angesiedelt ist.

3. Call-in-Rechte

Wettbewerbsbehörden in verschiedenen europäischen Jurisdiktionen verfügen über die Möglichkeit, unterschwellige Zusammenschlüsse “an sich zu ziehen” und die Beteiligten zu einer Anmeldung zu verpflichten (sog. “Call-in-Rechte”). Derartige Rechte bestehen beispielsweise in Dänemark, Italien, Irland, Island, Lettland, Litauen, Norwegen, Schweden, Ungarn und Zypern. Behörden weiterer Länder, z. B. in den Niederlanden19 und in Frankreich,20 fordern ebenfalls Call-in-Rechte.

In einigen der o. g. Länder, z. B. in Dänemark, Island, Italien und Schweden müssen gleichwohl gewisse Umsatzschwellen erreicht werden, wobei diese im Vergleich zu den “herkömmlichen” Umsatzschwellen aber sehr niedrig sind (zumal in Italien statt auf den Inlandsumsatz auf den weltweiten Umsatz abgestellt werden kann). In anderen Ländern wird (zusätzlich) das Erreichen gewisser Marktanteilsschwellen vorausgesetzt, so z. B. in Lettland und Ungarn.

Call-in-Rechte sind in der Regel zeitlich limitiert, beispielsweise durch Bezugnahme auf den Vollzug der Transaktion (z. B. in Italien: Die dortige Behörde kann die Beteiligten eines Zusammenschlusses nur innerhalb der ersten sechs Monate nach dessen Vollzug zur Anmeldung verpflichten) und/oder auf die Information der Behörde (z. B. in Dänemark: Die dortige Behörde kann binnen 15 Tagen, nachdem sie über einen Zusammenschluss informiert wurde, entscheiden, ob sie die Beteiligten zur Anmeldung verpflichtet).

Die Neigung der jeweiligen nationalen Behörden, von den ihnen zustehenden Call-in-Rechten Gebrauch zu machen, ist naturgemäß unterschiedlich stark ausgeprägt. Die Entscheidung des EuGH i. S. Illumina21 (dazu sogleich), die Gatekeeper treffende Unterrichtungspflicht bzw. die daraus resultierende gesteigerte Visibilität bestimmter Zusammenschlüsse (s. o. unter II. 2. a)) sowie die zunehmend verbreitete Auffassung, bestimmte unterschwellige Zusammenschlüsse entfalteten ein Gefährdungspotenzial, dem durch eine präventive Fusionskontrolle begegnet werden müsse, dürften jedoch zu einer steigenden Bedeutung von Call-in-Rechten führen. Dies gilt vor allem im Zusammenspiel mit Art. 22 FKVO, dessen Anwendbarkeit nach der Rechtsprechung des EuGH i. S. Illumina die Zuständigkeit des die Verweisung an die Europäische Kommission beantragenden Mitgliedstaats voraussetzt. Nach Auffassung der Europäischen Kommission sowie der italienischen Wettbewerbsbehörde genügt dabei die Begründung der Zuständigkeit über Call-in-Rechte – zu beobachten in Sachen Nvidia/Run:AI22 (dazu sogleich).

4. Warum das Gesetz ändern, wenn man auch die Policy ändern kann?

Gesetzgebungsverfahren sind aufwändig und ziehen sich oft über mehrere Jahre. Daher verwundert es nicht, dass versucht wurde und wird, Gap Cases auf untergesetzlicher Ebene zu begegnen – z. B. über das Verweisungsregime des Art. 22 FKVO (dazu unter II. 4. a)) oder über Art. 101 und 102 AEUV (dazu unter II. 4. b)).

a) EU: Verweisung nach Art. 22 FKVO – Illumina eliminated? Illumina reloaded!

Eine Ausweitung der Fusionskontrolle unterschwelliger Zusammenschlüsse wurde über Art. 22 FKVO versucht zu erzielen: Die Europäische Kommission vertrat in ihrem Leitfaden zu Art. 22 FKVO zwischenzeitlich die Auffassung, Art. 22 FKVO erlaube die Verweisung von Zusammenschlüssen von Mitgliedstaaten an die Europäische Kommission, die die Anwendungsvoraussetzungen der jeweiligen mitgliedstaatlichen Fusionskontrollregime nicht erfüllen.23 Unzuständige Mitgliedstaaten konnten nach dieser Auffassung ihrerseits eine Zuständigkeit der zunächst ebenfalls unzuständigen Europäischen Kommission herbeiführen. Auf diese Weise sollten Zusammenschlüsse, auch wenn sie bereits vollzogen waren, verfahrensrechtlich und materiell der EU-Fusionskontrolle unterworfen werden, die andernfalls mangels Zuständigkeit nicht hätten geprüft werden können.24 Diese Neuinterpretation von Art. 22 FKVO hat dazu geführt, dass die Europäische Kommission Verweisungen in Sachen Illumina/Grail (M.10188), Qualcomm/Autotalks (M.11212) und EEX/Nasdaq (M.11241) akzeptiert (und viele weitere geprüft) hat.

aa) Illumina eliminated?

Nachdem das EuG in einem von Illumina im Zusammenhang mit der (zwischenzeitlich aufgegebenen) Übernahme von Grail angestrengten Verfahren die Auffassung der Europäischen Kommission stütze,25 hat der EuGH dem Vorgehen der Europäischen Kommission eine Absage erteilt und die Rechtswidrigkeit der von der Europäischen Kommission vertretenen Auslegung von Art. 22 FKVO festgestellt.26 In diesem Zusammenhang äußerte sich der EuGH insbesondere dahingehend, dass eine derartige Auslegung die Wirksamkeit, die Vorhersehbarkeit und die Rechtssicherheit, die den Parteien eines Zusammenschlusses garantiert werden müsse, beeinträchtige.27 Die Europäische Kommission hat daraufhin den Leitfaden zu Art. 22 FKVO zurückgezogen.28

bb) Illumina reloaded: Nvidia/Run:AI

Zwar ist höchstrichterlich festgestellt, dass ein Verweisungsantrag die eigene Zuständigkeit des die Verweisung beantragenden Mitgliedstaats voraussetzt. Seit dem Illumina-Verfahren wurden auf mitgliedstaatlicher Ebene jedoch verschiedentlich Call-in-Rechte für unterschwellige Zusammenschlüsse eingeführt (s. o. unter II. 3.). Dementsprechend ist die Zahl “echter” Gap Cases gegenüber der “Prä-Illumina-Zeit” stark gesunken, zumal zumindest nach Auffassung der Europäischen Kommission eine Zuständigkeit, die über ein ausgeübtes Call-in-Recht begründet wurde, für einen Verweisungsantrag nach Art. 22 FKVO genügt.

Dass es sich bei dieser Konstruktion nicht um ein Gedankenspiel, sondern bereits um gelebte Praxis handelt, zeigt der Fall Nvidia/Run:AI: Hier hatte die italienische Wettbewerbsbehörde von ihrem 2022 eingeführten Recht, Beteiligte eines unterschwelligen Zusammenschlusses innerhalb von sechs Monaten nach Vollzug zur Anmeldung des Zusammenschlusses zu verpflichten, Gebrauch gemacht und sodann die Verweisung nach Art. 22 FKVO an die Europäische Kommission beantragt. Die Europäische Kommission hat dem Antrag stattgegeben und den Fall nach eingehender Prüfung freigegeben.29 Dieses Vorgehen verwundert nicht weiter, schließlich hat die Europäische Kommission bereits unmittelbar nach dem Urteil des EuGH i. S. Illumina angedeutet, einen anderen Weg zu suchen, um die als solche wahrgenommene Regelungslücke zu schließen – z. B. über angepasste nationale Fusionskontrollregime.30 Ob dieser Weg rechtmäßig ist, wird sich zeigen. Nvidia hat gegen den Beschluss der Europäischen Kommission Klage erhoben.

Insbesondere argumentiert Nvidia, die im Beschluss vertretene Auslegung von Art. 22 FKVO verstoße gegen “die allgemeinen Grundsätze des institutionellen Gleichgewichts, der Rechtssicherheit, der Verhältnismäßigkeit und der Gleichbehandlung. Der Beschluss sei auch unvereinbar mit der Entstehungsgeschichte, der Systematik und dem Zweck von Art. 22 sowie mit dem Grundsatz, dass Ausnahmen und Abweichungen von einer Bestimmung eng auszulegen seien.31

Ob der eingeschlagene Weg rechtmäßig ist, darf bezweifelt werden – immerhin sind die vom EuGH i. S. Illumina angestellten Erwägungen hinsichtlich der “Wirksamkeit, [der] Vorhersehbarkeit und [der] Rechtssicherheit, die den Parteien eines Zusammenschlusses garantiert werden müssen”,32 ohne Weiteres auf die vorliegende Konstellation übertragbar. Sollte das EuG bzw. ggf. der EuGH die Auffassung der Europäischen Kommission jedoch bestätigen, dürfte sich deren Sorge vor einer Durchsetzungslücke jedenfalls als zunehmend unbegründet erweisen, während Unternehmen, Unternehmer und Investoren – die ohnehin mit einem komplexen regulatorischen Umfeld konfrontiert sind – bei der fusionskontrollrechtlichen Bewertung eines Zusammenschlussvorhabens sowie bei deren Reflexion im SPA vor Schwierigkeiten gestellt werden.

Insbesondere für marktbeherrschende Unternehmen stellt sich die Situation als noch komplexer dar:

b) Bewertung von unterschwelligen Zusammenschlüssen am Maßstab des Primärrechts – Towercast

In seiner Towercast-Entscheidung befasst sich der EuGH mit der Frage nach der Anwendbarkeit des Art. 102 AEUV auf einen Zusammenschluss, der die Aufgreifschwellen der nationalen Fusionskontrolle nicht erreicht hat, und bejaht diese: Unterschwellige Zusammenschlüsse können nach Towercast zeitlich unbegrenzt33 am Maßstab der Art. 101 und 102 AEUV gemessen werden, selbst wenn ein nationales Fusionskontrollregime existiert.34 Dies gilt jedenfalls für nationale Wettbewerbsbehörden.

Offen ist, ob auch die Europäische Kommission eine derartige Befugnis hat – damit hatte sich der EuGH nicht zu befassen und entsprechend schweigt die Entscheidung zu dieser Frage. Zum Teil wird die Auffassung vertreten, die Argumentation des EuGH lasse sich auch auf die Europäische Kommission übertragen, sodass auch diese unterschwellige Zusammenschlüsse, die nicht über Art. 22 FKVO an die Europäische Kommission verwiesen wurden, am Maßstab des Art. 102 AEUV bewerten kann.35 Generaldirektor Guersent hat sich hingegen in einem Vortrag dahingehend geäußert, dass der Weg über Towercast für die Europäische Kommission versperrt sei.36

In der Sache handelt es sich bei der Towercast-Rechtsprechung um eine “Wiederbelebung”37 der Continental Can-Doktrin. Die Towercast-Entscheidung geht allerdings über die Frage der Anwendbarkeit des Art. 102 AEUV auf Zusammenschlüsse unterhalb der Aufgreifschwellen hinaus: Kern der Entscheidung ist vielmehr die Frage, ob Art. 21 FKVO, wonach die FKVO nur für Zusammenschlüsse i. S. d. Art. 3 FKVO gilt, eine Sperrwirkung für die Prüfung von unterschwelligen Zusammenschlüssen entfaltet, d. h. inwieweit diese anhand der Bestimmungen des Primärrechts, namentlich Art. 101 und Art. 102 AEUV, geprüft werden können. Letztere Frage hat der EuGH bejaht, indem er verschiedentlich auf “das Primärrecht”38 oder gar ausdrücklich auf “Art. 101 und 102 AEUV”39 Bezug nahm. Erfüllt ein Zusammenschluss die Voraussetzungen des Art. 3 FKVO nicht, stellt sich die Frage der Sperrwirkung des Art. 21 FKVO schon nicht. In diesem Fall könnte eine nationale Behörde den relevanten Zusammenschluss erst recht am Maßstab der Art. 101 und Art. 102 AEUV bewerten.

In diesem Sinne hat auch die französiche Wettbewerbsbehörde die Towercast-Entscheidung interpretiert und eine Vielzahl von (bereits mehrere Jahre alten) Vereinbarungen über den Verkauf und die Abtretung von Geschäftsbetrieben im Bereich der Tierkörperbeseitigung, bei dem die beteiligten Unternehmen die Umsatzschwellen der nationalen Fusionskontrolle nicht erreicht haben, am Maßstab des Art. 101 AEUV geprüft (und einen Verstoß im Ergebnis abgelehnt).40 Auch die Behörden in Belgien41 und Luxemburg42 haben die in Towercast aufgestellten Grundsätze bereits in die Praxis umgesetzt, allerdings mit Blick auf Art. 102 AEUV (wobei in Luxemburg die Besonderheit besteht, dass Luxemburg über kein nationales Fusionskontrollregime verfügt; zudem wurde das Verfahren dort ohne Feststellung eines Verstoßes eingestellt).

Dem Towercast-Urteil ist keine Beschränkung auf eine ex-post-Prüfung zu entnehmen. Von Ausnahmefällen43 abgesehen, dürfte diese Rechtsprechung in der Praxis jedoch weit überwiegend auf eine punktuelle ex-post-Kontrolle hinauslaufen. Diese Einschätzung beruht zum einen darauf, dass Towercast keine Anmeldepflicht und kein Vollzugsverbot statuiert.44 Zum anderen sind die materiellen Voraussetzungen der Art. 101 und 102 AEUV streng und die Hürden zu deren Nachweis hoch (und im Falle eines Zusammenschlusses unter Beteiligung eines marktbeherrschenden Unternehmens im Detail ungeklärt45).

Auf Unternehmensseite führt die Towercast-Rechtsprechung zu enormer Rechtsunsicherheit: So ist es für Unternehmen jedenfalls abseits eindeutig gelagerter Fälle mit enormem Aufwand und großer Unsicherheit verbunden, einen möglichen Zusammenschluss am Maßstab des Art. 102 AEUV zu bewerten. So stellt die Feststellung einer marktbeherrschenden Stellung nicht nur Wettbewerbsbehörden vor praktische Schwierigkeiten, sondern mehr noch Unternehmen, deren Erkenntnismöglichkeiten hinter denen einer Behörde zurückbleiben und die sich insoweit auf Marktstudien und die eigene Marktkenntnis verlassen müssen.

Diese Prognoseschwierigkeiten und das damit einhergehende Risiko wiegt besonders schwer, da der Towercast-Entscheidung – anders als dies bei Call-in-Rechten der Fall ist – keine ausdrückliche zeitliche Limitierung der Eingriffsbefugnisse zu entnehmen ist. Ein mögliches Tätigwerden der Behörden nach Art. 102 AEUV (oder Art. 101 AEUV) und daraus resultierende Folgen bzw. das Risiko von Abhilfemaßnahmen schweben daher wie ein Damoklesschwert über den Beteiligten eines Zusammenschlusses, auch Jahre nach dessen Vollzug. Von der vom EuGH in seinem Urteil in Sachen Illumina beschworenen “Vorhersehbarkeit und . . . Rechtssicherheit, die den Parteien eines Zusammenschlusses garantiert werden müssen46 bleibt mithin noch weniger übrig als bei Anwendung des Art. 22 FKVO in Verbindung mit mitgliedstaatlichen Call-in-Rechten.

Nach alledem verwundert es nicht, dass sich Generaldirektor Olivier Guersent kritisch über eine auf Verhaltenskartellrecht gestützte ex-post-Kontrolle geäußert hat: Eine solche habe Rechtsunsicherheit zur Folge, biete für Unternehmen keine zufriedenstellende Lösung und würde gar “real misery” schaffen.47 Der Weg über Art. 102 AEUV sei zudem nicht effektiv, da diese Vorgehensweise Klarheit und Schnelligkeit entbehre.48 Er ging soweit, den Weg über verhaltenskartellrechtliche Regelungen als “the mother of all uncertainties” zu bezeichnen, nicht zuletzt da – anders als bei mitgliedstaatlichen Call-in-Rechten – keine zeitliche Begrenzung bestünde.49 Allerdings wird aus den Äußerungen von Generaldirektor Guersent auch deutlich, dass für Behörden in Jurisdiktionen, die nicht über Call-in-Rechte verfügen, der Weg über “die Towercast-Avenue” nach dem Urteil des EuGH i. S. Illumina der einzige Weg ist, um Gap Cases zu erfassen.

III. Die Anmeldeverfügung nach § 32f Abs. 2 GWB

Auch in Deutschland versucht man bereits seit mehreren Jahren, Gap Cases zielgerichtet einer fusionskontrollrechtlichen Prüfung zuzuführen. So wurde die Transaktionswertschwelle des § 35 Abs. 1a GWB eingeführt, um Killerakquisitionen zu begegnen, wobei der BGH die weite Auslegung dieser Regelung durch das Bundeskartellamt in seiner Entscheidung i. S. Meta/Kustomer jüngst bestätigt hat.50 § 32f Abs. 2 GWB hingegen zielt in erster Linie auf die Verhinderung der Vermachtung von Regionalmärkten durch den sukzessiven Erwerb kleinerer Wettbewerber und damit auf die Verhinderung einer verdeckten Marktkonsolidierung ab.51

Nach Durchführung einer Sektoruntersuchung (dazu unter III. 1. und III. 2.) kann das Bundeskartellamt, wenn objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch künftige Zusammenschlüsse der wirksame Wettbewerb im Inland in einem oder mehreren der im Abschlussbericht der zuvor durchgeführten Sektoruntersuchung untersuchten Wirtschaftszweigen (III. 3. a)) erheblich behindert werden könnte (III. 3. b)), Unternehmen durch Verfügung verpflichten, innerhalb eines Zeitraums von drei Jahren ab Zustellung der Verfügung jeden Zusammenschluss in einem oder mehreren dieser Wirtschaftszweige anzumelden (III. 4.) – weitgehend unabhängig von den erzielten Umsätzen (die vorgesehenen Schwellenwerte sind äußerst gering) und unabhängig vom Transaktionswert.

1. Durchführung einer Sektoruntersuchung und Veröffentlichung eines Berichts, § 32f Abs. 1 GWB

Den erweiterten Befugnissen des Bundeskartellamts nach § 32f Abs. 2–4 GWB ist gemein, dass diese erst nach Veröffentlichung eines Abschlussberichts über eine – denknotwendig abgeschlossene – Sektoruntersuchung eingeräumt werden (sofern es sich dabei nicht um eine solche nach § 32e Abs. 6 GWB handelt), vgl. § 32f Abs. 1 GWB.

Das Instrument der Sektoruntersuchung hat im Zuge der 11. GWB-Novelle moderate Änderungen im Sinne einer “stärkere[n] normative[n] Umhegung”52 erfahren. Neu ist im Wesentlichen die Verpflichtung des Bundeskartellamts, einen Abschlussbericht zu veröffentlichen sowie die Möglichkeit, darin wettbewerbspolitische Empfehlungen an die Bundesregierung auszusprechen (§ 32e Abs. 4 GWB). Zudem wurde eine Regeldauer von 18 Monaten für die Durchführung einer Sektoruntersuchung etabliert53 und die Ermittlungsbefugnisse des Bundeskartellamts um die Möglichkeit der Beschlagnahmen erweitert (§ 32e Abs. 5 GWB; dies gilt nicht für Sektoruntersuchungen nach § 32e Abs. 6 GWB). Außerdem kann die Monopolkommission Empfehlungen für die Durchführung von Sektoruntersuchungen aussprechen, § 44 Abs. 4 GWB. Folgt das Bundeskartellamt dieser Empfehlung nicht, muss es dies begründen.54 Unverändert geblieben ist, dass Rechtsschutz weder gegen die Einleitung einer Sektoruntersuchung noch gegen den Abschlussbericht gewährt wird.55

2. Ergebnis der Sektoruntersuchung

§ 32f GWB wurde geschaffen, um “Wettbewerbsstörungen, die nicht an eine kartellrechtswidrige Verhaltensweise anknüpfen, sondern zu weiten Teilen auf strukturellen Ursachen oder auf nicht zwingend von den §§ 1, 19, 19a oder 20 erfassten Verhaltensweisen beruhen,”56 zu adressieren. § 32f Abs. 2 GWB ist als “Abhilfemaßnahme zur Behebung von Wettbewerbsproblemen im Nachgang zu einer Sektoruntersuchung”57 ausgestaltet. Entsprechend setzt der Erlass einer Anmeldeverfügung voraus, dass die relevante Sektoruntersuchung eine Wettbewerbsbeschränkung oder zumindest -gefährdung in den in der Verfügung genannten Wirtschaftszweigen zutage gefördert hat.58 Der Zusammenhang zwischen den Ergebnissen der im Vorfeld durchgeführten Sektoruntersuchung und der Anmeldeverfügung ist damit noch ausgeprägter, als dies bei der Vorgängernorm des § 39a GWB a. F. der Fall war.59

3. Die spezifischen Tatbestandsvoraussetzungen des § 32f Abs. 2 GWB

Der Erlass einer Verfügung nach § 32f Abs. 2 GWB setzt voraus, dass objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte dafür bestehen, dass durch künftige Zusammenschlüsse der wirksame Wettbewerb im Inland in einem oder mehreren der im Abschlussbericht der Sektoruntersuchung untersuchten Wirtschaftszweigen erheblich behindert werden könnte.

a) Das Kriterium der Wirtschaftszweige

Wie bereits § 39a GWB a. F. bezieht sich eine Verfügung nach § 32f Abs. 2 GWB auf “einen oder mehrere . . . Wirtschaftszweige”. Damit wählt der Gesetzgeber zwar eine im Rahmen der deutschen und europäischen Fusionskontrolle, die an Märkten und den dort herrschenden Wettbewerbsbedingungen anknüpft, bis zum Inkrafttreten der 10. GWB-Novelle nicht verwandte und in ihren Konturen unscharfe Begrifflichkeit.60 Allerdings hat die “Abgrenzung” eines Wirtschaftszweigs für die Bewertung der Rechtmäßigkeit einer Anmeldeverfügung an praktischer Bedeutung verloren. Dies liegt am Wegfall der 15 %-Schwelle des § 39a GWB a. F., wonach der Verfügungsadressat in den in der Verfügung genannten Wirtschaftszweigen einen Anteil von mindestens 15 % am Angebot oder an der Nachfrage von Waren oder Dienstleistungen in Deutschland haben musste.61

b) Objektiv nachvollziehbare Anhaltspunkte für eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs im Inland durch künftige Zusammenschlüsse

Der Erlass einer Verfügung nach § 32f Abs. 2 GWB setzt die Möglichkeit (“könnte”) einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs voraus. Der Wortlaut korrespondiert insoweit mit § 36 Abs. 1 GWB und dem darin verankerten SIEC-Test (wobei letzterer auf die Verhältnisse auf einem Markt abstellt).

Diese Formulierung spricht für eine hohe Eingriffsschwelle: Horizontale und – in geringerem Maße – vertikale Zusammenschlussvorhaben haben in der Regel einen (nicht unbedingt erheblichen) Einfluss auf die Wettbewerbsverhältnisse. Dies zeigt, dass das mit den von einer Anmeldeverfügung betroffenen Zusammenschlüssen einhergehende Gefährdungspotenzial für den Wettbewerb über das üblicherweise mit jedem Zusammenschluss einhergehende Gefährdungspotenzial hinausgehen muss.

Für diese enge Auslegung spricht auch, dass die Einleitung einer Sektoruntersuchung nach § 32e Abs. 1 GWB voraussetzt, dass Umstände vermuten lassen, “dass der Wettbewerb im Inland möglicherweise eingeschränkt oder verfälscht ist.” Bereits insoweit wird der Nachweis konkreter Umstände, aus denen sich Hinweise auf eine mögliche Wettbewerbsbehinderung ergeben, gefordert.62 Da die mit einer Anmeldeverfügung einhergehende Eingriffsintensität ungleich höher ist als im Rahmen des § 32e GWB, ist § 32f Abs. 2 GWB systematisch und teleologisch dahin auszulegen, dass dessen Voraussetzungen nur erfüllt sind, wenn ein konkreter Anfangsverdacht mit Blick auf eine erhebliche Behinderung wirksamen Wettbewerbs durch künftige Zusammenschlüsse nachgewiesen werden kann. Die Formulierung “könnte” im Sinne des § 32f Abs. 2 GWB ist daher – wie bereits die gleiche Formulierung in § 39a Abs. 1 Nr. 2 GWB a. F. – nicht als bloße Möglichkeit, sondern als Wahrscheinlichkeit des Eintritts einer erheblichen Behinderung wirksamen Wettbewerbs auszulegen.63

Die Einschätzung dieser Wahrscheinlichkeit muss auf objektiv nachvollziehbaren Anhaltspunkten beruhen, die sich dem Abschlussbericht der Sektoruntersuchung entnehmen lassen. Diese Verknüpfung ergibt sich letztlich aus dem Gesetz: Andernfalls wäre die Bezugnahme des Gesetzestextes auf die im Abschlussbericht untersuchten Wirtschaftszweige ad absurdum geführt.64 Auch darüber hinaus darf die Anforderungsschwelle nicht zu niedrig angesetzt werden: Vielmehr müssen die Ergebnisse der Sektoruntersuchung jedenfalls für einen Teil der infrage kommenden Zusammenschlüsse in dem/den betreffenden Wirtschaftszweig(en) während der Geltungsdauer der Anmeldeverfügung eine Untersagung nach § 36 Abs. 1 GWB erwarten lassen.65

4. Ermessensentscheidung des Bundeskartellamts

Liegen die Voraussetzungen des § 32f Abs. 2 S. 1 GWB vor, kann das Bundeskartellamt eine Verfügung nach § 32f Abs. 2 GWB erlassen, d. h. das Bundeskartellamt trifft eine Ermessensentscheidung. Eine Anmeldeverfügung soll innerhalb von 18 Monaten nach der Veröffentlichung des Abschlussberichts nach § 32e Abs. 4 GWB ergehen, vgl. § 32f Abs. 7 GWB. Die Ausgestaltung als Soll-Frist wird vom Bundeskartellamt unter Verweis auf mögliche Hinhaltetaktiken der betroffenen Unternehmen begrüßt.66 Angesichts der weitreichenden Auswirkungen der Regelung und der auf dieser Basis erlassenen Verfügungen für die betroffenen Unternehmen ist jedoch Zurückhaltung bei der Überschreitung der Frist geboten. Insoweit ist auch § 187 Abs. 11 GWB zu beachten, wonach die Frist bei Sektoruntersuchungen, die bei Inkrafttreten der 11. GWB-Novelle bereits abgeschlossen waren, (nur) mit Blick auf § 32f Abs. 2 GWB erst mit dem 7.11.2023 begann (sofern die Veröffentlichung des Abschlussberichts zu diesem Zeitpunkt weniger als ein Jahr zurücklag).

a) Inhalt und Folgen der Anmeldeverfügung

Erlässt das Bundeskartellamt eine Verfügung nach § 32f Abs. 2 GWB, kann es sein Ermessen dahingehend ausüben, dass es die Anmeldepflicht in räumlicher (nur in bestimmten Kommunen, Ländern, Marktgebieten) oder in sachlicher Hinsicht (nur bestimmte Produkte und Leistungen) einschränkt.67 Der mögliche Umfang der Verfügung ist von Gesetzes wegen ausdrücklich auf die in der Sektoruntersuchung untersuchten Wirtschaftszweige begrenzt.68 Auch innerhalb untersuchter Wirtschaftszweige ist eine Einschränkung auf als problematisch erachtete Bereiche geboten. Mit anderen Worten: “Eine Anmeldepflicht kann nicht für “das Baugewerbe” (WZ Code F) verfügt werden, wenn das Problem auf “Abbrucharbeiten” (WZ Code F.43.11.0) beschränkt ist”.69

Die Anmeldeverfügung gilt mit deren Zustellung; ab diesem Zeitpunkt gilt eine Anmeldepflicht für sämtliche Zusammenschlüsse, deren Beteiligte gewisse Aufgreifschwellen erreichen: So muss (1) der Erwerber im letzten Geschäftsjahr Umsatzerlöse im Inland von mehr als EUR 50 Mio. und (2) das zu erwerbende Unternehmen im letzten Geschäftsjahr Umsatzerlöse im Inland von mehr als 1 Mio. Euro erzielt haben, vgl. § 32f Abs. 2 S. 2 GWB. Anders als noch § 39a GWB a. F. knüpfen diese Umsatzschwellen an das konkrete Zusammenschlussvorhaben an; der Umsatz des Erwerbers ist nicht mehr Voraussetzung für den Erlass der Verfügung. Auf diese Weise wird der Fokus der Regelung über bestimmte Unternehmen, die bei einer reinen Umsatzbetrachtung eine gewisse volkswirtschaftliche Relevanz aufweisen, hinaus ausgedehnt – mit dem Ziel, “auch drohende Wettbewerbsprobleme etwa auf regionalen vermachteten Märkten” zu adressieren.”70

Durch den ausdrücklichen Verweis auf die Geltung der Regelungen des Kapitels 7, d. h. der §§ 35–43 GWB, gilt mit Zustellung der Verfügung nicht nur die Anmeldepflicht, sondern – spiegelbildlich – auch das Vollzugsverbot, d. h. nach der Anmeldeverfügung anmeldepflichtige Zusammenschlüsse dürfen erst nach Anmeldung und Freigabe durch das Bundeskartellamt vollzogen werden. Eine Besonderheit besteht mit Blick auf die Regelung des § 36 Abs. 1 S. 2 Nr. 2 GWB, d. h. die Bagatellmarktklausel: Diese gilt im Geltungsbereich der Anmeldeverfügung nicht.71 Auf diese Weise kommt es zu einer Verschärfung der materiellen Fusionskontrolle,72 die dem o. g. Ziel, die Vermachtung regionaler Märkte zu verhindern, geschuldet ist.

b) Adressat

Aus § 32f Abs. 2 GWB ergibt sich nicht ausdrücklich, wer Adressat einer Anmeldeverfügung sein kann. Auch insoweit kommt dem Bundeskartellamt ein Ermessenspielraum zu, der aber durch den Zweck der Verfügung begrenzt ist. Demnach können nur Unternehmen Adressat einer Anmeldeverfügung sein, von denen zu erwarten ist, dass sie “durch [ihre] Präsenz in den relevanten Wirtschaftszweigen und von [ihnen] angestrebte Zusammenschlüsse zu den identifizierten prognostischen Wettbewerbsbeeinträchtigungen wesentlich [beitragen].”73 Als Anhaltspunkte dafür werden die aktuelle Marktmacht auf den sachlichen und räumlichen Märkten, die Teil der identifizierten Wirtschaftszweige sind, eine Historie expansiven externen Unternehmenswachstums und Entwicklungen in der Vergangenheit auf angrenzenden räumlichen Märkten genannt.74

Ungeachtet des konkreten Adressaten ist zu beachten, dass die Verfügung nicht nur den spezifischen Adressaten betrifft, sondern sich eine daraus folgende Anmeldepflicht auf sämtliche verbundene Unternehmen i. S. d. § 36 Abs. 2 GWB erstreckt.75

c) Geltungsdauer

Die Anmeldepflicht gilt nach § 32f Abs. 2 GWB ab Zustellung der Verfügung für einen Zeitraum von drei Jahren. Eine Beschwerde gegen die Verfügung hat keine aufschiebende Wirkung. Nach Ablauf von drei Jahren erlischt die Verpflichtung zur Anmeldung von Zusammenschlüssen. Das Gesetz sieht die Möglichkeit vor, die Verfügung (bis zu dreimal) zu verlängern. Dies erfordert allerdings, dass die Voraussetzungen nach § 32f Abs. 2 S. 1 GWB nach Ablauf des dreijährigen Geltungszeitraums der ursprünglichen Verfügung fortgelten, § 32f Abs. 2 S. 5 GWB. Das Bundeskartellamt muss daher neue Ermittlungen anstellen und dem betroffenen Unternehmen erneut rechtliches Gehör gewähren, bevor eine entsprechende Verfügung erlassen werden kann.

5. Umfang der Anmeldepflicht und der Prüfungskompetenz des Bundeskartellamts

Offen bleibt – wie bereits bei § 39a GWB a. F.76 – wie sich der Umfang der Anmeldepflicht verhält, wenn ein Zusammenschluss verschiedene Märkte betrifft, die nicht allesamt dem bzw. den in der Anmeldeverfügung genannten Wirtschaftszweig(en) angehören und wie sich in diesem Fall die Prüfungs- und Untersagungskompetenz des Bundeskartellamts gestaltet.

§ 32f Abs. 2 GWB und die auf dieser Basis erlassenen Verfügungen sind dahin auszulegen, dass ein Zusammenschluss in seiner Gesamtheit angemeldet werden muss, sobald bereits einer der vom Zusammenschluss betroffenen Märkte zu einem in der Anmeldeverfügung genannten Wirtschaftszweig gehört. Hierfür sprechen Praktikabilitätserwägungen. Ein Vergleich mit der Situation bei Bagatellmärkten zeigt, dass eine derartige Auslegung nicht systemwidrig ist: Auch Zusammenschlüsse, die einen oder mehrere Bagatellmärkte betreffen, müssen in ihrer Gesamtheit angemeldet werden, dürfen aber nicht untersagt werden, sofern die Untersagungsvoraussetzungen nur auf Bagatellmärkten vorliegen.77 

Mit der Frage nach dem Umfang der Anmeldepflicht korrespondiert die Frage nach dem Umfang der Prüfungskompetenz des Bundeskartellamts. Konkret geht es um die Frage, ob die materielle Prüfungskompetenz des Bundeskartellamts dahingehend eingeschränkt ist, als nur solche Märkte, die den in der Verfügung bezeichneten Wirtschaftszweigen angehören, Gegenstand einer Prüfung nach § 36 Abs. 1 GWB sein können. Dem Wortlaut des § 32f GWB ist eine entsprechende Einschränkung der materiellen Prüfungskompetenz nicht zu entnehmen. Teleologische und gesetzessystematische Erwägungen gebieten jedoch eine einschränkende Auslegung bzw. Reduktion des § 36 Abs. 1 GWB dahingehend, dass die materielle Prüfungs- bzw. Untersagungskompetenz des Bundeskartellamts auf diejenigen Märkte beschränkt ist, die zu den in der Anmeldeverfügung genannten Wirtschaftszweigen gehören.78

6. Bewertung

Gegenüber der Regelung des § 39a GWB a. F. hat § 32f Abs. 2 GWB gewisse Anpassungen erfahren, die dem Bundeskartellamt die Anwendung der Regelung zumindest auf den ersten Blick vereinfachen dürften. Dies gilt insbesondere mit Blick auf das Wegfallen der in § 39a GWB a. F. vorgesehenen “15 %-Schwelle.” Allerdings bleibt es dabei, dass eine Sektoruntersuchung notwendig ist, deren Durchführung mit erheblichem Aufwand verbunden ist. Das Instrument der Anmeldeverpflichtung wurde und wird daher zu Recht als “schwerfällig”79 kritisiert. Es sei kein attraktives Werkzeug, das schnell, flexibel und effektiv eingesetzt werden könne.80 Zwar gibt es durchaus Stimmen, die damit rechnen, dass es durch § 32f Abs. 2 GWB zu einer Ausweitung der Fusionskontrolle bei bestimmten Unternehmen kommen wird – nicht zuletzt, da “diese [Regelung] einfacher durchgesetzt werden kann als alles, was sonst noch in § 32f GWB vorgesehen ist”.81 Dies steht in Einklang mit der Auffassung des Gesetzgebers, der in der Gesetzesbegründung von einer Verdoppelung der Verfahren gegenüber der vormals geltenden Rechtslage ausgeht.82 Das mit § 32f Abs. 2 GWB einhergehende Maß der Flexibilisierung wird in der Praxis aber zu Recht als “eher gering”83 angesehen.

Hinzu kommt, dass der mit einer Anmeldeverfügung einhergehende Eingriff in die Rechte der betroffenen Unternehmen trotz der Absenkung und Konkretisierung der Anwendungsvoraussetzungen des § 32f Abs. 2 GWB im Vergleich zu § 39a GWB a. F. signifikant bleibt. Daher ist eine einschränkende Auslegung der Regelung wie oben unter III.  3. b) skizziert geboten – was sich (aus Behördensicht negativ) auf die Wirksamkeit der Regelung auswirken wird.

Selbst diese einschränkende Auslegung kann jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Regelung wettbewerbspolitisch fragwürdig und systemwidrig84 ist, die Flexibilisierung der formellen Fusionskontrolle “hin zur rechtsunsicheren Vagheit”85 übertreibt und sowohl hinsichtlich der Rechtssicherheit als auch mit Blick auf das zu weitreichende Eingriffsniveau bedenklich ist.86 Dies gilt umso mehr, als § 32f Abs. 2 GWB den Eingriffsspielraum des Bundeskartellamts – ohne hinreichende ökonomisch belastbare Rechtfertigung87 – nicht nur zulasten der Verfügungsadressaten ausdehnt, sondern auch potenzielle Verkäufer in den jeweils betroffenen Wirtschaftszweigen in ihrer Möglichkeit, ihr Unternehmen bzw. ihre Beteiligung zu verkaufen bzw. deren vollen Wert zu realisieren, beschränkt.88 Gerade in Branchen, die durch familiengeführte kleine und mittelständische Unternehmen geprägt sind, und die vor einem Generationenwechsel stehen, kann dies gravierende Folgen haben – nicht zuletzt für “unbeteiligte” Dritte, die im schlimmsten Fall keinen attraktiven Käufer für ihr Unternehmen finden.

IV. Ausblick

Die dargestellten Instrumente zeigen, dass es nicht den einen Weg gibt, um Gap Cases zu adressieren. Entsprechend breit ist das Spektrum der ergriffenen Maßnahmen. Diesen Maßnahmen ist eines gemein: Sie beeinträchtigen (in unterschiedlichem Ausmaß) die Vorhersehbarkeit und damit die Rechts- und Planungssicherheit betroffener Unternehmen. Diese sind auch ohne § 32f Abs. 2 GWB, die Wiederbelebung der Continental Can-Doktrin und Call-in-Rechte mit einem komplexen regulatorischen Umfeld konfrontiert; man denke beispielsweise an die allgegenwärtige Investitionskontrolle, die auch vor (internationalen) Zusammenschlüssen kleiner und mittlerer Unternehmen nicht Halt macht. Mit den dargestellten Instrumenten wird die Komplexität noch weiter erhöht.

Der mit M&A-Transaktionen einhergehende regulatorische “Aufwand” ist ohnehin enorm. Vor dem Hintergrund der derzeitigen politischen wie wirtschaftlichen “Großwetterlage” ist nicht zu erwarten, dass dieser Aufwand abnimmt. Verbunden mit der aus den o. g. Instrumenten bzw. Policies herrührenden Unsicherheit stellt sich die Frage, ob sich dies als Hemmschuh für M&A-Aktivitäten strategischer Investoren (und als Standortnachteil für Europa?) erweisen könnte – vorsichtige Zeitgenossen könnten sich schließlich auf den Standpunkt stellen, Dschungel mit Tigern seien zu meiden. Selbst wenn sich bei genauerem Hinsehen herausstellen sollte, dass manche der Tiger lediglich Papiertiger sind.

Dr. Kathrin Haag, RAin, bei Allen Overy Shearman Sterling LLP in Hamburg/München. Sie berät zu allen Fragen des deutschen und europäischen Kartellrechts und hat in den vergangenen Jahren zahlreiche nationale und grenzüberschreitende Unternehmenstransaktionen fusionskontrollrechtlich begleitet.


1

Bartsch/Käseberg/Weber, WuW 2023, 245, 246; Käseberg, NZKart 2023, 245; Fritzsche, Editorial WRP Heft 9/2023.

2

Körber, ZRP 2023, 5, 7.

3

Kliemann, NZKart 2025, 22.

4

Zum Begriff vgl. Göbel, ZWeR 2024, 37; Könen/Dogs, ZWeR 2023, 160. S. bereits Apel/Polley, ZWeR 2021, 273. Der Begriff wird sowohl bzgl. der formellen als auch bzgl. der materiellen Fusionskontrolle erörtert, bezieht sich im vorliegenden Kontext aber nur auf die formelle Fusionskontrolle.

5

S. hierzu BGH, 17.6.2025 – KVR 77/22, WRP 2025, 1042, BB 2025, 1665, Ls. – Meta/Kustomer.

6

S. hierzu die ausführliche Darstellung von Göbel, ZWeR 2024, 37 ff.

7

Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 18 f.

8

VO (EG) 2022/1925 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 14.9.2022 über bestreitbare und faire Märkte im digitalen Sektor und zur Änderung der RL (EU) 2019/1937 und (EU) 2020/1828 (Gesetz über digitale Märkte), ABl. (EU) L 265/1.

9

BDI, Stellungnahme 11. GWB-Novelle, 12.10.2022, S. 20; Voges, in: Kirk/Offergeld/Rohner, Kartellrecht in der Zeitenwende, 2022, S. 59.

11

S. dazu ausführlich Wagner-von Papp, WuW 2022, 642, 643 ff. S. auch Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 18 f.

12

S. dazu ausführlich Ackermann, ZWeR 2023, 1, 7; Wagner-von Papp, WuW 2022, 642, 643 ff. S. auch Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 18 f.

13

Gesetzesdekret Nr. 104/2023 v. 10.8.2023.

14

Consiglio di Stato, Stellungnahme vom 29.1.2024, Nr. 00061/2024, unter https://mdp.giustizia-amministrativa.it/visualizza/?nodeRef=&schema=consul&nrg=202301388&nomeFile=202400061_
27.html&subDir=Provvedimenti (Abruf: 8.9.2025).

15

S. hierzu Käseberg, in: MüKo Wettbewerbsrecht, 4. Aufl. 2023, Art. 14 DMA, Rn. 4.

16

S. auch Fadiga, Journal of European Competition Law & Practice, 2024, Vol. 15, No. 1, 3, 7; Podszun, in: Parcu/Rossi/Botta (Hrsg.), Research Handbook in Competition & Technology, 2024, unter https://papers.ssrn.com/sol3/Delivery.cfm/SSRN_
ID4767738_
code1244917.pdf?abstractid=4522433&mirid=1 (Abruf: 8.9.2025).

17

EuGH, 16.3.2023 – C-449/21, BB 2023, 1357 – Towercast m. BB-Komm. Lauer.

18

Teil 1, Kapitel 5 des Digital Markets, Competition and Consumer Act 2024, unter https://www.legislation.gov.uk/ukpga/2024/13/enacted#part-1-chapter-5 (Abruf: 8.9.2025).

19

Vgl. Snoep, “Small mergers, big problems”, Authority for Consumers & Markets Blog, 6.11.2023, unter https://www.acm.nl/en/publications/blog-martijn-snoep-small-mergers-big-problems (Abruf: 8.9.2025).

20

Vgl. Comte, French competition authority to propose ’call-in‘ mechanism this year, MLex-Meldung vom 13.5.2025, unter https://content.mlex.com/#/content/1653075/french-competition-authority-to-propose-call-in-mechanism-this-year?referrer=email_
instantcontentset&paddleid=201&paddleaois=2000 (Log-in erforderlich) (Abruf: 8.9.2025).

21

EuGH, 3.9.2024 – C-611/22 P und C-625/22 P, juris, BB 2024, 2387 Ls. – Illumina/Kommission, m. BB-Komm. Ely.

22

Vgl. Europäische Kommission, 20.12.2024 – M.11766, NVIDIA/Run:AI.

23

S. hierzu Europäische Kommission, Leitfaden zur Anwendung des Verweisungssystems nach Artikel 22 der Fusionskontrollverordnung auf bestimmte Kategorien von Vorhaben, ABl. (EU) 2021 C 113/1 (“Leitfaden zu Art. 22 FKVO”), insb. Rn. 11.

24

Europäische Kommission, Leitfaden zu Art. 22 FKVO, Rn. 21.

25

EuG, 13.7.2022 – T-227/21, ECLI:EU:T:2022:447 – Illumina/Kommission.

26

EuGH, 3.9.2024 – C-611/22 P und C-625/22 P, juris, BB 2024, 2387 Ls. – Illumina/Kommission.

27

EuGH, 3.9.2024 – C-611/22 P und C-625/22 P, juris, Rn. 206, BB 2024, 2387 Ls. – Illumina/Kommission.

28

S. PM der Europäischen Kommission vom 29.11.24, unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/mex_
24_
6143 (Abruf: 8.9.2025).

29

Europäische Kommission, 20.12.2024 – M.11766, Nvidia/Run:AI. S. auch Europäische Kommission, PM vom 31.10.2024, unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/mex_
24_
5623 (Abruf: 13.8.2025).

30

S. hierzu die Aussagen der zum Zeitpunkt des EuGH-Urteils zuständigen EVP Margrethe Vestager vom 3.9.2024, unter https://ec.europa.eu/commission/presscorner/detail/en/STATEMENT_
24_
4525 (Abruf: 13.8.2024). Für einen Überblick über denkbare Reformen s. Urban/von Schreitter, NZKart 2024, 609, 612 ff.

31

ABl. (EU) C/2025/1124, EuG (anh.) Rs. T-15/25 – Nvidia/Kommission.

32

EuGH, 3.9.2024 – C-611/22 P und C-625/22 P, juris, Rn. 206, BB 2024, 2387 Ls. – Illumina/Kommission.

33

EuGH, 16.3.2023 – C-449/21, BB 2023, 1357, Rn. 61 – Towercast. Zu den Folgen dieser Nicht-Einschränkung s. von Schreitter, NZKart 2023, 255, 259. Nach zutreffender Ansicht soll dem Zeitablauf nach Vollzug aber insoweit Bedeutung beigemessen werden, als die Anforderungen an die Angemessenheit von Sanktionierungsmaßnahmen mit zunehmender Dauer des seit Vollzug verstrichenen Zeitraums steigen sollen (so auch Göbel, ZWeR 2024, 37, 67; Ende, NZKart 2023, 589, 591).

34

EuGH, 16.3.2023 – C-449/21, BB 2023, 1357 – Towercast.

35

So z. B. von Schreitter, NZKart 2023, 255, 260; Schmidt/Betzendörfer, NZKart 2024, 535, 539.

36

Guersent, Rede beim ABA Antitrust Spring Meeting 2024, Washington DC, 10.-12.4.24, zitiert nach MLex, unter https://content.mlex.com/#/content/1555752/enforcers-use-of-towercast-for-killer-acquisitions-would-create-real-misery-for-merging-parties-eu-s-guersent-says?referrer=search_
linkclick (Log-in erforderlich) (Abruf: 8.9.2025).

37

Brinker, NZKart 2024, 360.

38

So z. B. EuGH, 16.3.2023 – C-449/21, BB 2023, 1357, Rn. 34, 42 – Towercast.

39

So z. B. EuGH, 16.3.2023 – C-449/21, BB 2023, 1357, Rn. 39, 47 – Towercast.

40

Autorité de la Concurrence, Pressemitteilung vom 15.5.2024, unter https://www.autoritedelaconcurrence.fr/en/press-release/meat-cutting-sector-first-time-autorite-examines-under-antitrust-law-mergers-below (Abruf: 8.9.2025). S. hierzu Brinker, NZKart 2024, 360, 365.

41

Belgian Competition Authority, PM vom 22.3.2023, N°10/2023, unter www.belgiancompetition.be/sites/default/files/content/download/files/20230322_Press_release_10_BCA_0.pdf (Abruf: 8.9.2025).

42

Autorité de la Concurrence, Entscheidung vom 17.6.2016, 2016-FO-04. S. hierzu Fadiga, Journal of European Competition Law & Practice, 2024 (15), No. 1, 3, 8 f.

43

So hat die belgische Wettbewerbsbehörde unter Rückgriff auf die in Towercast aufgestellten Grundsätze bereits zwei Zusammenschlüsse effektiv verhindert (Belgian Competition Authority, PM vom 22.3.2023, N°10/2023, unter www.belgiancompetition.be/sites/default/files/content/download/files/20230322_Press_release_10_BCA_0.pdf sowie PM vom 13.8.2025, N°13/2025, unter https://www.belgiancompetition.be/sites/default/files/content/download/files/20250320_
Press_
release_
13_
BCA.pdf (Abruf: 8.9.2025) und auch das Bundeskartellamt wurde bereits während laufender Verhandlungen über einen Zusammenschluss tätig.

44

S. auch Urban/von Schreitter, NZKart 2024, 609, 614.

45

S. hierzu die Ausführungen bei Göbel, ZWeR 2024, 37, 68 f.; von Schreitter, NZKart 2023, 255, 261; Bostoen, Journal of European Competition Law & Practice, 2024, 15(4), 258, 260 f.

46

EuGH, 3.9.2024 – C-611/22 P und C-625/22 P, juris, Rn. 206, BB 2024, 2387 Ls.– Illumina/Kommission.

47

Guersent, Rede bei dem ABA Antitrust Spring Meeting 2024, Washington DC, 10.–12.4.24, zitiert nach MLex, unter https://content.mlex.com/#/content/1555752/enforcers-use-of-towercast-for-killer-acquisitions-would-create-real-misery-for-merging-parties-eu-s-guersent-says?referrer=search_
linkclick (Log-in erforderlich) (Abruf: 8.9.2025).

48

Micheletti, DG Comp senior official discourages use of Article 102 on mergers – GCLC Brussels, 7.2.2023, unter https://app.parr-global.com/intelligence/view/intelcms-vkhb6h?utm_
source=Notifications&utm_
medium=Email&utm_
campaign=Alert&utm_
term=5 (Log-in erforderlich) (Abruf: 8.9.2025).

49

Guersent, Rede bei der ICN Annual Conference Sauipe, Brasilien, 15.–17.5.2024, zitiert nach MLex https://content.mlex.com/#/content/1563319/all-alternatives-to-article-22-are-worse-for-companies-legal-certainty-eu-s-guersent-says?referrer=search_
linkclick (Log-in erforderlich) (Abruf: 8.9.2025).

50

Unterrichtung durch die Bundesregierung, BT-Drs. 19/26136, 3. Zur “Wirksamkeit” s. Göbel, ZWeR 2024, 37, 41 ff.; s. auch BGH, 17.6.2025 – KVR 77/22, WRP 2025, 1042, BB 2025, 1665, Ls. – Meta/Kustomer.

51

Regierungsbegründung zur 10. GWB-Novelle, BT-Drs. 19/23492, 95.

52

Kühling/Engelbracht/Welsch, WuW 2023, 250, 256.

53

Es handelt sich um eine “Soll”-Vorschrift. S. auch Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 17.

54

Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 42 f.

55

Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 26.

56

Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 16 (Hervorhebung durch Verf.).

57

Kühling/Engelbracht, in: Immenga/Menstmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32f, Rn. 19.

58

Kühling/Engelbracht, in: Immenga/Menstmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32f, Rn. 19; Picht, in: BeckOK, Kartellrecht, 16. Ed., Stand: 1.4.2025, § 32f, Rn. 88.

59

So auch Kühling/Engelbracht, in: Immenga/Menstmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32f, Rn. 19.

60

S. hierzu im Detail die Abhandlung von Brinker/Haag zu § 39a GWB a. F., die insoweit auf § 32f GWB übertragbar ist, in BB 2021, 1987.

61

Kritisch hierzu bereits Podszun, Die 10. Novelle des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen, Stellungnahme für den Ausschuss für Wirtschaft und Energie, 2020, Ausschussdrucks. 19(9)887, S. 27.

62

Bach, in: Immenga/Mestmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32e, Rn. 12.

63

S. bereits zu § 39a GWB a. F. Brinker/Haag, BB 2021, 1987, 1990f.; Bechtold/Bosch, GWB, 11. Aufl. 2025, Rn. 8. S. auch Bach, der ein “untersagungsnahes Muster” als ausreichend ansieht (Bach, in: MüKo-GWB, 4. Aufl. 2022, § 39a, Rn. 52).

64

Im Ergebnis hat dies nach Auffassung der Autoren auch schon für § 39a GWB a. F. gegolten (vgl. Brinker/Haag, BB 2021, 1987, 1990.

65

So auch Picht, in: BeckOK, Kartellrecht, 16. Ed., Stand: 1.4.2025, § 32f, Rn. 89.

66

Vgl. Mundt, NZKart 2023, 1, 3.

67

Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 17. S. auch Hoch, IR 2022, 285, 287.

68

Vgl. § 32f Abs. 2 S. 1 GWB: “in einem oder mehreren dieser Wirtschaftszweige” [Hervorhebung durch Verf.].

69

Bechtold/Bosch, GWB, 11. Aufl. 2025, § 32f, Rn. 9.

70

Vgl. etwa Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, 17.

71

S. zu alledem auch von Schreitter/Sura, DB 2022, 2715, 2718.

72

Kühling/Engelbracht, in: Immenga/Menstmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32f, Rn. 21.

73

Bechtold/Bosch, GWB, 11. Aufl. 2025, § 32f, Rn. 10.

74

Bechtold/Bosch, GWB, 11. Aufl. 2025, § 32f, Rn. 10.

75

Kühling/Engelbracht, in: Immenga/Menstmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32f, Rn. 20; Picht, in: BeckOK, Kartellrecht, 16. Ed., Stand: 1.4.2025, § 32f, Rn. 91; Steinvorth/Gasser, WuW 2021, 155, 159 (zu § 39a GWB a. F.).

76

S. hierzu bereits Brinker/Haag, BB 2021, 1987, 1993.

77

S. zu alledem die ausführliche Auseinandersetzung mit § 39a GWB a. F., die auf die vorliegende Konstellation übertragen werden kann, bei Brinker/Haag, Anmeldepflichten nach § 39a GWB, Nomos 2021, S.72 ff. S. auch Göbel, ZWeR 2024, 37, 52.

78

S. hierzu die ausführliche Auseinandersetzung mit § 39a GWB a. F., die auf die vorliegende Konstellation übertragen werden kann, bei Brinker/Haag, BB 2021, 1987, 1993f. Zust. Bechtold/Bosch, GWB, 11. Aufl. 2025, Rn. 12 m. w. N.; Kühling/Engelbracht, in: Immenga/Menstmäcker, GWB, 7. Aufl. 2024, § 32f, Rn. 22. A. A. Dästner (NZKart 2023, 146, 149), der aber zugesteht, dass eine “erweiterte Prüfungskompetenz des BKartA . . . weder dem erklärten Zweck der Einführung der Regelung [entspricht] noch . . . eine sonstige Notwendigkeit dafür [besteht].”

79

Zur Vorgängernorm des § 39a GWB a. F. Bach, in: MüKo-GWB, 4. Aufl. 2022, § 39a, Rn. 6.

80

Göbel, ZWeR 2024, 37, 55.

81

Podszun, DKartJ 2023, 47, 48.

82

Vgl. Gesetzesbegründung, BT-Drs. 20/6824 v. 16.5.2023, S. 24. Bei der Einführung von § 39a GWB wurde mit einem Aufforderungsverfahren bzw. der Anwendung auf ein bis drei Unternehmen jährlich gerechnet (Gesetzesbegründung, BT-Drs. 19/23492 v. 19.10.2020, S. 62, 66, 96).

83

Göbel, ZWeR 2024, 37, 55. S. auch Bach, in: MüKo-GWB, 4. Aufl. 2022, § 39a, Rn. 6 (zur Vorgängernorm des § 39a GWB a. F.), der “erhebliche Zweifel” äußert, ob sich die gesetzgeberischen Intentionen mit der Regelung realisieren lassen.

84

Vgl. zu § 39a GWB a. F. Bach, in: MüKo-GWB, 4. Aufl. 2022, § 39a, Rn. 7.

85

Picht, in: BeckOK, Kartellrecht, 16. Ed., Stand 1.4.2025, § 32f, Rn. 84.

86

So auch Picht, in: BeckOK, Kartellrecht, 16. Ed., Stand: 1.4.2025, § 32f, Rn. 84.

87

Vgl. auch Picht, in: BeckOK, Kartellrecht, 16. Ed., Stand: 1.4.2025, § 32f, Rn. 84.

88

So auch Bach, in: MüKo-GWB, 4. Aufl. 2022, § 39a Rn. 5 (zu § 39a GWB a. F.).