Recht der internationalen Wirtschaft
Die grenzüberschreitende Patronatserklärung
Quelle: Recht der internationalen Wirtschaft 2025 Heft 10 vom 02.10.2025, Seite 625

PD Dr. Felix Berner, MJur (Oxford), Münster/Tübingen

Die grenzüberschreitende Patronatserklärung

Abhandlungen zu grenzüberschreitenden Patronatserklärungen konzentrierten sich bislang auf international-privatrechtliche Probleme, insbesondere auf Qualifikationsfragen. Aktuelle Rechtsprechung zeigt aber, dass Patronatserklärungen auch einige Fragen der internationalen Zuständigkeit aufwerfen. Der vorliegende Beitrag befasst sich zum einen mit diesen Fragen. Zum anderen zeigt er, wie die Europäisierung der Rechtsquellen die international- privatrechtlichen Probleme der Patronatserklärung beeinflusst und zu neuen Lösungen führt.

I. Einleitung

Wird die Patronatserklärung im grenzüberschreitenden Kontext näher erörtert, stehen bislang international-privatrechtliche Qualifikationsfragen im Vordergrund.1 Die jüngere Rechtsprechung gibt jedoch Anlass, den Fokus zu verlagern. Daher befasst sich dieser Beitrag insbesondere mit grenzüberschreitenden Patronatserklärungen im Kontext der internationalen Zuständigkeit (III.). Hier haben Patronatserklärungen Bedeutung für die besondere Zuständigkeit, für die Schutzgerichtsstände und für Gerichtsstandsvereinbarungen. Im international-privatrechtlichen Teil (IV.) wird gezeigt, wie die Europäisierung auch die Anknüpfung der Patronatserklärung beeinflusst: Die europäisch-autonome Auslegung gebietet eine eigenständige Begriffsbildung, weshalb bei der Verwendung der deutschen dogmatischen Konkretisierungen der Patronatserklärung im europäischen Internationalen Privatrecht zumindest Vorsicht geboten ist. Keinesfalls dürfen die dogmatischen Kategorien des deutschen Sachrechts mit dem Anspruch auf das europäische Recht übertragen werden, die Auslegung europäischen Rechts zu leiten. Vielmehr bieten Wortlaut und Systematik der Rom-Verordnungen Lösungen und erleichtern den Umgang mit grenzüberschreitenden Patronatserklärungen. Bevor jedoch auf die grenzüberschreitende Patronatserklärung eingegangen wird, sollen die dogmatischen Konkretisierungen des deutschen Sachrechts kurz in Erinnerung gerufen werden (II.).

II. Die Patronatserklärung im deutschen Sachrecht

Im deutschen2 Sachrecht beschreibt der Begriff der Patronatserklärung eine atypische Personalsicherheit,3 die insbesondere im Konzernverbund zur Steigerung der Kreditwürdigkeit von Tochtergesellschaften eingesetzt wird.4 Mit der Patronatserklärung will der Patron dem Protegé die Kreditaufnahme bei einem Dritten (i.F.: “Gläubiger”) ermöglichen. Dazu bedient er sich nicht eines klassischen Kreditsicherungsmittels, sondern bringt seinen Willen zum Ausdruck, für die Kreditwürdigkeit des Protegés einzustehen. Dies kann er nach den in Deutschland üblichen dogmatischen Unterteilungen auf verschiedene Weise.5 Insbesondere wird zwischen “harten” und “weichen” Patronatserklärungen sowie zwischen “externen” und “internen” Patronatserklärungen unterschieden. Bei der Unterscheidung zwischen “harten” und “weichen” Erklärungen geht es um die Frage des Rechtsbindungswillens.6 Gibt der Patron eine harte Patronatserklärung ab, entsteht ein rechtsgeschäftlicher Ausstattungsanspruch.7 Der Patron verpflichtet sich also, dem Protegé die erforderlichen Mittel zur Verfügung zu stellen.8 Bei einer weichen Patronatserklärung entsteht keine Ausstattungspflicht. Gleichwohl können andere Ansprüche entstehen, deren genaue Form umstritten ist.9 Die Unterscheidung zwischen internen und externen Erklärungen bezieht sich auf den Adressaten der Erklärung. Bei einer externen Erklärung richtet sich die Erklärung an den Gläubiger, bei einer internen Erklärung an den Protegé.10 Beispielsweise hat der Gläubiger bei einer externen harten Patronatserklärung einen direkten Ausstattungsanspruch gegen den Patron.

III. Die internationale Zuständigkeit

1. Brüssel Ia-VO

a) Besondere Gerichtsstände

Macht der Gläubiger aus der Patronatserklärung eine Ausstattungspflicht (oder Zahlungspflicht) des Patrons gegenüber dem Gläubiger geltend, kann er dies am Vertragsgerichtsstand des Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO.11 Da der europäisch-autonome Vertragsbegriff lediglich eine freiwillig eingegangene Verpflichtung verlangt,12 und eine solche durch den Patron eingegangene geltend gemacht wird, ist der Anwendungsbereich des Art. 7 Nr. 1 Brüssel Ia-VO eröffnet. Diese Konsequenz wird weder dadurch in Frage gestellt, dass die Verpflichtung möglicherweise nicht besteht, noch dadurch, dass es sich um eine einseitige Verpflichtung handelt. Das potenzielle Nichtbestehen schadet nicht, weil am Vertragsgerichtsstand gerade auch geklärt werden soll, ob die Verpflichtung besteht.13 Dass einseitige Rechtsgeschäfte vom Vertragsgerichtsstand erfasst werden, ist in Deutschland wohl einhellige Meinung.14 Teilweise wird allerdings als Gegenargument angeführt, dass der EuGH für die Gewinnzusage eine Annahmeerklärung verlangt habe.15 Daraus lässt sich jedoch kein Argument ableiten, das in der Sache gegen die Einbeziehung einseitiger Rechtsgeschäfte sprechen würde. Der EuGH lässt für eine “Annahmeerklärung” nämlich genügen, dass der Gläubiger die Leistung fordert, im Zusammenhang mit Gewinnzusagen also die “Auszahlung des scheinbar von ih[m] gewonnenen Preises verlangt”.16 Wenn sogar das bloße Verlangen einer Zahlung eine “Annahme” ist, bedarf es einer solchen nicht wirklich, um den Anspruch auf Ausstattung entstehen zu lassen.

Im Anwendungsbereich des Vertragsgerichtsstands stellt sich sodann die Frage, ob es sich bei der Patronatserklärung um einen “Dienstvertrag” im europäisch-autonomen Verständnis handelt. Die Definition des Dienstvertrags legt dies eigentlich nicht sonderlich nahe. Der Begriff wird im europäischen Kontext nämlich als Vertrag konkretisiert, der eine “Tätigkeit gegen Entgelt” zum Gegenstand hat.17 Dies geht zwar deutlich über den Dienstvertragsbegriff des deutschen Schuldrechts hinaus und erfasst beispielsweise den Werkvertrag i. S. d. BGB.18 Zumindest19 das Erfordernis einer “Tätigkeit” sollte die Patronatserklärung aber eigentlich aus dem Begriff ausschließen. Diese Konsequenz wird jedoch durch eine Entscheidung des EuGH in Frage gestellt: In Kareda meinte der EuGH, dass auch ein Darlehensvertrag unter den Dienstvertragsbegriff falle,20 ein Vertrag, den man mit einem vom deutschen materiellen Recht geprägten Vorverständnis21 wohl kaum als “Tätigkeitsvertrag” einordnen würde. Der EuGH sieht aber in der Auszahlung der Darlehensvaluta eine Tätigkeit, die im Kontext des Art. 7 Brüssel Ia-VO ausreiche.22 Die Entscheidung wird nun teilweise dahingehend verallgemeinert, dass jede Form der Zurverfügungstellung von Kapital eine “Tätigkeit” im europäisch-autonomen Verständnis darstelle.23 Dies überzeugt aber nicht. Anders als beim Darlehen gibt es bei der Patronatserklärung keinen physischen Akt, der als Tätigkeit qualifiziert werden könnte. Richtigerweise sollte daher mit der herrschenden Ansicht die Patronatserklärung als Vertrag eingeordnet werden, der nicht unter den Dienstvertragsbegriff der Brüssel Ia-VO fällt und daher nach Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-VO zu behandeln ist.24

Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-VO führt nun bekanntlich aus der europäisch-autonomen Auslegung der Brüssel Ia-VO heraus und hin zum Internationalen Privatrecht. Bei Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-VO muss nämlich der Erfüllungsort nach dem anwendbaren Sachrecht bestimmt werden.25 Führt die international-privatrechtliche Prüfung zu deutschem Recht (dazu unter IV. 1.), richtet sich der Erfüllungsort gem. §§ 269, 270 IV BGB nach dem Sitz des Schuldners, also dem Sitz des Patrons. Es ist jedoch möglich, dass die Parteien eine abweichende Vereinbarung treffen oder sich aus den Umständen des Einzelfalls ein anderer Erfüllungsort ergibt. Bei dieser Prüfung ist aber Vorsicht geboten. Nach zutreffender herrschender Meinung darf der Erfüllungsort nicht pauschal am Sitz des Protegés verortet werden.26 Vielmehr muss der Einzelfall wirklich überzeugende Anhaltspunkte für einen solchen von der Grundregel abweichenden Erfüllungsort bieten.

Hat ein Patron eine Patronatserklärung abgegeben, kommt allerdings nicht nur ein Anspruch direkt aus der Patronatserklärung in Betracht. Denkbar sind auch Ansprüche auf Schadensersatz, insbesondere weil der Gläubiger auf eine Patronatserklärung vertraut hat. Nun könnte man meinen, dass eine solche Vertrauenshaftung stets die Definition einer unerlaubten Handlung i. S. d. Art. 7 Nr. 2 Brüssel Ia-VO erfüllt. Diese wird nämlich als Schadenshaftung definiert, “die nicht an einen ‘Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag’ i. S. v. Art. 7 Nr. 1 Buchst. a der Verordnung anknüpft”.27
Eigentlich knüpft die Schadenshaftung in der Konstellation, dass der Patron keine rechtlich bindende Patronatserklärung gegenüber dem Gläubiger abgegeben hat, gerade nicht an eine freiwillig eingegangene Verpflichtung an. Damit ist die Definition der unerlaubten Handlung eigentlich erfüllt.

Der Qualifikation “eigentlich” bedarf es deshalb, weil der EuGH seit 2014 davon ausgeht, dass außervertragliche Ansprüche, die in Zusammenhang mit Verträgen stehen, vertragliche Ansprüche im Sinne des Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-VO sein können.28 Dies soll nach der heutigen Leitentscheidung Wikingerhof dann der Fall sein, “wenn eine Auslegung des Vertrags zwischen dem Kläger und dem Beklagten unerlässlich erscheint, um zu klären, ob das Verhalten, das der Kläger dem Beklagten vorwirft, rechtmäßig oder vielmehr widerrechtlich ist”.29 Die Besonderheit der Patronatserklärung besteht nun darin, dass der Kläger entweder einen Ausstattungsanspruch aus der Patronatserklärung hat, oder dass zwar keine verbindliche Patronatserklärung vorliegt, der Kläger aber meint, der Patron hafte trotz fehlender Patronatserklärung aus enttäuschtem Vertrauen. Selbst wenn der Kläger im Prozess daher beide Ansprüche kumulativ geltend macht, stehen beide Ansprüche in einem Alternativitätsverhältnis. Die Auslegung eines “Vertrags” kann auf Sachebene also nie erforderlich sein, um über den Anspruch aus Vertrauenshaftung zu entscheiden. Entscheidend ist allerdings die Frage, ob es hier wirklich auf die Sachebene ankommt. Im Kontext der Brüssel Ia-VO liegt – wie gesehen – ein “Vertrag” vor; ob die Patronatserklärung mit Rechtsbindungswillen erklärt wurde, ist nicht von Bedeutung. Zudem wird es bei der Entscheidung über den Anspruch aus Vertrauenshaftung in den allermeisten Fällen tatsächlich unerlässlich sein, das vom Patron privatautonom Erklärte auszulegen, um über den Anspruch aus Vertrauenshaftung zu entscheiden. Darüber kommt man wohl anders als auf Ebene des Internationalen Privatrechts30 nicht durch einen Verweis auf das Alternativverhältnis hinweg. Die Besonderheiten des Internationalen Verfahrensrechts verhindern es nämlich, bei der Bestimmung der internationalen Zuständigkeit mittels einer Vorfrage zu klären, ob ein Vertrag tatsächlich zustande gekommen ist.31 Eine solche Vorfrage begründet auf Ebene der Internationalen Zuständigkeit gerade für die Patronatserklärung eine zu große Rechtsunsicherheit, weil sich die Parteien oftmals gerade darum streiten werden, ob ein Vertrag zustande gekommen ist, und das Gericht diese Frage nur über eine Abwägung der Einzelfallumstände wird lösen können. Zudem enthält die Brüssel Ia-VO auch keine dem Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO entsprechende Regelung, sondern lässt einen potentiellen Vertrag genügen. Daher ist bei kumulativ geltend gemachten Ansprüchen bei Unerlässlichkeit der Auslegung des privatautonom Erklärten in den allermeisten Fällen nur der Vertragsgerichtsstand eröffnet. Der Deliktsgerichtsstand bleibt auf Fälle beschränkt, in denen kein Vertrag besteht und ein solcher auch nicht behauptet wird.

Neben den besonderen Gerichtsständen des Art. 7 Brüssel Ia-VO wird es im Anwendungsbereich32 der Brüssel Ia-VO häufig auch möglich sein, den Patron über Art. 8 Nr. 1 Brüssel Ia-VO an den allgemeinen Gerichtsstand des Protegé zu ziehen.

b) Arbeitsvertraglicher Gerichtsstand

Aus deutscher Perspektive mag es zunächst ein wenig befremdlich scheinen, dass die Patronatserklärung Schutzgerichtsstände auf den Plan rufen kann. Aber auch hier – wie so oft – erfordert die Europäisierung eine Erweiterung des Blickwinkels. Den unmittelbaren Anstoß hierzu gibt die Entscheidung ROI Land Investments.33 In dem zugrundeliegenden Fall34 hatte der in Stuttgart lebende FD einige Jahre für die kanadische Gesellschaft ROI als “Deputy Vice President Investors Relations” gearbeitet. Aus “steuer- und abgabenrechtlichen Gründen”35 sollte das Arbeitsverhältnis dann in eine schweizerische Gesellschaft überführt werden. Zur Sicherung der Ansprüche von FD aus dem neuen Arbeitsverhältnis gab ROI eine Patronatserklärung ab. Später klagte FD gegen ROI am arbeitsvertraglichen Gerichtsstand, weil die schweizerische Gesellschaft seine Ansprüche gegen sie nicht mehr erfüllen konnte. Der EuGH bejahte die Anwendbarkeit des arbeitsvertraglichen Gerichtsstands. Dies begründet der EuGH vor allem teleologisch. Der Schutzgedanke der Art. 20 ff. Brüssel Ia-VO erlaube es nicht, allein darauf abzustellen, ob zwischen “Arbeitgeber” und “Arbeitnehmer” i. S. d. Brüssel Ia-VO ein “förmlicher Vertrag” geschlossen wurde.36 Vielmehr soll es darauf ankommen, ob ein “Unterordnungsverhältnis” zwischen den Parteien bestehe.37 Dann sei der Schutzgerichtsstand eröffnet. Wie das BAG in der Folgeentscheidung feststellt,38 erfüllt der Sachverhalt in ROI Land Investments die Anforderungen an ein “Unterordnungsverhältnis”. Obwohl FD und ROI “nur” über eine Patronatserklärung verbunden sind, besteht aufgrund der Gesamtsituation ein Bedürfnis nach zuständigkeitsrechtlichem Schutz durch die Art. 20 ff. Brüssel Ia-VO: Zwischen beiden Parteien bestand ein arbeitsvertragliches Verhältnis, welches lediglich aus steuer- bzw. abgabenrechtlichen Gründen auf eine andere Gesellschaft überführt wurde. Bei Lichte betrachtet war FD jedoch weiterhin “für ROI” tätig.

Losgelöst von ROI Land Investments ist festzustellen, dass bei einer Patronatserklärung der Anwendungsbereich der Art. 20 ff. Brüssel Ia-VO eröffnet sein kann, allerdings – wie das BAG formuliert – nicht “ohne Weiteres”.39 Ob ein Unterordnungsverhältnis i. S. d. Art. 20 Brüssel Ia-VO vorliegt, bleibt eine Einzelfallfrage. Ein Gegenargument gegen diesen Ansatz liegt selbstverständlich auf der Hand: Eine Einzelfallbetrachtung, die sich zudem mit dem eher unscharfen Begriff des Unterordnungsverhältnisses auseinandersetzen muss, führt sicherlich nicht zu Rechtssicherheit. Aus diesem Grund40 sprechen sich auch die meisten Autoren in Deutschland gegen die Prüfung eines “Unterordnungsverhältnisses” aus und verfolgen einen anderen Ansatz als die Rechtsprechung.41 Gleichwohl überzeugt die Rechtsprechung. Obwohl die Schaffung von Rechtssicherheit und die zuständigkeitsrechtliche Vorhersehbarkeit sicher wichtige Ziele der Brüssel Ia-VO sind,42 überwiegt bei den Schutzgerichtsständen der Schutzzweck. Die Schutzgerichtsstände dienen nämlich nicht unbedingt dazu, Rechtssicherheit schaffen, sondern – wie ErwG (18) zur Brüssel Ia-VO zeigt – dem Schutz von bestimmten Personengruppen. Dies spiegelt sich auch im Wortlaut und in der Konzeption des Art. 20 Brüssel Ia-VO wider. Hätte der europäische Gesetzgeber Rechtssicherheit schaffen wollen, hätte er wohl kaum den einzelnen Vertrag in den Mittelpunkt gestellt. Da aber Art. 20 Brüssel Ia-VO die Gerichte auffordert, im Einzelfall zu prüfen, ob es sich um einen Arbeitsvertrag handelt, kann Rechtssicherheit kaum der Leitstern sein, den der europäische Gesetzgeber bei der Schaffung des Art. 20 Brüssel Ia-VO vor Augen hatte. Das Abstellen auf die konkreten Umstände des Einzelfalls führt zwangsläufig zu weniger Vorhersehbarkeit – dafür aber zu mehr Einzelfallgerechtigkeit, was sich gut mit dem Schutzzweck der Art. 20 ff. Brüssel Ia-VO verträgt.43

Neben dem Vorwurf mangelnder Rechtssicherheit wird der EuGH zudem mit seinen eigenen Waffen attackiert: In ROI Land Investments lege der EuGH den arbeitsvertraglichen Gerichtsstand weit aus, obwohl er ansonsten betone, dass die Vorschriften zu Schutzgerichtsständen als Ausnahmen eng auszulegen seien.44 Dieses Argument hat sicherlich eine gewisse Berechtigung, spricht aber nicht gegen die Entscheidung in ROI, sondern zeigt einmal mehr, dass der EuGH an anderer Stelle das Argument singularia non sunt extendenda überbetont. Tatsächlich ist die Überzeugungskraft dieses Arguments sehr begrenzt. Wie in ROI kommt es generell darauf an, wie weit der Sinn der Ausnahme reicht. Erfasst der Sinn einer Zuständigkeitsvorschrift den Fall, spricht dies stark für ihre Anwendung.

Nach alledem bleibt festzuhalten, dass die Konkretisierung über das Unterordnungsverhältnis im Kontext der Art. 20 ff. Brüssel Ia-VO gut passt. Wie ROI Land Investments zeigt, kann auch einer der Sachverhaltselemente, die eine Prüfung des Art. 20 Brüssel Ia-VO auslösen, eine Patronatserklärung sein. Wie insbesondere das BAG betont, bedeutet dies jedoch nicht, dass jede Patronatserklärung den arbeitsvertraglichen Gerichtsstand eröffnet. Es bleibt vielmehr eine Prüfung des Einzelfalls, ob die Umstände es rechtfertigen, ein “Unterordnungsverhältnis” anzunehmen. Bei dieser Prüfung kommt der Patronatserklärung aber eine Bedeutung zu. Auch dies wird zwar in der Literatur teilweise mit einem Vergleich zu anderen Sicherheiten bezweifelt: So soll die Patronatserklärung unerheblich sein, weil bei einer Bankbürgschaft ebenfalls niemand annehmen würde, es handele sich um einen Arbeitsvertrag.45 Dieses Gegenargument verkennt jedoch den Gesamtzusammenhang. Die Bankbürgschaft ist irrelevant, weil die Bank nur Sicherungsgeberin ist. Bei der Patronatserklärung kann es anders sein. Sie kann das Bindeglied darstellen, das es erlaubt, die Patronin als (Mit-)Arbeitgeberin anzusehen.

c) Verbrauchervertragsgerichtsstand

In ROI Land Investments hat der EuGH ebenfalls ausdrücklich entschieden, dass Arbeitnehmer keine Verbraucher sind.46 Das überzeugt, weil Art. 17 Brüssel Ia-VO lediglich eine “berufliche oder selbstständige Tätigkeit” verlangt, um diesen Schutzgerichtsstand auszuschließen. Ein Arbeitnehmer ist aber in seiner professionellen Sphäre beruflich tätig. Er wird auch durch den Arbeitsvertragsgerichtsstand besonders geschützt, so dass er eines Schutzes durch Art. 18 f. Brüssel Ia-VO nicht bedarf. Entgegen einer früher in der deutschen Rechtsprechung und Literatur teilweise vertretenen Auffassung47 steht der Verbrauchervertragsgerichtsstand Arbeitnehmern daher nicht offen. Dies hat zur Folge, dass der Verbrauchervertragsgerichtsstand bei Patronatserklärungen häufig nicht von Bedeutung sein wird. Dennoch sind Fälle denkbar, in denen im Verhältnis zwischen Gläubiger und Patron Art. 18 Brüssel Ia-VO zur Anwendung kommt. Beispielsweise wäre das der Fall, wenn der Verbraucher etwas sehr Wertvolles erwerben oder in großem Umfang Kapital anlegen möchte,48 er aber befürchtet, dass die vertragsschließende Gesellschaft den Vertrag nicht erfüllen können wird. Schließt er den Vertrag mit der Tochtergesellschaft nur aufgrund einer Patronatserklärung der Muttergesellschaft ab, liegt es zumindest nahe, ihm für Klagen gegen die Muttergesellschaft den Verbrauchergerichtsstand zu eröffnen, wenn dessen weitere Voraussetzungen vorliegen. Verallgemeinern wird man dies dahingehend können, dass der Verbrauchervertragsgerichtsstand immer dann einschlägig ist, wenn die Patronatserklärung Ansprüche des Verbrauchers sichert (und der Verbraucher tatsächlich vertragliche Ansprüche geltend macht).49

d) Gerichtsstandsvereinbarungen

Der Abschluss von Gerichtsstandsvereinbarungen ist für Streitigkeiten aus Patronatserklärungen möglich. Das gilt selbst dann, wenn die Patronatserklärung selbst keine rechtsgeschäftliche Ausstattungspflicht begründet. Wie der Wortlaut des Art. 25 Abs. 1 S. 1 Brüssel Ia-VO zeigt, genügt nämlich ein hinreichend bestimmtes Rechtsverhältnis.50 Eines Vertrags zwischen den Parteien bedarf es nicht.51 Erforderlich ist jedoch stets, dass sich die Parteien über den Gerichtsstand einigen. Eine bloß einseitige Festlegung des Patrons genügt nicht. Eine Vereinbarung in AGB bleibt allerdings möglich.52 Bei einer solchen AGB-Klausel wird es sich in den meisten Fällen auch nicht um eine überraschende Klausel handeln. So hat beispielsweise das KG entschieden, dass es nicht überrascht, wenn in einer Investitionsvereinbarung für eine interne Patronatserklärung die Gerichte eines bestimmten Staates prorogiert werden.53

Problematisch könnte allerdings bei Patronatserklärungen die Form des Art. 25 Brüssel Ia-VO sein. Schriftlichkeit i. S. d. Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a) Alt. 1 Brüssel Ia-VO könnte nämlich eine schriftliche Erklärung beider Parteien voraussetzen.54 Der BGH meint jedoch, dass dies nicht der Fall sei und die Textform ausreiche, sofern sich aus den Gesamtumständen ergibt, dass das Textstück den Willen der Vertragsparteien wiedergibt.55 Lehnt man eine solche Auslegung des Schriftformerfordernisses – insbesondere wegen des damit verbundenen Verlustes an Rechtssicherheit56 – ab, so wäre die Schriftform nicht gewahrt, wenn der Gläubiger lediglich ein Schriftstück erhält, in dem der Patron die Erklärung abgibt. In solchen Fällen würde es sich auch nicht notwendig um eine mündliche Vereinbarung mit schriftlicher Bestätigung handeln (Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. a) Alt. 2 Brüssel Ia-VO), da es häufig an einer vorherigen Vereinbarung fehlen wird.57 Man wird aber wohl einen internationalen Handelsbrauch annehmen können und damit das Formerfordernis überwinden können, Art. 25 Abs. 1 S. 3 lit. c) Brüssel Ia-VO. Es entspricht nämlich wohl den internationalen Gepflogenheiten, dass der Gläubiger die Patronatserklärung nicht selbst unterzeichnet.58

2. ZPO

Hat der Patron seinen (Wohn-)Sitz nicht in einem Mitgliedstaat der EU, richtet sich die internationale Zuständigkeit für Klagen gegen ihn grundsätzlich nach den §§ 12 ff. ZPO. Diese Vorschriften werden insoweit über ihren Wortlaut hinaus “doppelfunktional”, also neben der örtlichen auch für die internationale Zuständigkeit herangezogen. Ausnahmen von diesem Grundsatz sind allerdings möglich. Für den vorliegenden Zweck ist insbesondere von Bedeutung, dass bei einer Prorogation deutscher Gerichte Art. 25 Brüssel Ia-VO Anwendung findet, selbst wenn der Beklagte keinen (Wohn-) Sitz in einem Mitgliedstaat hat.59 Darüber hinaus erstrecken die Schutzgerichtsstände der Brüssel Ia-VO ihren Anwendungsbereich teilweise auch auf Beklagte aus Drittstaaten, vgl. Art. 17 Abs. 1, 20 Abs. 2, 21 Abs. 2 Brüssel Ia-VO.

Richtet sich die internationale Zuständigkeit jedoch nach der ZPO, sind alle Ansprüche aus der Patronatserklärung dem Vertragsgerichtsstand zuzuordnen. Der Vertragsbegriff des § 29 ZPO erfasst nämlich noch mehr als der der Brüssel Ia-VO. Dies ergibt sich insbesondere daraus, dass im Rahmen der ZPO auf die dogmatischen Kategorien des deutschen Rechts als Auslegungshilfe zurückgegriffen werden kann. Ein Erfordernis “europäisch-autonomer Auslegung” besteht hier nicht. Die Haftung aus einer Patronatserklärung ist aber aus deutscher Sicht stets zumindest “vertragsähnlich”. Denn auch ohne Rechtsbindungswillen stehen sich Patron und Gläubiger nicht als Repräsentanten der Allgemeinheit, sondern in einer Sonderverbindung gegenüber. Dem entspricht es, dass im deutschen Sachrecht der Patron in diesem Fall zumindest potenziell einer Vertrauenshaftung60 nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2, 311 Abs. 2 bzw. 3 BGB unterliegt.61 Vertragsähnliche Ansprüche wie diese sind aber nach fast einhelliger Auffassung von § 29 ZPO erfasst.62 Diese nahezu einhellige Meinung überzeugt auch, weil sie das Verständnis des deutschen Rechts von der zuständigkeitsrechtlichen Abgrenzung vertraglicher und deliktischer Ansprüche widerspiegelt, wie sie insbesondere in § 311 Abs. 2 und 3 BGB zum Ausdruck kommt.

Neben Fragen des Vertragsgerichtsstands kann man auch aufwerfen, ob der Patron aus einem Drittstaat mit dem Protegé an dessen Sitz in Deutschland verklagt werden kann. Zwar kennt die ZPO keinen allgemeinen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs.63 Manche möchten aber Art. 8 Nr. 1 Brüssel Ia-VO analog als nationales64 Recht anwenden.65 Einer solchen analogen Anwendung als nationales Recht steht aber die Konzeption der ZPO entgegen, die einen solchen Gerichtsstand gerade nicht kennt. Auch können die Gerichtsstände nicht beliebig erweitert werden, da sonst der Zweck der beschränkten Gerichtsstände, nämlich der Schutz des Beklagten durch den Grundsatz actor sequitur forum rei, wie er in § 12 ZPO zum Ausdruck kommt, konterkariert würde.66

IV. Internationales Privatrecht

Im Internationalen Privatrecht wirft die Patronatserklärung vor allem Qualifikationsfragen auf. Wie so oft67 führt die Europäisierung des Kollisionsrechts aber zu Verschiebungen und insbesondere zum Erfordernis eines europäisch-autonomen Begriffsverständnisses. Dennoch übertragen manche für die Qualifikation der Patronatserklärung die dogmatischen Unterteilungen des deutschen Sachrechts auf das europäische Kollisionsrecht. So möchte etwa Reuter auch auf international-privatrechtlicher Ebene zwischen harten und weichen Patronatserklärungen unterscheiden, letztere wiederum in zukunftsbezogene und gegenwarts- bzw. vergangenheitsbezogene.68
Reuter zufolge sollen die dogmatischen Unterscheidungen eine unterschiedliche Rechtsnatur reflektieren, die wiederum in den Rom-Verordnungen umgesetzt werden müsse.69 Demgegenüber wird in der Kommentarliteratur die Patronatserklärung häufig70 nur beiläufig erwähnt und dann pauschal der Rom I-VO zugeordnet.71 Diesen beiden Ansätzen soll hier ein dritter gegenübergestellt werden, der die europäischen Rechtsquellen in den Vordergrund rückt. Dies beginnt mit der Rom I-VO.

1. Der Ausgangspunkt: die Rom I-VO

Im Mittelpunkt von Streitigkeiten um Patronatserklärungen steht häufig, ob (und wem gegenüber) eine Verpflichtung des Patrons besteht. Diese potenzielle Verpflichtung wäre eine “freiwillig eingegangene” im Sinne der europäischen Definition des Vertragsbegriffs.72 Wie bereits unter III. 1. a). gezeigt, steht die Einseitigkeit der Verpflichtung der Annahme eines Vertrags nicht entgegen.73 Dieses Ergebnis wird im Rahmen der Rom I-VO sogar noch durch Art. 11 Abs. 3 Rom I-VO abgesichert, der für einseitige Verpflichtungen ein besonderes Formerfordernis vorsieht.74 Zumindest bei ausschließlicher Beteiligung privater Akteure75 handelt es sich auch unproblematisch um eine Zivil- und Handelssache i. S. d. Art. 1 Abs. 1 Rom I-VO. Ausnahmetatbestände des Art. 1 Abs. 2 Rom I-VO sind keine einschlägig. Insbesondere stellen sich keine “Fragen betreffend das Gesellschaftsrecht” i. S. d. Art 1 Abs. 2 lit. f) Rom I-VO, da die Verpflichtung aus der Patronatserklärung selbst im Konzernverhältnis als Erklärung nach außen unabhängig vom gesellschaftlichen Innenverhältnis bleibt.76

Damit ist der Anwendungsbereich der Rom I-VO relativ unproblematisch eröffnet. Eine Übertragung dogmatischer Kategorien und einer näheren Auseinandersetzung mit Qualifikationsfragen bedarf es nicht. Die zentrale Rechtsfrage, ob eine Verpflichtung besteht, ist keine Frage des Internationalen Privatrechts, sondern des Sachrechts. Das zeigt für die Patronatserklärung auch Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO relativ eindeutig: “Das Zustandekommen und die Wirksamkeit des Vertrags oder einer seiner Bestimmungen beurteilen sich nach dem Recht, das nach dieser Verordnung anzuwenden wäre, wenn der Vertrag oder die Bestimmung wirksam wäre.” Die Frage, ob der Patron tatsächlich eine Verpflichtung eingegangen ist, bestimmt sich damit nach einer “Vorschaltlösung”. Das nach der Verordnung anwendbare Recht bestimmt also, ob eine Verpflichtung besteht. Die Unterteilungen der Patronatserklärungen des deutschen Sachrechts sind aber gerade solche, die widerspiegeln, ob (und wem gegenüber) eine rechtsgeschäftliche Verpflichtung eingegangen wurde. Daher darf man sie nicht auf die Rom I-Verordnung übertragen. Andernfalls wird man den Vorgaben dieser Verordnung nicht gerecht.

Das nach der Rom I-VO anzuwendende Recht bestimmt sich nach den Art. 3 ff. Rom I-VO. Sieht man von den Sonderfällen der Beteiligung von Arbeitnehmern oder Verbrauchern ab (dazu unter IV. 3.),77 stellt sich zunächst die Frage, ob die Parteien eine Rechtswahl nach Art. 3 Rom I-VO getroffen haben.78 Ist dies nicht der Fall, muss das anwendbare Recht nach Art. 4 Rom I-VO bestimmt werden. Wie ebenfalls bereits unter III. 1. a). ausgeführt, handelt es sich bei der Patronatserklärung nicht um einen Dienstvertrag im europäisch-autonomen Sinne des Begriffs.79 Daher findet Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO Anwendung, der grundsätzlich auf das Recht des gewöhnlichen Aufenthalts des Patrons abstellt;80 bei einer juristischen Person als Patron ist das der Ort ihrer Hauptverwaltung, Art. 19 Abs. 1 UAbs. 1 Rom I-VO.81 Ausnahmsweise kann aber über Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO auch ein anderes Recht zur Anwendung kommen. Denkbar ist etwa, dass die Umstände des Einzelfalls zu einer wesentlich engeren Verbindung zum Sitzrecht des Protegé führen.82 Hierzu bedarf es aber besonderer Umstände. Wie stets ist der Ausnahmecharakter des Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO zu beachten, der im Wortlaut durch die bewusste Aufnahme des Wortes “offensichtlich” zum Ausdruck kommt. Zweitens ist darauf hinzuweisen, dass eine akzessorische Anknüpfung an das Hauptgeschäft nicht in Betracht kommt, weil das Hauptverhältnis zwischen Gläubiger und Protegé besteht; der Patron wird hier nicht beteiligt.83

Das anwendbare Recht entscheidet dann darüber, ob und wem gegenüber der Patron zur Leistung verpflichtet ist. Die international-privatrechtliche Prüfung wird so durch die Rom I-VO von schwierigen Fragen entlastet. Allerdings tritt das Internationale Privatrecht wieder aufs Feld, wenn die Prüfung nach dem anwendbaren Recht ergibt, dass keine rechtsgeschäftliche Verpflichtung besteht. Dann nämlich kommt in Betracht, dass der Patron unabhängig von einer vertraglichen Verpflichtung haftet, weil der Gläubiger oder der Protegé sich auf die durch den Patron abgegebene Erklärung verlassen hat.

2. Die Patronatserklärung ohne rechtsgeschäftliche Wirkung: Rom II-VO (?)

Macht der Gläubiger geltend, dass der Patron auch dann haftet, wenn ihn die Patronatserklärung nicht rechtsgeschäftlich bindet, so macht der Gläubiger in der Sache einen Anspruch aus Vertrauenshaftung geltend. Da sich der Gläubiger hier nicht auf die Patronatserklärung als Rechtsgeschäft beruft, könnte man meinen, dass es sich um eine außervertragliche Haftung auf Schadensersatz handelt, was die Rom I-VO grundsätzlich ausschließt. Wie bereits unter III. 1. a). erörtert, ist dies allerdings vor dem Hintergrund der EuGH-Rechtsprechung nicht so eindeutig, wie man zunächst meinen könnte. Für das Internationale Privatrecht kommt noch eine Besonderheit hinzu. Anders als bei der Internationalen Zuständigkeit darf man auf Begründetheitsebene durchaus die Vorfrage stellen, ob tatsächlich ein Vertrag zustande gekommen ist. Nichts spricht nämlich dagegen, auf Ebene des Internationalen Privatrechts bei der Qualifikation der Patronatserklärung84 zunächst zu klären, ob die Patronatserklärung im Einzelfall nach dem Vertragsstatut einen Vertrag begründet. Ist dies der Fall, sollte dieser Vertrag im europäisch-autonomen Sinne auch die Ansprüche aus Vertrauenshaftung umfassen. Es handelt sich dann nur noch um eine Frage nach der Reichweite des tatsächlich bestehenden Vertrags. Da die Auslegung der Patronatserklärung in diesem Fall auch für potenziell konkurrierende Ansprüche “unerlässlich” sein wird, sollte man solche Ansprüche europäisch-autonom als vertragliche einordnen.85 Besteht nach dem Vertragsstatut keine bindende Patronatserklärung, handelt es sich aber um einen außervertraglichen Anspruch im Sinne der Rom II-VO.

Für außervertragliche Ansprüche auf Schadensersatz bestimmt sich das anwendbare Recht grundsätzlich nach der Rom II-VO, sofern der sachliche Anwendungsbereich nicht gem. Art. 1 Abs. 2 Rom II-VO ausgeschlossen ist. Dies ist jedoch nicht der Fall. Insbesondere handelt es sich bei dem Anspruch nicht um einen Anspruch, der dem Gesellschaftsrecht zuzuordnen wäre (vgl. IV. 1.). Den fehlenden geschriebenen Ausschlusstatbeständen zum Trotz gibt es allerdings Stimmen, die Vertrauenshaftungsansprüche im Zusammenhang mit Patronatserklärungen aufgrund eines ungeschriebenen Anwendungsausschlusses vom Anwendungsbereich der Rom II-VO ausnehmen wollen.86 Solche Ansprüche sollen nicht zur Rom II-VO passen, weil der Ort des Schadenseintritts kein geeignetes Anknüpfungsmoment sei.87 Gegen dieses Argument spricht allerdings, dass – wie noch zu zeigen sein wird – man auch bei der Vertrauenshaftung im Kontext der Patronatserklärung akzessorisch an ein potenzielles Vertragsstatut anknüpfen kann. Unabhängig davon wiegt das Argument aber nicht schwer,88 denn vieles, was unstreitig unter die Rom II-VO fällt, passt nicht recht zu den in der Verordnung verwendeten Anknüpfungsmomenten. So wird man die Anknüpfung an den Erfolgsort in Art. 4 Abs. 1 Rom II-VO kaum als geeignet für Fälle ansehen können, in denen sich der Schaden nicht an einem bestimmten Ort materialisiert, wie beispielsweise bei Kapitalanlagedelikten89 oder bei psychischen Schäden.90 Gleichwohl werden sie von der Rom II-VO erfasst.

Ein zweites Argument gegen den Einbezug von Ansprüchen aus Vertrauenshaftung in die Rom II-VO ist allgemeinerer Art. Man könnte annehmen, dass Ansprüche aus enttäuschter Leistungserwartung generell nicht außervertraglich zu qualifizieren seien, weil es sich bei Lichte besehen um ein enttäuschtes Versprechen handele, man also die Ansprüche vertraglich qualifizieren sollte.91 Einer solchen Argumentation ist aber im geltenden Recht durch Art. 12 Rom II-VO der Boden entzogen. Dieser zeigt, dass in einem europäisch-autonomen Verständnis auch Ansprüche aus enttäuschter Leistungserwartung (wie etwa beim Abbruch von Vertragsverhandlungen) der Rom II-VO unterfallen. Insofern macht Art. 12 Rom II-VO eine “Qualifikationsvorgabe”,92 die es im geltenden Recht umzusetzen gilt.

Ein letztes Argument stellt die Verbindung zur Entstehungsgeschichte her. Aus dieser soll sich ergeben, dass die Rom II-VO keine umfassende Regelung außervertraglicher Ansprüche schaffen wolle.93 Selbst wenn man dies aber annähme, wäre die Vertrauenshaftung im Kontext der Patronatserklärung von der Rom II-VO erfasst. Bei ihr handelt es sich um einen Anspruch aus culpa in contrahendo im Sinne der Rom II-VO. Zwar spricht ErwG (30) den Sonderfall der Patronatserklärung nicht ausdrücklich an, er integriert aber Ansprüche wegen der Verletzung von Offenlegungspflichten und wegen des Abbruchs von Vertragsverhandlungen in die Rom II-VO. Beides sind Ansprüche wegen eines enttäuschten Vertrauens und ähneln daher der hier besprochenen Konstellation. Die Vertrauenshaftung ist daher als culpa in contrahendo im europäisch-autonomen Verständnis zu verstehen.94 Aber selbst wenn man Art. 12 Rom II-VO nicht für einschlägig hielte, fiele die Vertrauenshaftung unter die Definition der unerlaubten Handlung. Es handelt sich um eine Schadenshaftung, die nicht an einen Vertrag anknüpft.95

Fasst man die Ansprüche unter Art. 12 Rom II-VO, stellt sich die weitere Frage, ob man akzessorisch an einen Vertrag anknüpfen kann (Abs. 1). Das Besondere an der Vertrauenshaftung wegen einer Patronatserklärung ist allerdings – wie bereits herausgearbeitet (III. 1. a)) –, dass der Schadensersatzanspruch in einem Alternativitätsverhältnis zum Ausstattungsanspruch aus der Patronatserklärung steht. Es gibt also gerade keinen Vertrag, an den man anknüpfen könnte, wenn sich der Gläubiger auf enttäuschtes Vertrauen beruft. Dies könnte die akzessorische Anknüpfung ausschließen. Man muss aber beachten, dass Art. 12 Abs. 1 Rom II-VO bei der akzessorischen Anknüpfung gerade genügen lässt, “wenn er [der Vertrag] geschlossen worden wäre”. Dieser Zusatz wird im Kontext der Patronatserklärung nur auf den Vertrag zwischen Gläubiger und Protegé bezogen, an den man – wie bei Art. 4 Abs. 3 Rom I-VO96 – nicht anknüpfen könne, weil es sich um das falsche Verhältnis handele.97 Das überzeugt für Art. 12 Rom II-VO aber nicht. Man kann den Zusatz genauso auf das Verhältnis zwischen Patron und Gläubiger beziehen. Zwischen diesen beiden Parteien ist zwar kein Vertrag zustande gekommen, sie treten aber wie bei Vertragsverhandlungen aus dem Kreis der Allgemeinheit heraus und in eine Sonderverbindung, die entweder mit der bindenden Patronatserklärung in ein Rechtsgeschäft mündet, oder zwar kein Vertrag zustande kommt, aber aus der Sonderverbindung potenziell ein Vertrauen entsteht, das enttäuscht wird. Daher sollte man eine akzessorische Anknüpfung i. S. d. Art. 12 Abs. 1 Rom I-VO zulassen.

3. Sonderfall: Arbeitnehmer und Verbraucher als Gläubiger

Sind wie in ROI Land Investments schutzwürdige Parteien Gläubiger der Patronatserklärung, bietet es sich an, die Grundsätze zum Internationalen Verfahrensrecht auf das Internationale Privatrecht zu übertragen.98 Hierfür streitet nicht nur der Erwägungsgrund (7) der Rom I-VO und der Rom II-VO, sondern auch, dass Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Schutzgerichtsstände bzw. Schutzvorschriften der Rom I-VO übereinstimmen.99 Schließlich zeigt in systematischer Hinsicht Art. 6 Abs. 4 Rom I-VO, der im Vergleich zum Verbrauchergerichtsstand der Brüssel Ia-VO mehr von seinem Anwendungsbereich ausnimmt, dass der europäische Gesetzgeber eine Durchbrechung des Auslegungsgleichlaufs für Schutzvorschriften anordnet, wenn er eine solche für sinnvoll erachtet.

In der Praxis bedeutet die Übertragung der Grundsätze der Brüssel Ia-VO, dass Art. 8 Rom I-VO Anwendung findet, sofern ein Unterordnungsverhältnis zwischen dem Arbeitnehmer und dem Patron besteht. Dieses rechtfertigt die Annahme der Schutzbedürftigkeit im Sinne des Art. 8 Rom I-VO und damit dessen Anwendung.100 Ob ein Unterordnungsverhältnis tatsächlich besteht, ist eine Frage des Einzelfalls. Es kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der Arbeitsvertrag zwar formal mit einer Konzerngesellschaft geschlossen wird, in der Sache aber eine andere Konzerngesellschaft die Arbeitgeberin ist und die Patronatserklärung abgibt.

Die Anwendungsfälle des Art. 6 Rom I-VO sind wie im Kontext der Brüssel Ia-VO seltener, wenn man mit der Rechtsprechung Arbeitnehmer nicht als Verbraucher kategorisiert. Gleichwohl sind – wie oben zum Internationalen Verfahrensrecht dargestellt (III. 1. c)) – Fälle denkbar, in denen im Verhältnis zwischen Gläubiger und Patron Art. 6 Rom I-VO zur Anwendung kommt.

V. Ergebnisse

Die grenzüberschreitende Patronatserklärung wirft einige Probleme der internationalen Zuständigkeit und des Internationalen Privatrechts auf. Diese sind in einer Weise zu lösen, die bei Anwendbarkeit europäischer Rechtsquellen deren Besonderheiten ernst nimmt. Dies führt im Ergebnis dazu, dass im Anwendungsbereich der Brüssel Ia-VO für vertragliche Ansprüche der vertragliche Gerichtsstand offensteht, aber Art. 7 Nr. 1 a) Brüssel Ia-VO Anwendung findet, was die Bestimmung des Erfüllungsorts nach der anwendbaren lex causae erfordert. Auch andere als rechtsgeschäftliche Ausstattungs- bzw. Zahlungsansprüche können grundsätzlich mit am Vertragsgerichtsstand geltend gemacht werden; der Deliktsgerichtsstand bleibt dem Gläubiger demgegenüber weitgehend verschlossen. Es ist aber auch möglich, dass die Parteien das Gericht eines Mitgliedstaates über Art. 25 Brüssel Ia-VO prorogieren. In Sonderkonstellationen kann ferner der arbeitsvertragliche Gerichtsstand zur Anwendung kommen und die anderen Vorschriften der Brüssel Ia-VO verdrängen. Dazu muss aber zwischen Patron und Gläubiger ein “Unterordnungsverhältnis” bestehen. Denkbar ist auch, dass in anderen Sonderkonstellationen der Anwendungsbereich des Verbrauchergerichtsstands eröffnet ist.

Außerhalb des Anwendungsbereichs der Brüssel Ia-VO handelt es sich bei Ansprüchen im Zusammenhang mit Patronatserklärungen ebenfalls grundsätzlich um vertragliche Ansprüche i. S. d. § 29 ZPO. Eine analoge Anwendung des Art. 8 Nr. 1 Brüssel Ia-VO als nationales Recht scheidet aus.

Fragen der Qualifikation grenzüberschreitender Patronatserklärungen werden durch die Europäisierung der Rechtsquellen erleichtert. Für die Qualifikation als vertraglicher Anspruch bedarf es keiner Unterscheidung nach den Kategorien des deutschen Sachrechts. Vielmehr bleibt die Frage, ob eine Pflicht tatsächlich besteht, nach Art. 10 Abs. 1 Rom I-VO eine Frage des anzuwendenden Sachrechts. Sofern der Gläubiger oder der Protegé eine rechtsgeschäftliche Pflicht geltend machen, bestimmt sich das anwendbare Recht daher nach der Rom I-VO. Sofern die Parteien keine Rechtswahl treffen und sofern nicht Art. 6 oder Art. 8 Rom I-VO zur Anwendung kommen, findet grundsätzlich gem. Art. 4 Abs. 2 Rom I-VO das Recht des “gewöhnlichen Aufenthalts” des Patrons Anwendung. Besteht nach dem anwendbaren Sachrecht keine rechtsgeschäftliche Pflicht, richtet sich das auf andere Ansprüche anwendbare Recht nach der Rom II-VO. In deren Rahmen bietet sich eine akzessorische Anknüpfung an den hypothetisch zwischen Patron und Gläubiger geschlossenen Vertrag an, also an eine hypothetisch bestehende rechtsgeschäftlich bindende Patronatserklärung.

PD Dr. Felix Berner, MJur (Oxford)

Akademischer Rat a.Z. am Lehrstuhl für Bürgerliches Recht, Internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung (Prof. Dr. Martin Gebauer), Eberhard-Karls-Universität Tübingen, sowie im Sommersemester 2025 Vertreter des Lehrstuhls für Römisches Recht und Privatrechtsgeschichte sowie Deutsches und Europäisches Privatrecht (Prof. Dr. Nils Jansen) an der Universität Münster.


1

Vgl. insb. Reuter, RIW 2018, 339; Wolf, IPRax 2000, 477.

2

In ausländischen Rechtsordnungen sind funktionale Äquivalente zur Patronatserklärung bekannt, aber nicht notwendig die Entsprechungen zu den deutschen dogmatischen Unterteilungen. Vgl. für das englische Recht bspw. Kleinwort Benson Ltd. v Malaysian Mining Corporation Berhard [1989] 1 W.L.R. 379; Peel, Treitel on Contracts, 15. Aufl. 2020, Rn. 4-024; für das französische Recht Art. 2322 Code civil, sowie bspw. die Kommentierung in Méga Code civil, 2. Band, 2020, Art. 2322 insb. Rn. 102 ff.; mit den dogmatischen Unterteilungen wie im deutschen Recht aber in Österreich, vgl. bspw. Bydlinski, in: Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB, 4. Aufl. 2014, § 1344 Rn. 3; Faber, in: Schwimann/Kodek, ABGB, Band 6, 4. Aufl. 2016, § 1346 Rn. 96 ff.

3

Harnos, in: BeckOGK, Stand: 1. 6. 2024, § 765 BGB Rn. 614 f.

4

E. Wagner, in: Ebenroth/Boujong, HGB, Band 2, 5. Aufl. 2024, Kap. 3. Teil 1. D. Rn. 624 f.; Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 615 (vgl. auch Rn. 615.2 zu anderen Konstellationen, in denen die Patronatserklärung eingesetzt wird); zu den vielen verschiedenen Gründen zur Wahl der Patronatserklärung bspw. Koch, Die Patronatserklärung, 2005, 15 ff., 32 ff.; Wolf, Die Patronatserklärung, 2005, 60 ff.; Kindler, RIW 2007, 488, 488 f.

5

Ausführlich zu den verschiedenen Formen der Patronatserklärung (jeweils m. w. N.) Harnos (Fn.  ), Rn. 614 ff.; Habersack, in: MüKoBGB, 9. Aufl. 2024, vor § 765 BGB Rn. 51 ff.

6

Koch (Fn.  ), 28 f., 78 ff.; E. Wagner (Fn.  ), Kap. 3. Teil 1. D. Rn. 626, 664.

7

Ein direkter Zahlungsanspruch entsteht typischerweise auch bei einer externen Patronatserklärung nicht. Der Gläubiger hat also “nur” einen Anspruch gegen den Patron in dem Sinne, dass der Patron den Protegé mit den nötigen Mitteln ausstattet, vgl. bspw. E. Wagner (Fn.  ), Kap. 3. Teil 1. D. Rn. 627.

8

Bei Insolvenz des Protegé wandelt sich der Anspruch allerdings nach h. M. bei einer externen Erklärungen in einen direkten Zahlungsanspruch, m. w. N. E. Wagner (Fn.  ), Kap. 3. Teil 1. D. Rn. 700.

9

Zu den einzelnen Formen der Haftung bei weicher Patronatserklärung Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 669 ff.; E. Wagner (Fn.  ), Kap. 3. Teil 1. D. Rn. 693 ff.

10

Bspw. Habersack (Fn.  ), vor § 765 BGB Rn. 51.

11

Vgl. so bspw. BGH NZG 2021, 1654 Rn. 18, wenn auch ohne Diskussion potenzieller Gegenargumente. Für eine gesellschaftsrechtliche Qualifikation in dem Fall, dass die Erklärung gegenüber allen Gläubigern abgegeben wird, G. Wagner, in: Stein/Jonas, ZPO, Band 12, 23. Aufl. 2022, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 42.

12

Grundlegend EuGH, 17. 6. 1992 – C-26/91, BeckRS 2004, 75771 Rn. 15 (Handte); hierzu m. w. N. Gebauer, in: Wieczorek/Schütze, ZPO, 14. Band: Brüssel Ia-VO, 5. Aufl. 2022, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 14.

13

Bspw. Gebauer/Berner, in: Gebauer/Wiedmann, Europäisches Zivilrecht, 3. Aufl. 2021, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 7.

14

Vgl. Leible, NJW 2005, 796, 797; Gebauer/Berner (Fn.  ), Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 7; Geimer, in: Geimer/Schütze, Europäisches Zivilverfahrensrecht, 4. Aufl. 2020, Art. 7 EuGVVO Rn. 69 f.; Mankowski, in: Magnus/Mankowski, European commentaries on private international law – ECPIL, 2. Aufl. 2023, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 51 ff., 196. Dogmatisch wird die Einbeziehung teilweise dahingehend umgesetzt, dass der Begriff “Vertragsgerichtsstand” eigentlich fehlgehe, sondern es ein “Rechtsgeschäftsgerichtsstand” sei, vgl. bspw. Mörsdorf-Schulte, JZ 2005, 770, 774 f.

15

Für das Argument Geimer (Fn.  ) Art. 7 EuGVVO Rn. 70.

16

EuGH, NJW 2005, 811 Rn. 55 (Engler). Übereinstimmende Einschätzung der EuGH-Entscheidung bei Leible, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Band 5: Brüssel Ia-VO, 5. Aufl. 2021, Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 31: “Zum gleichen Ergebnis gelangt letztlich auch der EuGH, da er zwar stets eine ‘Annahmeerklärung’ verlangt, hierfuär aber die Einforderung der Leistung genuägen lässt.”

17

Vgl. EuGH, EuZW 2014, 181 Rn. 37 (Corman-Collins).

18

Statt aller Stadler/Krüger, in: Musielak/Voit, ZPO, 22. Auflage 2025, Art. 7 EuGVVO Rn. 9.

19

Man kann sich zudem Gedanken darüber machen, ob es sich um einen “entgeltlichen” Vertrag handelt. Hier wird man aber wohl annehmen dürfen, dass zumindest in den allermeisten Fällen der Patronatserklärung ein wirtschaftlicher Wert gegenübersteht, zumindest in diese Richtung auch Pika, IPRax 2022, 159, 162. Das sollte für den Entgeltbegriff i. S. d. europäischen Dienstvertrags genügen (so bspw. Mankowski (Fn.  ), Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 117).

20

EuGH, 15. 6. 2017 – C-249/16, BeckRS 2017, 113096 Rn. 34 ff. (Kareda); wegen des eigentlich vorausgesetzten Tätigkeitselements kritisch bspw. Lubrich, LMK 2017, 394823.

21

Zu dem Begriff und seinen verschiedenen Bedeutungen m. w. N. Berner, Das Utilitätsprinzip im System zivilrechtlicher Haftung, 2025, 211 f.

22

EuGH, 15. 6. 2017 – C-249/16, BeckRS 2017, 113096 Rn. 36 (Kareda).

23

Pika, IPRax 2022, 159, 161 f.

24

So auch die h. M., bspw. BGH, NZG 2021, 1654 Rn. 20; offengelassen allerdings noch in OLG Brandenburg NZG 2021, 206 Rn. 20 ff.

25

Im Kontext der Patronatserklärung zur Brüssel I-VO LG Düsseldorf, 11. 1. 2005 – 16 O 201/04, BeckRS 2007, 5099. Vgl. allgemein zum Erfordernis der Bestimmung des Erfüllungsorts nach dem anwendbaren Recht Gebauer/Berner (Fn.  ), Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 10 (m. w. N.).

26

Für die h. M. bspw. BGH, NZG 2021, 1654 Rn. 25; a. A. Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 688. Für eine Prüfung der Umstände des Einzelfalls vgl. LG Düsseldorf, 11. 1. 2005 – 16 O 201/04, BeckRS 2007, 5099.

27

Bspw. EuGH, NJW 2021, 144 Rn. 23 (Wikingerhof).

28

Grundlegend EuGH, NJW 2014, 1648 (Brogsitter).

29

EuGH, NJW 2021, 144 Rn. 32 (Wikingerhof).

30

Hierzu noch unter IV. 2.

31

Art. 7 Nr. 1 lit. a) Brüssel Ia-VO lässt einen Vorgriff auf das anwendbare Recht auch nur für die Frage des Erfüllungsorts zu, vgl. hierzu Gebauer (Fn.  ), Art. 7 Brüssel Ia-VO Rn. 32.

32

Zu der Frage, ob ein Gerichtsstand des Sachzusammenhangs auch bei Beteiligung von Drittstaatenbeklagten möglich ist, vgl. III. 2.

33

EuGH, NJW 2023, 29 (ROI Land Investments).

34

Vgl. für den Sachverhalt EuGH, 20. 10. 2022 – C-604/20, BeckRS 2022, 28052 Rn. 14 ff. (ROI Land Investments), oder die Zusammenfassung in EuGH, NJW 2023, 29, 29 f.

35

Vgl. insofern BAG, NZA 2023, 1265 Rn. 23.

36

EuGH, NJW 2023, 29 Rn. 32 (ROI Land Investments).

37

EuGH, NJW 2023, 29 Rn. 32 (ROI Land Investments); BAG, NZA 2023, 1265 Rn. 22 ff.

38

BAG, NZA 2023, 1265 Rn. 24; kritisch hinsichtlich dieser Annahme Krebber, EuZA 2023, 312, 320 f.

39

BAG, NZA 2023, 1265 (Orientierungssätze der Richterinnen und Richter des BAG).

40

Bspw. Junker, IPRax 2024, 196, 199; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2023, 109, 126.

41

Junker, IPRax 2024, 196, 198 f.; Mansel/Thorn/Wagner, IPRax 2023, 109, 125 f.; Rieländer, RIW 2024, 1, 4 f.

42

Vgl. insofern bspw. ErwG (15).

43

Vgl. mutatis mutandis so bereits Berner, RabelsZ 87 (2023), 236, 258 f.

44

Für das Argument Imping, IWRZ 2023, 92, 92.

45

Für das Argument Spohnheimer, in: BeckOK ZPO, 55. Ed. 1. 12. 2024, Art. 20 Brüssel Ia-VO Rn. 23.1 f.

46

EuGH, NJW 2023, 29 Rn. 52 ff. (ROI Land Investments); aus der Literatur bspw. Nordmeier, in: Thomas/Putzo, ZPO, 46. Auflage 2025, Art. 17 EuGVVO Rn. 2.

47

Vgl. bspw. LAG Baden-Württemberg, 15. 8. 2018 – 4 Sa 6/18, BeckRS 2018, 24331 Rn. 58 ff.; Junker, EuZA 2021, 235, 236 ff.; kritisch auch noch ders., IPRax 2024, 196, 200.

48

Der Wert der Transaktion ist für die Kategorisierung als Verbrauchervertrag irrelevant, vgl. bspw. Geimer, in: Zöller, Zivilprozessordnung, 35. Auflage 2024, Art. 17 Brüssel Ia-VO Rn. 5g (m. w. N.).

49

Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 690. Die Abgrenzung von Vertrag und Delikt formuliert der EuGH für Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO zwar ein wenig anders als bei Art. 7 Brüssel Ia-VO (der deliktische Anspruch muss bei Art. 17 Brüssel Ia-VO “untrennbar mit einem zwischen dem Verbraucher und dem Gewerbetreibenden tatsächlich geschlossenen Vertrag verbunden” sein, vgl. EuGH, 2. 4. 2020 – C-500/18, BeckRS 2020, 4829 Rn. 73 [Reliantco]), daraus ergeben sich aber keine für die hiesigen Zwecke relevanten Unterschiede. Die unter III. 1. a) entwickelten Grundsätze können daher für die Abgrenzung von Vertrag und Delikt auf die Art. 17 ff. Brüssel Ia-VO bzgl. Patronatserklärungen übertragen werden.

50

Für ein Beispiel hinreichender Bestimmtheit im Kontext der Patronatserklärung BGH, 15. 6. 2021 – II ZB 35/20, BeckRS 2021, 17156 Rn. 54 ff.

51

Auch wenn die Tatsache, dass die Parteien eine Gerichtsstandsvereinbarung treffen, sicher ein Seriositätsindiz sein kann, vgl. hierzu unter Fn.  .

52

Vgl. hierzu und zu den Erfordernissen an eine wirksame Einbeziehung Gottwald, in: MüKoZPO, 6. Aufl. 2022, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 32; Gebauer/Berner (Fn.  ), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 8.

53

KG, EuZW 2021, 596 Rn. 70.

54

So bspw. Stadler/Krüger (Fn.  ), Art. 25 EuGVVO Rn. 9; Gottwald (Fn.  ), Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 29.

55

BGH, ZVertriebsR 2017, 126; ebenso bspw. Mankowski, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Band 5: Brüssel Ia-VO, 5. Aufl. 2021, Art. 25 Brüssel Ia-VO Rn. 127 ff.

56

Vgl. bspw. Dörner, LMK 2017, 388798.

57

Haß, IPRax 2000, 494, 495.

58

Vgl. Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 687; Haß, IPRax 2000, 494, 496.

59

Vgl. den Wortlaut von Art. 6 Abs. 1 Abs. 1 Brüssel Ia-VO. Dasselbe gilt für die “stillschweigende Zuständigkeitsvereinbarung” durch eine rügelose Einlassung. Auch hier kommt Art. 26 Brüssel Ia-VO zur Anwendung, vgl. BGH, NJW 2023, 3013 Rn. 7 ff. (eingestuft als acte claire, vgl. Rn. 12); Gebauer/Berner (Fn.  ), Art. 26 Brüssel Ia-VO Rn. 2.

60

Haftet der Patron im Einzelfall nicht nur vertragsähnlich, sondern – beispielsweise wegen vorsätzlich sittenwidriger Schädigung (vgl. für diese Möglichkeit E. Wagner (Fn.  ), Kap. 3. Teil 1. D. Rn. 697) – auch deliktisch, können selbstverständlich konkurrierende Ansprüche bestehen. Bei solchen handelt es sich aber nicht mehr um Ansprüche aus der Patronatserklärung, sondern sie gründen sich auf andere Sachverhaltselemente, im Beispiel auf die vorsätzliche sittenwidrige Schädigung.

61

Vgl. im Überblick zu weichen Patronatserklärungen i. S. d. deutschen Sachrechts bspw. Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 669 ff., 678; Reuter, RIW 2018, 337, 341 (bei beiden auch zu anderen Ansichten, die selbst bei weichen Patronatserklärungen eine vertragliche Haftung annehmen).

62

Bspw. BGH, 18. 11. 2009 – IV ZR 36/09, BeckRS 2010, 4916; Heinrich, in: Musielak/Voit, 22. Auflage 2025, § 29 ZPO Rn. 4; Schultzky, in: Zöller, ZPO, 35. Auflage 2024, § 29 ZPO, Rn. 6; anders allerdings Toussaint, in: BeckOK ZPO, 55. Ed. 1. 3. 2025, § 29 ZPO Rn. 12 ff.

63

Sie kennt insbesondere den dinglichen Gerichtsstand des Sachzusammenhangs, vgl. § 25 ZPO.

64

Einer analogen Anwendung des Art. 8 Nr. 1 Brüssel Ia-VO hat der EuGH selbst in dem Fall eine Absage erteilt, dass der Ankerbeklagte seinen Wohnsitz in einem Mitgliedstaat hat, vgl. EuGH, NJW 2013, 1661 Rn. 49 ff. (Sapir); kritisch bspw. Gebauer/Berner (Fn.  ), Art. 8 Brüssel Ia-VO Rn. 4.

65

So Frank-Fahle, ZfBR 2018, 107, 110; Pfeiffer, in: Prütting/Gehrlein, ZPO, 16. Auflage 2024, Art. 8 Brüssel Ia-VO, Rn. 4 (“jedenfalls” in Fällen notwendiger Streitgenossenschaft).

66

Vgl. hierzu auch Berner, IPRax 2024, 471, 475.

67

Vgl. zu den Besonderheiten der Qualifikation im Kontext des europäischen Rechts insb. Berner, RabelsZ 87 (2023), 236.

68

Reuter, RIW 2018, 339, 343 ff.

69

Reuter, RIW 2018, 339, 343.

70

Für eine Ausnahme Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 685 f., der ebenfalls zwischen den Formen der Patronatserklärung differenziert.

71

Vgl. bspw. Ferrari, in: Ferrari, Internationales Vertragsrecht, 3. Aufl. 2018, Art. 4 Rom I-VO Rn. 154; Piltz, in: MAH Internationales Wirtschaftsrecht Teil C. Internationales Privatrecht, 2017, § 6 Rn. 505; Köhler, in: BeckOGK, Stand: 1. 12. 2024, Art. 4 Rom I-VO Rn. 529.

72

Dafür, dass dies den Maßstab für den europäisch-autonomen Vertragsbegriff bildet, vgl. III. 1. a).

73

Speziell im Kontext der Rom I-VO statt vieler Martiny, in: MüKoBGB, 9. Aufl. 2025, Art. 1 Rom I-VO Rn. 8; Leible, in: NK, Band 6, 4. Aufl. 2024, Art. 1 Rom I-VO Rn. 8.

74

Reuter, RIW 2018, 339, 343.

75

Selbst bei der Beteiligung öffentlicher Stellen werden diese im Kontext der Patronatserklärung wohl häufig keine hoheitlichen Rechte ausüben, weshalb auch bei einer solchen Beteiligung der Anwendungsbereich der Rom I-VO eröffnet sein dürfte (zur Abgrenzung i. S. d. Art. 1 Rom I-VO vgl. bspw. Martiny (Fn.  ), Art. 1 Rom I-VO Rn. 6). Der Fall soll hier aber als Sonderfall außen vor bleiben.

76

Pika, IPRax 2022, 159, 163.

77

In den Sonderfällen können die unter III. entwickelten Grundsätze entsprechend der Vorgabe einer gleichlaufenden Auslegung (ErwG (7) Rom I-VO) übertragen werden.

78

Existiert eine Rechtswahl (oder eine Gerichtsstandsvereinbarung) ist auch zu prüfen, ob im gewählten Recht eine Rechtswahl ein Seriositätsindiz bildet und man daher eher einen Rechtsbindungswillen des Patrons annehmen kann, vgl., wenn auch eventuell ein wenig zu weit gehend in der Formulierung, Wolf (Fn.  ), 224 ff.; ders., IPRax 2000, 477, 481, der stets ein Seriositätsindiz annimmt, ohne den Wert dieser Annahme dem eigentlich anzuwendenden Recht zu überlassen. Vgl. für das deutsche Sachrecht zu einer Rechtswahl oder einer Gerichtsstandsvereinbarung als Seriositätsindiz Koch (Fn.  ), 374; Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 618.

79

Für diese Aussage im Kontext der Rom I-VO vgl. Reuter, RIW 2018, 339, 344; Martiny (Fn.  ), Art. 4 Rom I-VO Rn. 247; Ferrari (Fn.  ), Art. 4 Rom I-VO Rn. 154; Thorn, in: Rauscher, Europäisches Zivilprozess- und Kollisionsrecht, Band 3: Rom I-VO, Rom II-VO, 5. Aufl. 2023, Art. 4 Rom I-VO Rn. 117.

80

Ferrari (Fn.  ), Art. 4 Rom I-VO Rn. 154; Leible (Fn.  ), Art. 4 Rom I-VO Rn. 156; Finkelmeier, EuZW 2021, 606, 607; Piltz (Fn.  ), § 6 Rn. 505. Anders als im Europäischen Zuständigkeitsrechts macht die Einordnung im Rahmen der Rom I-VO allerdings keinen Unterschied, weil auch bei der Einordnung als Dienstvertrag Art. 4 Abs. 1 b) Rom I-VO das Recht des Dienstleisters, hier also das Aufenthaltsrecht des Patrons beruft, vgl. auch Reuter, RIW 2018, 339, 344 f.

81

Spickhoff, in: BeckOK BGB, 72. Ed. 1. 8. 2024, Art. 4 Rom I-VO Rn. 75.

82

Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 685.

83

Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 685; Köhler (Fn.  ), Art. 4 Rom I-VO Rn. 529; für das EVÜ so bereits Wolf, IPRax 2000, 477, 482.

84

Vgl. für den vergleichbaren Fall der Gefälligkeit Berner, IPRax 2025, i. E.

85

Anderer Auffassung sind alle diejenigen, die Wikingerhof überhaupt nicht auf die Abgrenzung zwischen Rom I-VO und Rom II-VO übertragen möchten, vgl. bspw. Paulus, in: BeckOGK, Stand: 1. 3. 2024, Art. 1 Rom I-VO Rn. 32.

86

Reuter, RIW 2018, 339, 346 f.; vgl. allgemein bereits Stoll, FS Apostolos Georgiades, 2006, 941, 952 ff.

87

Reuter, RIW 2018, 339, 346 f.

88

Mutatis mutandis gegen das Argument bereits Mankowski, RIW 1994, 421, 424.

89

Vgl. hierzu nur die unübersehbare Fülle an Entscheidungen zum Erfolgsort im Sinne des Brüsseler Regimes, statt vieler EuGH, NJW 2015, 1581 (Kolassa).

90

Hierzu im Kontext des Art. 4 Rom II-VO EuGH, NJW 2016, 466 (Lazar).

91

Vgl. so (vor Anwendung der Rom-Verordnungen) Stoll, FS Apostolos Georgiades, 2006, 941, 953 f.

92

Zum Konzept der Qualifikationsvorgaben des europäischen Kollisionsrechts vgl. insb. Berner, RabelsZ 87 (2023), 236.

93

M. w. N. Reuter, RIW 2018, 339, 346.

94

Allgemein zur Subsumtion der Vertrauenshaftung unter den europäisch-autonomen Begriff der culpa in contrahendo bspw. Lüttringhaus, RIW 2008, 193, 198; Junker, FS Rolf Stürner, Band 2, 2013, 1043, 1050 f.

95

Aus diesem Grund für eine Anknüpfung der Vertrauenshaftung in Folge einer weichen Patronatserklärung nach Art. 4 Rom II-VO Harnos (Fn.  ), § 765 BGB Rn. 686.

96

Hierzu unter IV. 1.

97

Bspw. Reuter, RIW 2018, 339, 347.

98

Hierfür BAG, NZA 2023, 1265 Rn. 34; Martiny (Fn.  ), Art. 8 Rom I-VO Rn. 26; Temming, in: NK, BGB, Band 6, 4. Aufl. 2024, Art. 8 Rom I-VO Rn. 7.

99

Dem BAG zufolge spricht ferner für den Gleichlauf, dass sowohl dem Arbeitsgerichtsstand als auch Art. 8 Rom I-VO der Arbeitnehmerbegriff des Art. 45 AEUV zugrunde liege, BAG, NZA 2023, 1265 Rn. 34.

100

Martiny (Fn.  ), Art. 8 Rom I-VO Rn. 26.