Kira Fritsche, LL.M., RAin, und Dr. Matthias Rothkopf, LL.M., RA
Effektiver Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen über das Ende des Arbeitsverhältnisses hinaus*
Know-how und Geschäftsgeheimnisse sind häufig wichtiges Asset und Abgrenzungsmerkmal eines Unternehmens im Vergleich zu seinen Konkurrenten, teilweise sogar das einzige relevante Intellectual Property Asset.
Das relevante Wissen kann nicht über eine Registrierung in Anspruch genommen werden, sondern befindet sich vielfach vorrangig in den Köpfen bestimmter Schlüsselmitarbeiter. Der Schutz dieser Informationen kann im laufenden Arbeitsverhältnis über die arbeitsvertraglichen Nebenpflichten und die Vereinbarung entsprechender Verschwiegenheitsklauseln regelmäßig gewährleistet werden.
Deutlich schwieriger gestaltet sich der Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen hingegen, sobald ein Schlüsselmitarbeiter den Betrieb verlässt. In dieser Situation stellt sich regelmäßig die Frage, welche Instrumente dem Arbeitgeber zur Verfügung stehen, um Know-how und Geschäftsgeheimnisse effektiv gegen den Zugriff des Wettbewerbers über den ausgeschiedenen Arbeitnehmer zu schützen.
I. Abgrenzung von Geschäftsgeheimnissen, Know-how und Erfahrungswissen
Bevor die möglichen Mechanismen zum Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen näher untersucht werden können, muss die Vorfrage beantwortet werden, wie diese Begriffe zu definieren sind, in welchem Verhältnis sie zueinanderstehen und ab welchem Punkt eine Information überhaupt als solche schutzfähig ist.
Vor dem Erlass des Geschäftsgeheimnisgesetzes (GeschGehG), im Zuge der Umsetzung der Geheimnisschutzrichtlinie,1 richtete sich der Schutz im nationalen Recht nach §§ 17, 18 UWG a. F. In § 17 Abs. 1 UWG a. F. wurde im Hinblick auf sog. Betriebsgeheimnisse begrifflich zwischen kaufmännischen Informationen (sog. Geschäftsgeheimnissen) und technischen Informationen (sog. Know-how) differenziert.2 Als kaufmännische Informationen wurden damals beispielsweise Kunden- oder Lieferantenlisten, Vertragsunterlagen, Marktstrategien, Geschäftsbücher, Kalkulationsinformationen und Marketing-Unterlagen behandelt. Demgegenüber wurden Konstruktionen, Herstellungsverfahren, technische Zusammensetzungen, Algorithmen, Prototypen, Rezepturen etc. als technische Informationen qualifiziert.3
In der Praxis hatte diese rein sprachliche Unterscheidung allerdings schon damals keine Bedeutung.4 Mit der Einführung des GeschGehG wird nunmehr einheitlich der Begriff “Geschäftsgeheimnis” verwendet, der den in der Geschäftsgeheimnis-RL auf europäischer Ebene verwendeten Begriff des “Know-how” und den im deutschen Recht etablierten Begriff des Betriebsgeheimnisses gleichermaßen umfasst.5 Ein Geschäftsgeheimnis kann daher sowohl technisches als auch kaufmännisches Wissen erfassen.6 Nach der Legaldefinition in § 2 Nr. 1 GeschGehG ist ein Geschäftsgeheimnis eine geschäftliche Information, die (1) aufgrund der Verbreitung in einem nur begrenzten Personenkreis von wirtschaftlicher Relevanz ist, (2) Gegenstand von angemessenen (technischen, organisatorischen oder rechtlichen) Geheimhaltungsmaßnahmen durch den rechtmäßigen Inhaber ist und (3) bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht. Im Licht der aktuellen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Arbeitsverhältnissen7 sollten die ergriffenen Geheimhaltungsmaßnahmen von dem Arbeitgeber in jedem Fall ordnungsgemäß dokumentiert werden, damit der Schutz relevanter Informationen nicht bereits an der Qualifikation als Geschäftsgeheimnis scheitert.
Von den Geschäftsgeheimnissen abzugrenzen sind das reine Erfahrungswissen und Fähigkeiten eines Arbeitnehmers, die von diesem grundsätzlich auch nach seinem Ausscheiden aus dem Unternehmen unbeschränkt verwendet werden dürfen, sofern der Arbeitnehmer diesbezüglich keinem wirksamen nachvertraglichen Wettbewerbsverbot unterliegt.8 Nach der (neuen) Formel des BAG darf der Arbeitnehmer sogar “im vorherigen Arbeitsverhältnis erworbenes Erfahrungswissen einschließlich der Kenntnis von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen einsetzen und in den Kundenkreis des Arbeitgebers eindringen”.9
Der BGH ordnet dem Erfahrungswissen einer Person in ständiger Rechtsprechung Informationen zu, die der Arbeitnehmer “in seinem Gedächtnis bewahrt”.10 Der Arbeitnehmer ist nicht dazu berechtigt, das angeeignete Wissen durch die Mitnahme oder Entwendung von Unterlagen aufzufrischen, zu sichern und für eigene Zwecke wiederzuverwerten.11 In der Konsequenz dürfen die im Rahmen des Arbeitsverhältnisses erworbenen Kenntnisse nach Beendigung der Beschäftigung nur zum Nachteil des ehemaligen Arbeitgebers eingesetzt werden, sofern die relevanten Informationen nicht aus Dokumenten oder anderen Unterlagen reproduziert wurden, die aus der Beschäftigungszeit bei dem ehemaligen Arbeitgeber stammen.12 Unerheblich ist insofern, ob der Arbeitnehmer aufgrund seiner Ausbildung und Erfahrung theoretisch selbst in der Lage wäre, die dem Geschäftsgeheimnis zugrundeliegenden Ideen oder Konzepte zu entwickeln.13
Zulässig ist hingegen die Ansprache und das Abwerben von Kunden des ehemaligen Arbeitgebers, wenn dies ohne Rückgriff auf Geschäftsgeheimnisse geschieht und kein wirksamer nachvertraglicher Kundenschutz vereinbart wurde.14 Zudem darf es nicht aufgrund einer “übermenschlichen” Gedächtnisleistung zu einer künstlichen Verschiebung der Grenze zwischen Geschäftsgeheimnis und Erfahrungswissen kommen, wenn etwa ein ausscheidender Arbeitnehmer gezielt und in erheblichem Umfang Informationen memoriert.15
Keine andere Bewertung erfordert im Übrigen, wenn die dem Geschäftsgeheimnis zugrundeliegenden Informationen von dem betreffenden Arbeitnehmer im Rahmen seines vertraglichen Aufgabenkreises für das Unternehmen entwickelt wurden (z. B. eine neue Rezeptur). Derartige Informationen sind ebenfalls unmittelbar in ihrem Entstehungszeitpunkt dem Unternehmen zuzuordnen, ohne dass ein separater Übertragungsakt durch den Arbeitnehmer erforderlich wäre oder der Arbeitgeber von dem Geschäftsgeheimnis überhaupt bereits Kenntnis haben müsste.16
Dies lässt bereits erkennen, dass eine Abgrenzung zwischen Know-how, Geschäftsgeheimnissen und Erfahrungswissen keinesfalls immer trennscharf möglich ist. In der Praxis sollte in jedem Einzelfall kritisch untersucht und hinterfragt werden.
II. Schutzmechanismen bei der Gestaltung des Arbeitsvertrags
Geschäftsgeheimnisse sind während des laufenden Arbeitsverhältnisses und während einem ruhenden Vertragsverhältnis grundsätzlich durch die Verschwiegenheitspflicht des Arbeitnehmers geschützt, sofern der Arbeitgeber angemessene Geheimnisschutzmaßnahmen ergriffen hat.17 Diese Pflicht besteht – unabhängig von einer ausdrücklichen Verankerung im Arbeitsvertrag – als vertragliche Nebenpflicht gem. § 241 Abs 2 BGB und ist Ausfluss des Gedankens der Rücksichtnahme und Loyalität unter den Vertragsparteien.
Die im laufenden Arbeitsverhältnis bestehenden Nebenpflichten gewähren allerdings nur einen begrenzten Schutz von Geschäftsgeheimnissen über die Beendigung des Vertragsverhältnisses hinaus. Der Gesetzgeber hat eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht ausdrücklich für Betriebsratsmitglieder (§ 79 Abs. 1 S. 2 BetrVG), Mitglieder des Aufsichtsrats aus Kreisen der Arbeitnehmer (§ 116 S. 2 AktG) sowie die Personalvertretung (§ 11 Abs. 1 BPersVG) vorgesehen. Gehört der Arbeitnehmer keiner dieser besonderen Personengruppen an, geht die Rechtsprechung des BAG vom Bestehen einer allgemeinen nachvertraglichen Verschwiegenheitspflicht basierend auf einer nachwirkenden Treuepflicht aus.18 Diese Treuepflicht ist jedoch nach Auffassung der neueren Rechtsprechung beschränkt dadurch, dass der Arbeitnehmer nicht unzumutbar in seinem Grundrecht auf freie Berufsausübung nach Art. 12 Abs. 1 GG eingeschränkt werden darf.19 Daher ist es nichtsdestotrotz empfehlenswert, bereits bei Vertragsschluss eine hinreichend konkrete nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht ggf. flankiert durch ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot zu vereinbaren, um die Reichweite und Grenzen der Verpflichtung klar zu definieren und dem Arbeitnehmer frühzeitig vor Augen zu führen.
Zu beachten ist allerdings, dass auch eine vereinbarte vertragliche und nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht und/oder ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot keinen grenzenlosen Schutz gewähren und an die Wirksamkeit solcher Klauseln strenge Anforderungen (beispielsweise das Erfordernis eines berechtigten Interesses und einer angemessenen Karenzentschädigung gem. § 74 Abs. 2 HGB bei nachvertraglichen Wettbewerbsverboten) gestellt werden.20 Eine derartige Vereinbarung stößt jedenfalls dann an ihre Grenzen, wenn der Arbeitnehmer durch die Verschwiegenheitspflicht oder das nachvertragliche Wettbewerbsverbot unzumutbar in seinem beruflichen Fortkommen behindert wird. Wann das konkret der Fall ist, unterliegt einer Bewertung des jeweiligen Einzelfalls. In die entsprechende Abwägung sind beispielsweise Faktoren wie der Wert der Information für den Arbeitgeber, die Position des Arbeitnehmers sowie seine Rolle bei der Erstellung des Geschäftsgeheimnisses und die Bedeutung für seine weitere Karriere einzustellen.21
Für die Kontrolle einer nachvertraglichen Verschwiegenheitsklausel wendet das BAG die Auslegungsmaßstäbe für Allgemeine Geschäftsbedingungen an.22 Unwirksam sind vor diesem Hintergrund insbesondere die in der Praxis dennoch häufig anzutreffenden sog. “Catch-All-Klauseln”, die einen Arbeitnehmer uneingeschränkt und unendlich zur Verschwiegenheit verpflichten sollen (d. h. nicht nur bezogen auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse, sondern auch auf alle sonstigen im Rahmen der Tätigkeit zur Kenntnis gelangenden Angelegenheiten und Vorgänge der Gesellschaft sowie in zeitlicher Hinsicht über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus). Durch derartige Klauseln werde der Arbeitnehmer entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt und die Nutzung jeglichen vorhandenen Wissens (nicht nur von Geschäftsgeheimnissen) für einen neuen Arbeitgeber faktisch untersagt. Das käme einem nachvertraglichen Wettbewerbsverbot ohne jegliche Beschränkung und ohne Karenzentschädigung gleich. Nach Auffassung des BAG könne sich eine nachvertragliche Verschwiegenheitspflicht auch bei überwiegendem Interesse des Arbeitgebers an dem Schweigen des Arbeitnehmers somit “allenfalls auf einzelne, konkret bestimmte Geschäftsgeheimnisse beziehen”. Anderenfalls werde die Berufsfreiheit des Arbeitnehmers übermäßig eingeschränkt und das Konzept des (entschädigungspflichtigen) nachvertraglichen Wettbewerbsverbots umgangen.23 Wie die Vertragsparteien allerdings bereits im Zeitpunkt des Vertragsschlusses antizipieren sollen, welche konkreten Informationen oder Geheimnisse auch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses weiterhin besonders geschützt werden müssen, bleibt ein nicht leicht zu lösendes praktisches Problem dieser aktuellen Rechtsprechung. In der Praxis sind aufgrund dieser strengen Wirksamkeitsvoraussetzungen für Verschwiegenheitsklauseln jedenfalls Bestimmtheitsprobleme und Schutzlücken zu befürchten. Gerade bei besonderen Wissensträgern und/oder einem Bezug der Tätigkeit zur Forschung und Entwicklung des Unternehmens sollte die Formulierung der Verschwiegenheitsverpflichtung sorgfältig und mit Blick auf den konkreten Einsatzbereich geschehen, und zudem bei jedem Bereichswechsel überprüft werden. Zusätzlich sollte über die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes nachgedacht werden.
Ein scharfes Mittel zur Absicherung der Verschwiegenheitspflicht und des nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes ist sodann eine Vertragsstrafe. In diesem Zusammenhang ist bei der Vertragsgestaltung darauf zu achten, dass die Vertragsstrafenregelung einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 307 ff. BGB standhalten muss und insbesondere nicht intransparent im Sinne von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB sein darf.24 Die Vertragsstrafe sollte sich zudem auf schuldhafte Verstöße beschränken und eine Klarstellung enthalten, dass mehrere Verstöße (mit Ausnahme eines Dauerverstoßes) jeweils separat zu einer Verwirkung der Vertragsstrafe führen.25 Nach ständiger Rechtsprechung des BAG sind grundsätzlich Vertragsstrafen wegen Nichteinhaltung der arbeitsvertraglichen Regelungen in Höhe eines Bruttomonatsgehaltes zu billigen.26 Gemessen an dem Sanktionsinteresse des Arbeitgebers kommen jedoch insbesondere bei Wettbewerbsverstößen des Arbeitnehmers auch höhere Vertragsstrafen in Betracht.27 Zulässig ist neben einer Vertragsstrafe zudem die Aufnahme eines Hinweises auf die mögliche Strafbarkeit des Arbeitnehmers nach § 23 GeschGehG.
Bei besonders schutzwürdigen Informationen (z. B. neuen Entwicklungen/Forschungsergebnissen) sollte ein Arbeitgeber zudem den Abschluss gesonderter Verschwiegenheitserklärungen (Non-Disclosure Agreements) in Erwägung ziehen.
III. Schutz von Know-how bei fehlender Regelung im Arbeitsvertrag
Haben die Parteien nicht bereits bei Abschluss des Arbeitsvertrages vorausschauend ausdrückliche und, vor dem Hintergrund der unter II. beschriebenen aktuellen Rechtsprechung, wirksame Regelungen zum Schutz der Geschäftsgeheimnisse nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses vereinbart, kommen entsprechende Klauseln in einem Aufhebungsvertrag als Lösungsoption in Betracht. Eine konkrete Bezeichnung der zu schützenden Geschäftsgeheimnisse im Sinne der aktuellen Rechtsprechung des BAG wird in diesem Rahmen einfacher sein als bei Abschluss des Arbeitsvertrags. Möglich ist außerdem auch die separate Unterschrift eines Non-Disclosure Agreements, sofern der Arbeitnehmer sich dazu bereiterklärt.
Endet das Arbeitsverhältnis hingegen nicht durch einen Aufhebungsvertrag, sondern wird von einer der Parteien eine Kündigung ausgesprochen bzw. läuft eine bestehende Befristung aus, kann der Arbeitgeber von der Möglichkeit eines sog. Exit-Schreibens Gebrauch machen. Dabei handelt es sich um ein gängiges Mittel in der Praxis, um den Arbeitnehmer noch einmal auf seine Pflichten hinzuweisen und ihn zu deren Einhaltung zu ermahnen. Letztlich gestaltet sich auch und besonders für den Arbeitnehmer die Einschätzung schwierig, bis zu welchem Punkt sein Wissen als Erfahrungswissen zu bewerten ist und an welchem Punkt die Schwelle der Geschäftsgeheimnisse beginnt. Die hohen Anforderungen des BAG und die damit schwindende Möglichkeit der effektiven Durchsetzung im Arbeitsvertrag vorgesehener nachvertraglicher Verschwiegenheitsverbote führen dazu, dass das Exit-Schreiben zunehmend an Bedeutung gewinnt. Es ist davon auszugehen, dass es künftig nicht mehr nur als Compliance-Instrument dient, sondern darüber hinaus eine zentrale Rolle bei der Konkretisierung der Verschwiegenheit zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen übernehmen wird.
Die Schwierigkeit des Exit-Schreibens liegt nun darin, eine Balance zwischen den Interessen des Arbeitgebers und des Arbeitnehmers im Spannungsverhältnis zwischen Geheimnisschutz und ausreichender Begrenzung der Verschwiegenheitspflicht zu finden. Aus Sicht des Arbeitnehmers muss in dem Exit-Schreiben das zu schützende Know-how hinreichend klar bezeichnet werden. Der Arbeitgeber hat jedoch gleichsam ein hohes Interesse daran, den Arbeitnehmer gerade nicht mit einer schriftlichen Liste der Geschäftsgeheimnisse auszustatten, die dokumentiert, welche Informationen aus Sicht des Arbeitgebers besonders schützenswert sind und dieser an Dritte oder gar einen Konkurrenten weitergeben könnte.
Für den Umgang mit diesem Spannungsverhältnis in der Praxis bietet sich hier eine Anleihe bei den Bestimmtheitsanforderungen für einen (Unterlassungs-)Klageantrag an. Der BGH stellt als unterste Grenze der Bestimmtheit in ständiger Rechtsprechung28 zunächst fest, ein Verbotsantrag dürfe nicht derart undeutlich gefasst sein, dass letztlich die Entscheidung darüber, was dem Beklagten verboten ist, einem Vollstreckungsgericht überlassen bliebe. Nach § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO sind Unterlassungsanträge so genau zu bezeichnen, dass der in Anspruch genommene im Fall einer antragsgemäßen Entscheidung des Gerichts eindeutig erkennen kann, welche Verhaltensweisen er künftig zu unterlassen hat, damit er sich rechtmäßig verhalten kann. Nach Auffassung des BAG29 dürfen die Anforderungen insoweit allerdings auch nicht überspannt werden, weil andernfalls effektiver Rechtsschutz vereitelt würde. Zukunftsgerichtete Verbote ließen sich häufig nur generalisierend formulieren. Aus diesem Grund stehe die Notwendigkeit gewisser Subsumtionsprozesse im Rahmen einer etwaigen Zwangsvollstreckung der Verwendung ausfüllungsbedürftiger Begriffe in einem Unterlassungstitel und dem darauf gerichteten Antrag nicht entgegen.30 Eine verbale Beschreibung der Umstände, aus denen eine Rechtsverletzung hergeleitet wird, ist in diesem Fall nicht zwingend erforderlich.31 Der Bestimmtheitsgrundsatz darf nach Ansicht des BGH “nicht dazu führen [. . .], dass der Kläger unter Hintanstellung seiner berechtigten Geheimhaltungsinteressen gezwungen ist, im Klageantrag Geschäfts- oder Betriebsgeheimnisse zu offenbaren”.32
Eine detaillierte Beschreibung des vom Arbeitgeber als besonders schützenswert aufgefassten Know-how ist folglich nicht erforderlich. Wenn dem Arbeitnehmer der Umfang des Verbots noch einmal effektiv vor Augen geführt werden soll, führt allerdings kein Weg an einer jedenfalls abstrakten Kennzeichnung der betroffenen Bereiche (z. B. bei produzierenden Unternehmen eines bestimmten Teils einer Maschine) vorbei, wenn nicht lediglich floskelartig auf die Einhaltung von Verschwiegenheitspflichten hingewiesen werden soll. Es ist in jedem Einzelfall durch das Unternehmen abzuwägen, wie detailliert eine Beschreibung des Know-how sein muss, um den gewünschten Schutzeffekt bei möglichst geringem Risiko zu erreichen.
Ein hilfreiches Tool für die Einhaltung der Bestimmtheitsanforderungen können beispielsweise sog. “Digital Vaults” sein. Diese können im Verlaufe des Arbeitsverhältnisses zur Speicherung unternehmenskritischer Informationen genutzt werden und einen Schutz auch über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses hinaus gewährleisten. Unter Berücksichtigung des “Need-to-Know-Prinzips” erlaubt dieses Konzept die zielgerichtete Erfassung der Geschäftsgeheimnisse, die für das Unternehmen von besonderer Relevanz sind. Die Parteien können sodann im Exit-Schreiben auf die Inhalte des Digital Vault verweisen und erstellen damit gleichsam eine Anlage, die in einem etwaigen späteren Gerichtsverfahren in Bezug genommen werden kann.
IV. Zusammenfassung
1. Festzuhalten bleibt nach alledem, dass sich der Schutz von Know-how und Geschäftsgeheimnissen aufgrund der fehlenden Möglichkeit einer Eintragung in öffentliche Register grundsätzlich schwierig gestaltet. Dies ist unter anderem dem Umstand geschuldet, dass (langjährige) Arbeitnehmer das während der Beschäftigungsdauer für den Arbeitgeber angeeignete Wissen bei einem Exit aus dem Unternehmen mitnehmen können, ohne Aufzeichnungen oder physische Kopien anfertigen zu müssen. Zudem kann nicht in jedem Fall eine klare Grenze zwischen Informationen gezogen werden, die schon als Know-how gesetzlich geschützt sind und solchen Informationen, die reines Erfahrungswissen darstellen. Es verbleiben stets “Grauzonen”, innerhalb derer Unsicherheit über die Schutzwürdigkeit bestimmter Informationen bestehen kann.
2. Idealerweise sollten daher im Arbeitsvertrag auch bereits die Eckpunkte der nachvertraglichen Verschwiegenheitspflichten – unter Einhaltung der strengen Anforderungen der aktuellen Rechtsprechung des BAG – und bei Bedarf ein Wettbewerbsverbot geregelt werden. Je nach Sensibilität individueller Informationen kommt auch der Abschluss isolierter Geheimhaltungsvereinbarungen für spezifische Projekte während der Dauer des Arbeitsverhältnisses in Betracht.
3. Problembehaftet ist im Ernstfall vorrangig, wenn zwischen den Parteien keine Regelung zum Umgang mit Know-how getroffen wurde und sich der Arbeitnehmer im Rahmen seines Exits weigert, nachträglich eine entsprechende Geheimhaltungsvereinbarung zu unterzeichnen. In einer solchen Situation dürfte die Erstellung eines Exit-Schreibens und Übergabe bzw. Versand an den Arbeitnehmer trotz seiner dargestellten Probleme die einzige Option für den Arbeitgeber sein, den Arbeitnehmer nochmals auf die ohnehin bestehenden Verschwiegenheitsverpflichtungen hinzuweisen.
4. In tatsächlicher Hinsicht bleibt letztlich die Frage offen, ob ein Arbeitnehmer sich von einem Exit-Schreiben nachhaltig beeindrucken lassen wird. Bei einem rechtstreuen Arbeitnehmer, insbesondere im Rahmen eines einvernehmlichen oder von dem Arbeitnehmer selbst herbeigeführten Exit-Szenarios, können die Ausführungen im Exit-Schreiben dem Arbeitnehmer allerdings seine nachvertraglichen Pflichten und die Konsequenzen ihrer Missachtung bei einer Beschäftigung in einem anderen Unternehmen noch einmal vergegenwärtigen und ein erhöhtes Bewusstsein für die Sensibilität bestimmter Informationen schaffen. Dabei sollte jedoch beachtet werden, dass das Exit-Schreiben dennoch abstrakt genug verfasst sein sollte, um dem neuen Arbeitgeber bzw. Wettbewerber kein “Rezept” zu den eigenen Produkten, Dienstleistungen oder Verfahren an die Hand zu geben.

Kira Fritsche, LL.M. (Köln), RAin, ist Senior Associate bei Hengeler Mueller, Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB im Bereich Arbeitsrecht.

Dr. Matthias Rothkopf, LL.M. (Stanford), RA, ist Partner bei Hengeler Mueller, Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB und leitet dort die IP/IT-Praxis in Düsseldorf.
Vorab zunächst mit herzlichem Dank an Hendrik Bockenheimer, Partner bei Hengeler Mueller, Partnerschaft von Rechtsanwälten mbB im Bereich Arbeitsrecht für die Unterstützung und Diskussionen zu den arbeitsrechtlichen Themen dieses Aufsatzes.
RL (EU) 2016/943 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 8.6.2016 über den Schutz vertraulichen Know-hows und vertraulicher Geschäftsinformationen (Geschäftsgeheimnisse) vor rechtswidrigem Erwerb sowie rechtswidriger Nutzung und Offenlegung.
Kalbfus, GRUR 2016, 1009; McGuire, GRUR 2015, 424.
Keller, in: Keller/Schönknecht/Glinke, GeschGehG, 2021, § 2, Rn. 8.
Ohly, in: Ohly/Sosnitza, UWG, 8. Aufl. 2023, § 2 GeschGehG, Rn. 3; Harte-Bavendamm, in: Ohly/Kalbfus/Harte-Bavendamm, GeschGehG, 2020, § 2, Rn. 4; so auch Begr. RegE, BT-Drs. 19/4724, 24.
Ohly, GRUR 2019, 441.
Begr. RegE, BT-Drs. 19/4724, 24.
BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 24 ff. u. vorgehend LAG Köln, 28.9.2022 – 11 Sa 128/22.
Vgl. nur BAG, 19.5.1998 – 9 AZR 394/97, NZA 1999, 200; BGH, 3.5.2001 – I ZR 153/99, GRUR 2002, 91; Hauck, GRUR 2022, 530; Lingemann/Chakrabarti, NJW 2020, 2316.
BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 38 m. w. N.
BGH, 7.11.2002 – I ZR 64/00, GRUR 2003, 356; BGH, 22.3.2018 – I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161, Rn. 46.
BGH, 7.11.2002 – I ZR 64/00, GRUR 2003, 356; LAG Rheinland-Pfalz, 24.5.2018 – 5 Sa 267/17, Rn. 31; LAG Rheinland-Pfalz, 1.9.2016 – 5 Sa 139/16.
BGH, 22.3.2018 – I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161, Rn. 46.
BGH, 22.3.2018 – I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161, Rn. 46; BGH, 7.11.2002 – I ZR 64/00, GRUR 2003, 356.
OLG Brandenburg, 20.10.2020 – 6 U 42/19, Rn. 39 ff.; Hauck, GRUR 2022, 530.
BGH, 14.1.1999 – I ZR 2/97, GRUR 1999, 934; Hauck, GRUR 2022, 530, 533.
Glinke, in: Keller/Schönknecht/Glinke, GeschGehG, 2021, § 2 GeschGehG, Rn. 117 ff.
BAG, 27.11.2008 – 2 AZR 193/07, BB 2009, 1868, NZA 2009, 671, Rn. 35; Fechner, in: Däubler u. a., Arbeitsrecht, GeschGehG § 2, Rn. 4.
BAG, 15.12.1987 – 3 AZR 474/86, NZA 1988, 502, BB 1988, 980 Ls; Kreitner, in: Küttner, Personalbuch, 30. Aufl. 2023, Geschäftsgeheimnis, Rn. 11.
BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 40 ff., Fuhlrott/Fischer, NZA 2022, 809.
Anforderungen an das Wettbewerbsverbot insb. aus den §§ 74 ff., 90a HGB; z. B. BGH, 3.12.2015 – VII ZR 100/15, BB 2016, 84, NJW 2016, 401.
Holthausen, NZA 2019, 1377; Glinke, in: Keller/Schönknecht/Glinke, GeschGehG, 2021, § 1 GeschGehG, Rn. 62.
BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 32 ff.
BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 37 ff.
BAG, 24.8.2017 – 8 AZR 378/16, NZA 2018, 100.
Gregor, in: Reinfeld/Leister, Praxishandbuch Geschäftsgeheimnisschutz, 2024, § 4, Rn. 97.
Müller-Glöge, in: ErfK ArbR, 25. Aufl. 2025, § 339 BGB, Rn. 21; BAG, 25.9.2008 – 8 AZR 717/07, NZA 2009, 370.
LAG Köln, 13.7.2006 – 6 Sa 367/06.
So bspw. BGH, 22.3.2018 – I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161, u. BGH, 2.3.2017 – I ZR 194/15, GRUR 2017, 537.
BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 13.
BAG, 13.3.2024 – 7 ABR 11/23, NZA 2024, 1146, BB 2024, 1843 Ls.
Der Inhalt des Verbotes kann sich stattdessen z. B. aus beigefügten Fotografien, technischen Zeichnungen oder Ähnlichem ergeben. Das BAG ließ zuletzt ausreichen, dass technische Begriffe verwendet und den Parteien bekannte E-Mails in Bezug genommen wurden, BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112.
BGH, 22.3.2018 – I ZR 118/16, GRUR 2018, 1161, zuletzt bestätigt in BAG, 17.10.2024 – 8 AZR 172/23, BB 2025, 317, NZA 2025, 112, Rn. 14.



