Prof. Dr. Stefan Stolte, RA
Die Vergütung von Stiftungsorganen – Zulässigkeit, Angemessenheit und Sozialversicherungspflicht
Der praxisorientierte Beitrag behandelt die von der jüngeren Rechtsprechung thematisierten Fragestellungen rund um die Vergütung von Stiftungsorganen: Unter welchen Voraussetzungen können die Mitglieder der Organe einer Stiftung i. S. d. §§ 80 ff. BGB (rechtsfähige Stiftung des bürgerlichen Rechts) grundsätzlich eine Vergütung erhalten? Welche Aufgaben dürfen ehrenamtliche Stiftungsorgane auf Kosten der Stiftung auf Dritte auslagern? Wonach bemisst sich die Angemessenheit der Höhe einer Vergütung von Stiftungsorganen? Wie ist die Vergütung steuerlich und sozialversicherungsrechtlich zu behandeln?
I. Zulässigkeit der Vergütung von Organmitgliedern
1. Grundsatz der Unentgeltlichkeit, § 84a Abs. 1 S. 2 BGB
a) Anwendungsbereich § 84a Abs. 1 S. 2 BGB: Geltung nicht nur für gemeinnützige Stiftungen
Nach § 84a Abs. 1 S. 2 BGB sind die Organmitglieder einer Stiftung grundsätzlich unentgeltlich tätig,1 wobei dieser Grundsatz für gemeinnützige Stiftungen und nicht gemeinnützige, also insbesondere auch Familienstiftungen gleichermaßen gilt. Denn der Anwendungsbereich des § 84a Abs. 1 S. 2 BGB ist nach seinem Wortlaut nicht auf gemeinnützige Stiftungen beschränkt. Dass auch die Stiftungsorgane von Familienstiftungen nach dem gesetzlichen Normalstatut grundsätzlich unentgeltlich tätig sind, erscheint kontraintuitiv und vermag auch rechtspolitisch nicht zu überzeugen, ist aber de lege lata zu beachten. Dass die Mitglieder der Organe rechtsfähiger Stiftungen grundsätzlich unentgeltlich tätig sein sollen, ergab sich bis zum Inkrafttreten des Ehrenamtsstärkungsgesetz im Jahr 20132 nach – allerdings umstrittener3 – Auffassung aus dem damaligen Verweis des Stiftungsrechts auf § 27 Abs. 3 BGB a. F., der allerdings seinerseits nur auf die §§ 664 ff. BGB, und damit eben nicht ausdrücklich auf den in § 662 BGB enthaltenen auftragsrechtlichen Grundsatz der Unentgeltlichkeit verwiesen hatte. Dennoch wurde damals vielfach vertreten, die Verweisung auf § 670 BGB sei so zu lesen, dass der Vereinsvorstand zwar Auslagenersatz, aber eben auch nicht mehr erhalten solle.4 Dieser Auffassung schloss sich der Gesetzgeber mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz an, indem § 27 Abs. 3 S. 2 BGB vorsah: “Die Mitglieder des Vorstands sind unentgeltlich tätig.”5 Ausweislich der Begründung zum Ehrenamtsstärkungsgesetz sollte es das bürgerschaftliche Engagement stärken und sah diverse Erleichterungen für gemeinnützige Körperschaften vor. Der mit der Stiftungsrechtsreform 2023 eingeführte § 84a Abs. 1 S. 2 BGB übernimmt den Grundsatz der Unentgeltlichkeit – augenscheinlich unreflektiert – für alle rechtsfähigen Stiftungen, also auch solche, die nicht dem Bereich des bürgerschaftlichen Engagements zuzuordnen sind.
b) Wer ist “Organmitglied” i. S. d. § 84a BGB?
Der persönliche Anwendungsbereich des § 84a BGB umfasst nicht nur die Mitglieder des Stiftungsvorstands, sondern auch etwaige weitere in der Stiftungssatzung vorgesehene Organe i. S. d. § 84 Abs. 4 BGB, wie den Stiftungsrat und den “besonderen Vertreter”, d. h. auch einen etwaigen Stiftungsgeschäftsführer.6 Die Erstreckung der grundsätzlichen Unentgeltlichkeit auf besondere Vertreter dürfte in der Praxis zumeist nicht interessengerecht sein, insbesondere im Falle eines ehrenamtlichen Vorstands, der das laufende Stiftungsmanagement auf einen – im Zweifel gegen Entgelt tätigen – Stiftungsgeschäftsführer delegieren will. Hier ist es ratsam, dass die Satzung von vornherein die Möglichkeit vorsieht, ein hauptamtliches Vorstandsmitglied oder eine hauptamtliche Geschäftsführung zu bestellen.7
§ 84a Abs. 1 S. 2 BGB ist ausschließlich anwendbar auf die Mitglieder der Stiftungsorgane im Zusammenhang mit deren organschaftlichen Aufgaben. Der Beschäftigung von Mitarbeitern gegen Entgelt und Delegation von Aufgaben auf diese steht § 84a Abs. 1 S. 2 BGB nicht grundsätzlich entgegen.
c) Begriff der “Unentgeltlichkeit”
Mit “unentgeltlich” meint § 84a Abs. 1 S. 2 BGB, dass die Organmitglieder keine Entlohnung für den von ihnen geleisteten Zeitaufwand bzw. keine “Entschädigung” für den Einsatz ihrer Arbeitskraft erhalten.8 Irreführend mag für den Rechtsanwender in diesem Zusammenhang der Begriff der “Ehrenamtspauschale” erscheinen. Die in § 3 Nr. 26a EStG enthaltene Regelung, wonach Einkünfte u. a. als Organmitglied einer Stiftung einkommensteuerfrei sind, wenn sie nur bis zu 840 € pro Jahr betragen, ist keine Ausnahme von § 84a Abs. 1 S. 2 BGB. Mit anderen Worten: Auch ein Stiftungsvorstand, der als Vergütung die “Ehrenamtspauschale” erhält, ist deswegen nicht im Sinne des § 84a Abs. 1 S. 2 BGB “unentgeltlich” tätig, obgleich im allgemeinen Sprachgebrauch die Begriffe “unentgeltlich” und “ehrenamtlich” zumeist synonym verwandt werden.9 Keine Vergütung im Sinne von § 84a Abs. 1 S. 2 BGB ist hingegen die Erstattung tatsächlich angefallener und erforderlicher Auslagen, wie etwa Reisekosten, Büromaterial etc. Auch unentgeltlich tätige Organmitglieder haben – unabhängig von einer etwaigen Gemeinnützigkeit der Stiftung10 – einen entsprechenden Erstattungsanspruch, der sich – auch ohne ausdrückliche Satzungsbestimmung – bereits aus dem Auftragsrecht (§ 670 BGB) ergibt, auf das § 84a Abs. 1 S. 1 BGB verweist. Die Erstattung von Auslagen ist nach § 3 Nr. 50 EStG einkommensteuerfrei, wenn das Organmitglied sie entweder im eigenen Namen oder namens der Stiftung, aber im Innenverhältnis jedenfalls auf Rechnung der Stiftung verauslagt hat, sie von der Stiftung veranlasst oder gebilligt werden und das Organmitglied nur ein geringes oder gar kein eigenes Interesse hat, die Ausgabe das Organmitglied selbst also nicht bereichert.
d) Umgehung von § 84a Abs. 1 S. 2 BGB durch Delegation von Geschäftsführungsaufgaben?
Auch ein ehrenamtlicher Vorstand darf sich entgeltlichen – auch externen – Rates bedienen,11 und auch entgeltliche Dienstleistungen im Rahmen der Stiftungsverwaltung (z. B. Buchhaltung, Vermögensverwaltung etc.) beziehen, also etwa den Jahresabschluss durch einen Steuerberater erstellen lassen, sich rechtlichen Rat holen, das Stiftungsvermögen gegen Entgelt verwalten lassen etc.12 Als Umgehung u. a. des Grundsatzes der Unentgeltlichkeit hat es allerdings jüngst das OLG Brandenburg13 bewertet, wenn ein Vereinsvorstand Geschäftsführungstätigkeiten, und zwar insbesondere Verwaltungs- und Organisationsaufgaben “weitreichend” und gegen Entgelt an einen Dritten delegiert. Der Grundsatz der Unentgeltlichkeit ziele erkennbar darauf, den Verein nicht mit Entgelten für die von den Vorstandsmitgliedern für die Erfüllung der Aufgaben aufgewandte Arbeitszeit zu belasten. Sie verbiete daher nicht nur die unmittelbare Vergütung des Vorstands, sondern auch Vertragsgestaltungen, die zur Begründung eines Entgeltanspruchs gegen den Verein für nach der Satzung vom Vorstand zu erbringende Tätigkeiten führen. Übertragen auf Stiftungen würde dies bedeuten, dass jedenfalls eine weitreichende Auslagerung von Aufgaben der Organisation und Verwaltung auf einen Dienstleister stiftungsrechtlich nur dann zulässig wäre, wenn die Satzung u. a.14 eine Vergütungsermächtigung nach § 84a Abs. 1 S. 3 BGB enthält. In der Praxis ist es aber gerade für ehrenamtlich tätige Stiftungsvorstände wichtig bzw. überhaupt erst Geschäftsgrundlage für die Übernahme einer ehrenamtlichen Vorstandposition, das laufende Stiftungsmanagement möglichst umfassend auf einen Dienstleister übertragen zu können. Insoweit dürfte das Urteil des OLG Brandenburg aus Sicht ehrenamtlicher Stiftungsvorstände ebenso wie professioneller Stiftungsverwalter, deren Geschäftsmodell gerade in der Vollverwaltung von Stiftungen besteht, irritieren. Soweit ersichtlich, handelt es sich allerdings um ein Urteil, das in besonderer Weise durch die Umstände des Einzelfalls geprägt ist. Denn in dem entschiedenen Fall bestand eine am Umsatz bemessene, aber summenmäßig unbegrenzte Vergütungsabrede, und hinzukam, dass eine personelle Überschneidung in den Geschäftsführungsorganen der gemeinnützigen Körperschaft – hier ein Verein – und des externen Dienstleisters bestand. Insoweit kamen Fragestellungen rund um § 181 BGB, die gemeinnützigkeitsrechtliche Angemessenheit der Vergütung und § 27 Abs. 3 S. 2 BGB zusammen, sodass der vom OLG Brandenburg beurteilten Konstellation die Umgehung gleich mehrerer Grundsätze wohl geradezu “auf die Stirn geschrieben gestanden” haben dürfte.
Aber auch grundsätzlich ist der Argumentation des OLG Brandenburg zu widersprechen. § 27 Abs. 3 S. 2 BGB respektive § 84a Abs. 1 S. 2 BGB treffen keine Aussage dahingehend, dass Organmitglieder gar keine Aufgaben delegieren können, sondern verweisen auf § 664 BGB, der in Abs. 1 S. 3 eine Einschaltung von “Gehilfen” ausdrücklich gestattet, soweit nicht die Ausführung des Auftrags (insgesamt) verlagert wird. Grundsätzlich begründet das Prinzip des persönlichen Vertrauens, durch welches das Auftragsrecht geprägt ist, ein Substitutionsverbot.15 Danach ist eine Delegation der gesamten Vorstandspflichten unzulässig.16 Das bedeutet aber zugleich, dass es im pflichtgemäß auszuübenden Ermessen der Stiftungsorgane verbleibt, welche Aufgaben sie selbst erledigen, und welche Aufgaben – etwa die Erstellung des Jahresabschlusses, die verwaltungsmäßige Abwicklung von Beschlüssen etc. – sie auslagern.17 Dies findet seine Grenze dort, wo Aufgaben aus rechtlichen Gründen zwingend beim Vorstand verbleiben müssen18 und soweit die originären Leitungsaufgaben des Vorstands substituiert würden.19 Auch treffen § 27 Abs. 3 S. 2 BGB respektive § 84a Abs. 1 S. 2 BGB keine Aussage dahingehend, dass Aufgaben nicht gegen Entgelt delegiert werden dürfen; im Gegenteil: die ausdrückliche Verweisung auf § 670 BGB zeigt, dass die Organe von Stiftungen und Vereinen den Umständen nach für erforderlich gehaltene Aufwendungen bei der Ausführung des Auftrags machen können und der Verein bzw. die Stiftung diese zu tragen hat. Für die Praxis bedeutet dies, dass auch ehrenamtlich tätige Stiftungsorgane Verwaltungsaufgaben gegen Entgelt auslagern dürfen, soweit sie damit nicht de facto die Leitung der Stiftung abgeben.
e) Umgehung von § 84a Abs. 1 Nr. 2 BGB durch (Berater-)Verträge mit Organmitgliedern?
Wird ein nach § 84a Abs. 1 S. 2 BGB unentgeltlich tätiges Mitglied eines Stiftungsorgans von der Stiftung gegen Entgelt und aufgrund gesonderter Vereinbarung mit der Erbringung von Leistungen beauftragt (z. B. Rechtsberatung, Steuerberatung, Strategieberatung, Anlageberatung oder sonstige Leistungen etc.) so stellt sich die Frage, ob dies mit dem stiftungsrechtlichen Grundsatz der Unentgeltlichkeit kollidiert. Beauftragt beispielsweise eine Denkmalschutzstiftung eines ihrer satzungsgemäß unentgeltlich tätigen Stiftungsratsmitglieder, das hauptberuflich ein Architekturbüro leitet, mit der der Planung und Durchführung der umfassenden und mehrjährigen Sanierung einer unter Denkmalschutz stehenden Kapelle, so leuchtet ein, dass diese Architektenleistung nicht zu den organschaftlichen Pflichten als Stiftungsrat gehört. Soweit – vor dem Hintergrund, dass es sich hier um ein related party-Geschäft handelt – nachvollziehbar dokumentiert wird, dass die Beauftragung zu marktüblichen Konditionen erfolgte, liegt hier kein Verstoß gegen gemeinnützigkeitsrechtliche Bestimmungen sowie gegen § 84a Abs. 1 Nr. 2 BGB vor.20
Schwieriger zu beurteilen ist in der Praxis zuweilen der Abschluss von Beraterverträgen mit ehrenamtlichen Organmitgliedern, soweit der konkrete Beratungsgegenstand nicht ausreichend “greifbar” ist. Beauftragt eine Stiftung, deren Stiftungsratsmitglieder nach der Satzung ehrenamtlich tätig sind, diese oder deren Beratungsgesellschaft mit hochspezialisierten Sonderaufgaben, und fallen diese nicht in den satzungsgemäßen Aufgabenbereich des Stiftungsrats, so liegt auch hier kein Verstoß gegen § 84a Abs. 1 S. 2 BGB vor. Denn die gegen Entgelt erbrachte Leistung betrifft hier ein Fachgebiet, das eine gewisse “Beratungstiefe” erfordert, und das nicht unter die Beratungsgegenstände fällt, die aufgrund der Organmitgliedschaft ohnehin geschuldet sind. Mit anderen Worten: Auch ein satzungsgemäß unentgeltlich tätiges Organmitglied kann gegen Entgelt von der Stiftung mit Beratungsleistungen beauftragt werden, soweit diese klar vom Aufgabenbereich des jeweiligen Stiftungsorgans abgrenzbar sind bzw. darüber hinausgehen. Der Abschluss eines inhaltlich nicht näher eingegrenzten “Beratervertrags” wäre hingegen unzulässig, weil dadurch Sonderzuwendungen an Organmitglieder (auch) für solche Aufgaben geleistet würden, die sie in ihrer Eigenschaft als Organmitglied ohnehin schulden. Insoweit können zur Abgrenzung diejenigen Maßstäbe entsprechend herangezogen werden, welche die Rechtsprechung zur Genehmigungsfähigkeit von Beraterverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern entwickelt hat.21
2. Satzungsvorbehalt nach § 84a Abs. 1 S. 3 BGB
a) Hinreichend klare Satzungsregelung
Nach § 84a Abs. 1 S. 3 BGB ist die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit der Stiftungsorgane allerdings dispositiv, d. h. durch eine Satzungsbestimmung kann § 84a Abs. 1 S. 2 BGB abbedungen werden. Diese Satzungsbestimmung muss hinreichend klar sein, und eine Vergütung dem Grunde nach für zulässig erklären, wohingegen eine genaue Festlegung der Vergütung in der Satzung bzw. etwaig anzuwendender Bemessungsgrundlagen nicht erforderlich ist.22 Eine übliche Formulierung in diesem Zusammenhang ist: “Der Vorstand ist grundsätzlich ehrenamtlich für die Stiftung tätig. Ihm dürfen keine Vermögensvorteile zugewendet werden. Die ihm nachweislich entstandenen angemessenen Auslagen und Aufwendungen können nach Maßgabe eines entsprechenden Kuratoriumsbeschlusses erstattet werden. Abweichend vom vorstehenden Grundsatz kann das Kuratorium für den Vorstand eine angemessene Vorstandsvergütung beschließen, wenn die Mittel der Stiftung dies zulassen, der Aufgabenumfang dies rechtfertigt, und die Steuerbegünstigung der Stiftung hierdurch nicht gefährdet wird.”
Widersprüchlich wäre hingegen die Formulierung “die Mitglieder des Vorstandes sind ehrenamtlich tätig. Die Stiftung erstattet ihnen ihre notwendigen Auslagen und gewährt eine angemessene Aufwandsentschädigung”, denn die Rechtsprechung23 setzt die Begriffe “ehrenamtlich” und “unentgeltlich” in diesem Zusammenhang gleich; diese Satzungsbestimmung ist dann aufgrund ihrer inhaltlichen Widersprüchlichkeit unwirksam.24
Die von steuerbegünstigten Stiftungen zu beachtende steuerliche Mustersatzung (Anlage 1 zu § 60 AO) enthält die Festlegung, dass “keine Person eine unverhältnismäßig hohe Vergütung erhalten darf”. Folglich findet sich diese Formulierung in einer großen Vielzahl aktueller Stiftungssatzungen. Soweit man aus diesem Wortlaut den Umkehrschluss ziehen wollte, dass eine Vergütung grundsätzlich erlaubt sein soll, soweit sie nur nicht unverhältnismäßig ist, würde diese Auslegung erkennbar gegen den Sinn und Zweck dieser Regelung verstoßen. Denn die steuerliche Mustersatzung soll der Durchsetzung der Grundsätze der Selbstlosigkeit und Ausschließlichkeit (§§ 55, 56 AO) dienen, und eben nichts am gesetzgeberischen Leitbild der Ehrenamtlichkeit ändern.
b) Nachträgliche Erlaubnis einer Vergütung mittels Satzungsänderung
Nicht erst aufgrund der Bestimmung des § 84a Abs. 1 S. 2 BGB, sondern bereits aufgrund des mit dem Ehrenamtsstärkungsgesetz eingeführten Satzungsvorbehaltes im Jahr 2013 stellt sich für diejenigen Stiftungen, in deren Satzung die Zulässigkeit einer Organvergütung nicht bzw. nicht ausreichend eindeutig vorgesehen ist, die Frage nach der Möglichkeit einer entsprechenden Satzungsänderung. Bei jeder Satzungsänderung ist nach § 83 Abs. 2 BGB der objektivierte Stifterwille zu beachten. Ist in einer Stiftungssatzung gar keine Bestimmung über eine etwaige Vergütung der Stiftungsorgane enthalten, wird dies jedenfalls dann keinen Schluss darauf zulassen, dass der Stifterwille auf eine Unentgeltlichkeit gerichtet war, wenn die Stiftung vor 2013 gegründet wurde.25 Denn vor Inkrafttreten des Ehrenamtsstärkungsgesetzes war die Frage, ob es einer Satzungsregelung bedarf, umstritten und jedenfalls nicht im BGB geregelt,26 wenngleich im Falle von gemeinnützigen Stiftungen die Finanzbehörden auch vor 2013 auf einer Satzungsgrundlage bestanden hatten.27
Ob die nach Stiftungsgründung im Wege einer Satzungsänderung geschaffene Erlaubnis einer Organvergütung genehmigungsfähig ist, bemisst sich nach § 85 BGB. Die Einführung einer Vergütungsmöglichkeit betrifft nicht den Stiftungszweck selbst (§ 85 Abs. 1 BGB).28 Soweit die Unentgeltlichkeit der Tätigkeit der Stiftungsorgane aus Sicht des Stifters eine prägende Bestimmung ist, wäre die Zulässigkeit einer Satzungsänderung nach § 85 Abs. 2 BGB zu beurteilen, d. h. es müsste eine wesentliche Änderung der Verhältnisse vorliegen; diese könnte – soweit dies im Einklang mit dem mutmaßlichen Stifterwillen steht – dann zu bejahen sein, wenn sich die vom Stifter ursprünglich als rein ehrenamtliche organisierte Stiftung später als nicht mehr tragfähig erweist, weil sich faktisch niemand findet, der die Stiftung unentgeltlich führt.29
3. Zuständigkeit für die Festlegung der Vergütung
Grundsätzlich ist es Aufgabe und Verantwortung des Bestellungsorgans, eine Vergütung festzulegen, d. h. in der Regel bestimmt der Stiftungsrat die Vergütung des Stiftungsvorstands, soweit er nach der Satzung zu dessen Bestellung befugt ist. Sollte eine Stiftung über keinen zweistufigen Organisationsaufbau verfügen, ist es Aufgabe des Stiftungsvorstands selbst, in Ausübung pflichtgemäßen Ermessens eine Vergütungsregelung zu entwickeln. Da dies zu Interessenkollisionen führen kann, enthalten Stiftungssatzungen zuweilen Bestimmungen, wonach der Vorstand seine eigene Vergütung mit einer Behörde abzustimmen hat, beispielsweise mit folgender Satzungsregelung: “Die Vorstandsmitglieder üben ihr Amt ehrenamtlich aus; sie haben jedoch Anspruch auf Erstattung ihrer Auslagen. Sofern Sitzungsgelder oder Aufwandsentschädigungen gezahlt werden sollen, kann der Vorstand hierüber im Einvernehmen mit der Aufsichtsbehörde Richtlinien erfassen.” Es entspricht erfahrungsgemäß der Verwaltungspraxis der Finanzämter und der Stiftungsaufsichtsbehörden, Regelungen über die Vorstandsvergütung zu prüfen, soweit der Stifter in der Errichtungssatzung dies so vorgesehen hat. Hierbei ist fraglich, ob die Gestaltungsfreiheit des Stifters so weit gehen kann, staatlichen Behörden (jedwede?) Aufgabe zu oktroyieren,30 zumal wenn dies dazu führt, dass die Behörde damit den Rahmen der reinen Rechtsaufsicht verlässt, und zur Mit-Entscheidungsträgerin über Fragen der Ermessensausübung gemacht wird.31
4. Satzung oder Vertrag als Grundlage der Vergütung?
Ob bereits eine Satzungsregelung für das Entstehen eines Vergütungsanspruchs ausreicht oder ob hierzu ein ggf. mit der Bestellung des Organmitglieds (konkludent) geschlossener schuldrechtlicher Vertrag erforderlich ist, ist umstritten.32 Da aber die allermeisten Satzungen keine konkreten Regelungen über die Höhe der Vergütung etc. enthalten, kommt es hierauf in der Praxis zumeist nicht an, sondern es ist regelmäßig ein Dienstvertrag zu schließen, der die Modalitäten der Vergütung regelt. Aufgrund der eigenverantwortlichen, treuhänderischen Aufgabenwahrnehmung ist hinsichtlich der Rechtsnatur davon auszugehen, dass es sich typischerweise um einen freien Dienstvertrag (§§ 611 ff. BGB) mit Geschäftsbesorgungscharakter und nicht um einen Arbeitsvertrag (§ 611a BGB) handelt, da die Organmitglieder im Regelfall keinen arbeitsleistungsbezogenen Weisungen durch die Stiftung unterliegen.33
II. Angemessenheit der Vergütungshöhe
Für steuerbegünstigte Stiftungen34 ergibt sich aus dem Drittbegünstigungsverbot nach § 55 Abs. 1 Nr. 3 Alt. 2 AO, dass die den Organmitgliedern gewährten Vergütungen “angemessen” sein müssen, d. h. eine gemeinnützige Körperschaft muss bei der Entgeltbemessung in jedem Einzelfall den Angemessenheitsgrundsatz einhalten.35 Dies bedeutet zunächst, dass eine etwaige Vergütung nicht ohne Gegenleistung, sondern nur für tatsächlich geleistete, erforderliche und wirtschaftlich sinnvolle Arbeit gezahlt werden darf. Bei der Bemessung der Vergütung ist das Interesse der Stiftung an der tatsächlich geleisteten Arbeit gegen das Interesse abzuwägen, einen möglichst hohen Anteil ihrer Mittel unmittelbar und effektiv den steuerbegünstigten Zwecken zuzuführen.36 Steht fest, dass eine gezahlte Vergütung unverhältnismäßig hoch ist, stellt dies als unzulässige Drittbegünstigung eine Mittelfehlverwendung dar, die zur Aberkennung der Steuerbegünstigung führen kann.37
Daher kommt der Frage hohe Bedeutung zu, welche Maßstäbe anzulegen sind, um die Angemessenheit der Vergütung der Organmitglieder steuerbegünstigter Stiftungen zu beurteilen. Mit Urteil vom 12.3.202038 stellte der BFH hierzu auf die zur verdeckten Gewinnausschüttung (vGa) i. S. d. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG entwickelten Grundsätze ab,39 wonach die Vergütung einem Drittvergleich40 standhalten muss. Dazu ist die sog. Gesamtausstattung zu ermitteln, die alle Vorteile umfasst, die das Organmitglied von der Stiftung bezieht,41 also neben einem Gehalt auch Sonderzahlungen, Versicherungsbeiträge, die private Nutzung eines Dienstwagens bzw. einer BahnCard, Pensionszusagen mit der fiktiven Jahresnettoprämie42 etc. Diese Gesamtausstattung ist dann zunächst einem internen Fremdvergleich zu unterziehen, also mit der Vergütung etwaiger weiterer Funktionsträger in derselben Körperschaft abzugleichen, wobei die persönlichen Eigenschaften der Vergütungsempfänger (z. B. Ausbildung, Erfahrung, Netzwerk) naturgemäß Differenzierungen begründen können. Im Wege des externen Fremdvergleichs wird die Marktüblichkeit der Vergütung ermittelt, d. h., welche Vergütungen der Art und der Höhe nach von vergleichbaren Körperschaften an Organmitglieder unter gleichen Bedingungen gewöhnlicherweise gezahlt werden. Zentrale Frage hierbei ist, welche Vergütung am allgemeinen Markt für Tätigkeiten bezahlt wird, die in den Verantwortungsbereich des betroffenen Organmitglieds fallen. Bei der Ermittlung einer angemessenen bzw. verhältnismäßigen Vergütung spielt es nach der Rechtsprechung des BFH keine Rolle, ob diese von einer steuerbegünstigten oder einer gewerblich tätigen Körperschaft geleistet wird. Denn die Angemessenheit bzw. Verhältnismäßigkeit bestimmt sich nach der ausgeübten Tätigkeit und nicht danach, ob diese für eine steuerbegünstigte Körperschaft ausgeführt wird oder nicht.43 Als Möglichkeit zur Validierung der Marktüblichkeit kann es sich anbieten, auf verfügbare, ausreichend repräsentative Gehaltsuntersuchungen zurückzugreifen, wie beispielsweise die – auch vom BFH in diesem Zusammenhang selbst genannte – regelmäßig aktualisierte BBE-Studie “GmbH-GeschäftsführerInnenvergütungen”.44 Diese empirischen Auswertungen erfolgen typischerweise für Geschäftsführer von GmbHs, und erfahrungsgemäß begegnet es Schwierigkeiten, gemeinnützige Stiftungen einer der dort aufgeführten “Branchen” zuzuordnen. Daher sind die so ermittelten Ergebnisse nicht allein aussagekräftig und bedürften einer kritischen Bewertung und Anpassung an die konkreten Gegebenheiten im Einzelfall. Dabei sind Faktoren wie regionale Unterschiede (z. B. hohe Lebenshaltungskosten in bestimmten Metropolen), Besonderheiten bei der zu betrachtenden Körperschaft sowie die persönlichen Eigenschaften des zu vergütenden Organmitglieds einzupreisen. In Anbetracht der Unwägbarkeiten, die sich bei der Ermittlung dieser Bandbreiten ergeben, soll eine nur geringfügige Überschreitung der Angemessenheitsgrenze nach Auffassung des BFH noch keine Mittelfehlverwendung darstellen. Diese liegt er bei einem “krassen Missverhältnis” der Gesamtvergütung vor, welches ab einer Überschreitung der ermittelten Angemessenheitsgrenze um mehr als 20 % anzunehmen sein soll (sog. Sicherheitszuschlag).45
In der Praxis empfiehlt es sich, die Erwägungen, die zur Ermittlung einer Organvergütung geführt haben, bewusst zu reflektieren und zu dokumentieren. Bei höheren Vergütungen kann auch die Einholung einer unabhängigen Expertise in Form eines Gehaltsgutachtens angeraten sein.
III. Sozialversicherungspflicht
1. Sozialversicherungsrechtlicher Rahmen
Nach § 7 Abs. 1 S. 1 SGB IV ist eine “Beschäftigung” eine nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach S. 2 sind Anhaltspunkte für eine Beschäftigung eine Tätigkeit nach Weisung und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers. Liegt danach eine Beschäftigung vor, sind Sozialversicherungsbeträge abzuführen, und zwar nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB I Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung, nach § 20 Abs. 1 S. 1, S. 2 Nr. 1 SGB XI zur sozialen Pflegeversicherung, nach § 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI zur gesetzlichen Rentenversicherung und nach §§ 24 Abs. 1, 25 Abs. 1 SGB III zur Arbeitslosenversicherung.
2. Mitglieder der Stiftungsorgane als abhängig Beschäftigte?
a) Abhängigkeit wegen Bindung an den Stifterwillen?
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine abhängige Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt, wobei Weisungsgebundenheit – vornehmlich bei Diensten höherer Art – eingeschränkt und zur “funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess” verfeinert sein soll.46 Das BSG hat in einer Entscheidung aus 2021 die Auffassung vertreten, dass eine funktionsgerecht dienende Teilhabe im Falle eines Stiftungsvorstandsmitglieds bereits dann vorliege, wenn es an den Stifterwillen gebunden ist und es bei der Willensbildung im Vorstand theoretisch überstimmt werden, sich also nicht “durchsetzen” kann.47 Erst recht dürfte danach eine entsprechende Eingliederung anzunehmen sein, wenn der Vorstand den Weisungen eines anderen Stiftungsorgans unterliegt. Das Fehlen eines schuldrechtlichen Vertrags stehe dabei einer Sozialversicherungspflicht nicht entgegen. Dogmatisch ist die Begründung einer “fremdbestimmten” Tätigkeit bereits aus der treuhänderischen Aufgabenwahrnehmung der Stiftungsorgane und der Bindung an den Stifterwillen, die das BSG vornimmt, kaum überzeugend.48 Richtig ist, dass in dem besonderen organisatorischen Rahmen einer rechtsfähigen Stiftung der objektivierte Stifterwille absoluten Vorrang genießt. Er ist die oberste Richtschnur für das Handeln des Vorstands.49 Während der Stifterwille einen einzuhaltenden Handlungsrahmen beschreibt, verbleibt dem Stiftungsvorstand bei der Erfüllung seiner Aufgaben aber anerkanntermaßen ein weiter, eigener Ermessensspielraum. Mit einer auf die konkrete Arbeitsleistung bezogenen Fremdbestimmtheit ist das nicht vergleichbar.50
Wendet man die genannte BSG-Rechtsprechung zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status von Stiftungsvorständen an, dann ist also zunächst zu unterscheiden, ob der Vorstand das einzige Organ der Stiftung ist oder ob ein Kuratorium bzw. Stiftungsrat besteht, dessen Beschlüsse der Vorstand ausführen muss. Ist Letzteres der Fall, so ist eine Weisungsabhängigkeit der Vorstandsmitglieder anzunehmen.51 Ist der Vorstand hingegen das einzige Organ der Stiftung und kann ein einzelnes Vorstandsmitglied sich nicht gegen Entscheidungen oder Weisungen seines Gremiums wehren, so ist es ebenfalls weisungsabhängig, weil es den Weisungen des Organs “Vorstand” unterliegt, also nicht “nach eigenem Gutdünken handeln” kann, sondern – so die Formulierung des BSG – sowohl an den Stifterwillen als vor allem auch an den Konsens mit den weiteren Vorstandsmitgliedern gebunden und dadurch – fremdbestimmt – in funktionell dienender Teilhabe in den Betrieb eingegliedert ist. Besteht jedoch ein Vetorecht oder ein Einstimmigkeitserfordernis bei Vorstandsbeschlüssen, so wäre das einzelne Vorstandsmitglied in der Lage, nicht genehme Beschlüsse zu verhindern. Vorstandsmitglieder, die selbst keine vom Vorstand gefassten Beschlüsse umsetzen, sollen ebenfalls grundsätzlich selbständig sein. Dies wäre dann der Fall, wenn die Umsetzung der Vorstandsbeschlüsse auf einen Stiftungsgeschäftsführer o. Ä. delegiert würden, weil der Vorstand dann kein Verwaltungsorgan, sondern nur Willensorgan sei.52
b) “Ehrenamt” und “Erwerbsabsicht”
In seinem o. g. Urteil aus 2021 erklärte das BSG die Grundsätze für anwendbar, die es in einem früheren Urteil aus 2017 zu der Frage entwickelt hatte, unter welchen Voraussetzungen ein “ehrenamtlicher Charakter” einer Beschäftigung i. S. v. § 7 Abs. 1 SGB IV entgegensteht.53 In diesem Urteil hatte das BSG ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis deswegen verneint, weil die “ehrenamtliche Tätigkeit ihr Gepräge durch die Verfolgung ideeller Zwecke und durch Unentgeltlichkeit” erhielt. Danach sei ein “ehrenamtlicher Charakter” dann anzunehmen, wenn die geleisteten Zahlungen als Aufwandentschädigung zu werten seien und keine verdeckte Entlohnung einer Erwerbstätigkeit darstellen. Bei einer jährlichen Aufwandentschädigung von 6 240 € bis 6 600 € könne nicht von einer solchen verdeckten Entlohnung ausgegangen werden. In der Konsequenz stellten also in dem entschiedenen Fall echte Vergütungen, also nicht bloß tatsächliche Aufwandabgeltungen, sozialversicherungsfreies Entgelt dar. Maßgeblich für die Frage, ob die zu beurteilende Tätigkeit mit “Erwerbsabsicht” erbracht wird, ist nach dem BSG nicht die subjektive Sicht des einzelnen Vorstandsmitglieds, sondern eine objektive Betrachtung. Daraus dürfte abzuleiten sein, dass eine Vorstandsvergütung, die so niedrig bemessen ist, dass sich die hiermit gewürdigte Tätigkeit evident “honoris causa” erbracht wird, im Rahmen einer “normative Ehrenamtspauschale” bewegt, also kein sozialversicherungspflichtiges Einkommen darstellt. Das zitierte BSG-Urteil, das die Zahlung einer “Aufwandsentschädigung” in Höhe von 6 600 € zum Gegenstand hatte, bezog sich auf die Streitjahre 2006 bis 2009. Die seitdem eingetretene Steigerung der allgemeinen Lebenshaltungskosten hat sich u. a. auch in einer Anhebung der als einkommensteuerfrei anerkannten Ehrenamtspauschale, des Übungsleiterfreibetrags etc. niedergeschlagen. Daher dürften gute Gründe dafür sprechen, dass der im Jahr 2017 vom BSG als noch “normativ ehrenamtlich” bewertete Betrag von 6 600 € im Sinne einer Indexierung an die im jeweiligen Beurteilungszeitraum geltenden Verhältnisse angepasst werden könnte. Allerdings ist unklar, ob das BSG die im Jahr 2017 genannten, der Höhe nach nicht näher hinterfragen Beträge auch auf Stiftungsvorständen anwenden würde, denn hierzu schweigt das Urteil aus 2021.54
3. Praxisempfehlung
Rechtssicherheit kann ein Stiftungsvorstand letztlich nur durch die Durchführung eines Statusfeststellungsverfahrens nach § 7a SGB IV erlangen. Dies dürfte vor Auszahlung von Vorstandsvergütungen ratsam sein, denn die Nichtabführung von Sozialversicherungsbeiträgen kann zu erheblichen Nachzahlungen und Haftungsrisiken der Vorstandsmitglieder bis hin zu strafrechtlichen Konsequenzen (§ 266a StGB) führen.55
Argumente gegen eine Sozialversicherungspflicht können hierbei zunächst am Begriff des “Beschäftigten” anknüpfen, wenn die Stiftungssatzung eine Aufgabenverteilung dahingehend vorsieht, dass die Beschlüsse des Stiftungsvorstands durch einen Geschäftsführer ausgeführt werden. Auch die sehr formale Anknüpfung des BSG an die Satzungsregelungen zur Willensbildung im Stiftungsvorstand könnte genutzt werden, um die “Weisungsabhängigkeit” des Stiftungsvorstands zu widerlegen: Wenn ein Vorstandsmitglied, das ihm nicht genehme Weisungen nicht verhindern kann, als abhängig beschäftigt gilt, könnte eine abhängige Beschäftigung durch Anordnung eines Einstimmigkeitserfordernis bei Vorstandsbeschlüssen sowie durch Anordnung einer Einzelvertretungsbefugnis ausgeschlossen werden.56
IV. Zusammenfassung und Ausblick
Die Vergütung von Stiftungsorganen bewegt sich in einem komplexen Zusammenspiel von Stiftungsrecht, Gemeinnützigkeitsrecht, Steuer- und Sozialversicherungsrecht. Grundsätzlich gilt nach § 84a Abs. 1 S. 2 BGB das Leitbild der unentgeltlichen Tätigkeit aller Organmitglieder – unabhängig davon, ob die Stiftung gemeinnützig oder privatnützig (z. B. Familienstiftung) ist. Durch eine hinreichend klare Satzungsregelung kann hiervon aber – ggf. auch nachträglich mittels Satzungsänderung – abgewichen werden. Vergütungen müssen der Höhe nach stets “angemessen” sein. Für die Praxis empfiehlt es sich, Vergütungsentscheidungen sorgfältig vorzubereiten und nachvollziehbar – ggf. mittels Gehaltsgutachten – zu dokumentieren. Ob Organvergütungen sozialversicherungspflichtig sind, hängt nach der aktuellen Rechtsprechung des BSG von diversen, teilweise formalen Kriterien ab. Aufgrund bestehender Rechtsunsicherheit bei der Auslegung der BSG-Rechtsprechung und erheblichen Haftungsrisiken in diesem Bereich kann sich in Zweifelsfällen ein Statusfeststellungsverfahren empfehlen.

Prof. Dr. Stefan Stolte, RA in der Kanzlei Aulinger Rechtsanwälte Notare in Essen. Er berät schwerpunktmäßig in den Bereichen Stiftungsrecht und Steuerrecht, vorwiegend im Zusammenhang mit Vermögens- und Unternehmensnachfolgelösungen. Zuvor war Stolte langjähriges Mitglied der Geschäftsleitung im Deutschen Stiftungszentrum (DSZ).
Inhaltlich ist diese Regelung nicht grundlegend neu; bislang ergab sie sich aus der Verweisung in § 86 S. 1 a. F. auf § 27 Abs. 3 BGB; allerdings gilt § 84a Abs. 1 S. 2 BGB nicht nur für den Vorstand, sondern für alle Stiftungsorgane.
Gesetz zur Stärkung des Ehrenamtes vom 28.3.2013 (BGBl. I 2013, 556).
Vgl. Werner, NZG 2023, 1106, 1107.
S. nur Hüttemann, DB 2009, 1207, 1209.
Begründung im Gesetzentwurf der Bundesregierung, BR-Drs. 663/12 v. 2.11.2012, 23.
Weitemeyer, in: MüKo BGB, 10. Aufl. 2025, § 84a BGB, Rn. 13.
Vgl. Mehren, in: Schauhoff/Kirchhain, Handbuch der Gemeinnützigkeit, 4. Aufl. 2023, § 3 Stiftungsrecht, Rn. 73.
In diesem Sinne zum Vereinsrecht bereits BGH, 14.12.1987 – II ZR 170/87, BB 1988, 361, NJW-RR 1988, 745, 746.
Zur Bedeutung der Begrifflichkeiten, insbesondere der Unterscheidung von entgeltlichem und unentgeltlichem Ehrenamt s. Lorenz, in: Winheller, Gesamtes Gemeinnützigkeitsrecht, 3. Aufl. 2023, EStG § 38, Rn. 41 ff.
Godron/Gollan, in: Richter, Stiftungsrecht, 2. Aufl. 2023, § 6, Rn. 71.
Godron/Gollan, in: Richter, Stiftungsrecht, 2. Aufl. 2023, § 6, Rn. 71.
Für den Verein s. nur Waldner, in: Sauter u. a., Der eingetragene Verein, 22. Aufl. 2025, Rn. 277.
OLG Brandenburg, 17.3.2022 – 10 U 16/21, NZG 2022, 929, Rn. 37.
Nach OLG Brandenburg, 17.3.2022 – 10 U 16/21, NZG 2022, 929, Rn. 36 soll außerdem eine satzungsmäßige Ermächtigung zur Übertragung von Geschäftsführungsaufgaben erforderlich sein.
Zum Normzweck s. Schäfer, in:MüKo BGB, 9. Aufl. 2023, § 664 BGB, Rn. 1.
Unklar bleibt bei Engel, ZStV 2023, 12, wo er die Grenze der Delegation von Geschäftsführungsaufgaben zieht; er leitet aus der Unentgeltlichkeit des Vorstands pauschal die Unentgeltlichkeit sämtlicher beauftragter Gehilfen ab.
Wie hier Weitemeyer, in: MüKo BGB, 10. Aufl. 2025, § 84a, Rn. 13, wonach die Einschätzung des OLG Brandenburg zu weit gehe.
S. im Einzelnen Leuschner, NZG 2023, 256.
Näher Leuschner, NZG 2023, 257 unter Rückgriff auf die aktienrechtliche Differenzierung zwischen der Leitung (§ 76 Abs. 1 AktG) und der Geschäftsführung (§ 77 Abs. 1 AktG).
Auf das Tätigwerden “über die Organstellung hinaus” abstellend wie hier Fleisch, in: Schauhoff/Mehren, Stiftungsrecht nach der Reform, 2. Aufl. 2024, Kap. 2, Rn. 13 mit Verweis auf Leichinger, in: Buchna u. a., Gemeinnützigkeit im Steuerrecht, 12. Aufl. 2023, Rn. 46 zu § 55 AO.
Hierzu s. etwa BGH, 2.4.2007 – II ZR 325/05, BB 2007, 1185, NJW-RR 2007, 1483, wonach die Mandatierung mit nicht näher eingegrenzten Rechtsberatungsleistungen in sämtlichen Angelegenheiten zu unbestimmt sei. Ausführlich Weiss, BB 2007, 1853 ff.
Uffmann, in: Andrick/Muscheler/Uffmann, Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht, 2023, § 84a, Rn. 44.
OVG Schleswig, 21.3.2019 – 3 LB 1/17, ZStV 2020, 62 ff.
Uffmann, in: Andrick/Muscheler/Uffmann, Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht, 2023,§ 84a, Rn. 44.
Wie hier Weitemeyer, in: MüKo BGB, 10. Aufl. 2025, § 84a BGB, Rn. 14; Hüttemenn/Rawert, in: Staudinger/Hüttemann/Rawert, BGB, Neubearb. 2017, § 86, Rn. 15; Werner, NZG 2023, 1106 ff., 1108.
Nach BT-Drs. 17/11632 in Verbindung mit BT-Drs. 17/11316, 18 hatte die Neuregelung vorgeblich “klarstellenden” Charakter; dennoch ging der Gesetzgeber offenbar von einer materiellen Rechtsänderung aus; nicht anders ist die bis 1.1.2015 eingeräumte großzügige Frist zu erklären, die es Stiftung ermöglichen sollten, ihre Satzung an die veränderte Rechtslage anzupassen.
Werner, NZG 2023, 1106 ff., 1108.
Godron/Gollan, in: Richter, Stiftungsrecht, 2. Aufl. 2023, § 6, Rn. 74.
Werner, NZG 2023, 1106 ff., 1109.
Der Aspekt der fehlenden Dispositionsbefugnis des Stifters über die Stiftungsaufsicht wird bislang hauptsächlich in die Richtung diskutiert, dass durch die Stiftungssatzung die Stiftungsaufsicht nicht beschränkt oder ausgeschlossen werden kann, da sie einem öffentlichen Interesse dient, vgl. Winkler, in: Werner/Saenger/Fischer, Die Stiftung, 2. Aufl. 2019, § 27, Rn. 78 mit zahlreichen weiteren Nachweisen.
Kritisch hierzu bereits Stolte, ZStV 2025, 100 ff., 106.
Vgl. Uffmann, in: Andrick/Muscheler/Uffmann, Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht, 2023, § 84a BGB, Rn. 45 f.
Uffmann, in: Andrick/Muscheler/Uffmann, Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht, 2023, § 84a BGB, Rn. 47.
Die Frage, welche Maßstäbe im Falle von Familienstiftungen gelten, ist bislang kaum untersucht.
AEAO Nr. 20 zu § 55 AO.
BFH, 23.9.1998 – I B 82/98, BFHE 186, 433, BStBl. II 2000, 320.
BMF, 25.11.2014 – IV C 4, BStBl. I 2014, 1584.
BFH, 12.3.2020 – V R 5/17, BFHE 268, 415, BStBl. II 2021, 55, BB 2020, 2335.
Dem hat sich die Finanzverwaltung mit AEAO Nr. 25 zu § 55 AO angeschlossen.
BFH, 5.10.1994 – I R 50/94, BFHE 176, 523, BStBl. II 1995, 549, BB 1995, 966.
BFH, 12.3.2020 – V R 5/17, BFHE 268, 415, BStBl. II 2021, 55, BB 2020, 2335 mit Verweis auf BFH, 4.6.2003 – I R 24/02, BFHE 202, 494, BStBl. II 2004, 136, BB 2003, 2210.
BFH, 31.3.2004 – I R 70/03, BFHE 206, 37, BStBl. II 2004, 937, BB 2004, 1788.
Stürner, in: Hau/Poseck, BeckOK BGB, 75. Ed. Stand: 1.8.2025, § 84a BGB, Rn. 38.
Die diesem Gutachten zugrunde gelegte Ausgabe der BBE-Studie “GmbH-GeschäftsführerInnen-Vergütungen” wurde im Jahr 2024 veröffentlicht; das Datenmaterial wurde im Zeitraum März bis August 2023 erhoben.
BFH, 12.3.2020 – V R 5/17, BStBl. II 2021, 55, BB 2020, 2335, Rn. 53.
BSG, 7.6.2019 – B 12 R 6/18 R, BB 2024, 250, DStR 2019, 2494 m. w. N.
BSG, 23.2.2021 – B 12 R 15/19 R, DStR 2021, 2649 ff.
Kritisch auch Weitemeyer, in: MüKo BGB, 10. Aufl. 2025, § 84a, Rn. 15 (“bedenklich”).
Vgl. zum Primat des Stifterwillens BVerfG, 11.10.1977 – 2 BvR 209/76, BVerfGE 46, 73, BB 1977, 1702; BGH, 22.1.1987 – III ZR 26/85, BGHZ 99, 344.
Im Ergebnis wie hier Uffmann, in: Andrick/Muscheler/Uffmann, Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht, 2023, § 84a BGB, Rn. 55 mit Verweis auf Küstermann, in: Fleisch u. a., Stiftungsmanager, Stand: 1/2025, Bd. 1 3/3 bis 3/3.4.
In diesem Sinne auch Rinckhoff, ZStV 2022, 95 ff., 100.
Vgl. BSG, 30.11.1978 – 12 RK 33/76, BSGE 47, 201.
BSG, 16.8.2017 – B 12 KR 14/16 R, DStR 2018, 144.
Ausführlich u. a. zur Frage der Auslegung der BSG-Rechtsprechung s. Rinckhoff, ZStV 2022, 95 ff.
Uffmann, in: Andrick/Muscheler/Uffmann, Bochumer Kommentar zum Stiftungsrecht, 2023. § 84a, Rn. 56.
Vgl. hierzu Rinckhoff, ZStV 2022, 95 ff., 99.



