afz – allgemeine fleischer zeitung 18 vom 04.09.2025 Seite 8
Markt
Generation Alpha
Neue Werte, neue AnsprĂĽche
Die Alphas kommen: Wie sich Metzger auf die neue Generation als Konsumenten und Auszubildende vorbereiten können.
Die Konsumenten von morgen stehen bereits heute in den Startlöchern: Die Generation Alpha – geboren ab dem Jahr 2010 – wird in wenigen Jahren das Konsumverhalten massiv prägen und sind schon ab dem kommenden Jahr potenzielle Auszubildende.
Für Metzger und die gesamte Lebensmittelbranche stellen sich die Fragen, wie beispielsweise diese Generation tickt, wie sich Produktentwicklung, Sortimente und Marketingstrategien verändern müssen und wie sie sie künftig als (potenzielle) Azubis erreichen.
Der Name Generation Alpha wurde erstmals 2015 von dem australischen Demografieforscher Mark McCrindle in den wissenschaftlichen Diskurs eingeführt. 2024 zählten laut Statistischem Bundesamt hierzulande 11,62 Mio. Menschen zu dieser Altersgruppe.
Klimawandel und Pandemie
Kinder und Jugendliche der Generation Alpha wachsen in einer digitalen, durch Krisen geprägten Welt auf. Gleichzeitig prägen Klimawandel, Pandemie und soziale Debatten ihr Werteverständnis und ihre Alltagserfahrung. Viele von ihnen sind Kinder der ab 1980 geborenen Generation Y („Millennials“), einer Generation, die als gut informiert, wertorientiert und technikaffin gilt. Und als „Helikopter-Eltern“ nicht selten überfürsorglich sind, so dass viele Alphas – positiv ausgedrückt – gut behütet aufwachsen.
Alpha ist die erste Generation, die vollständig im digitalen Zeitalter aufwächst. Während die Millennials noch analoge Kindheiten kannten und die Generation Z mit Smartphones aufwuchs, kennen Alphas keine Welt ohne Touchscreens, KI-Assistenten, TikTok und personalisierte Inhalte.
Die jungen Menschen sind wie ihre Geschwistergeneration Z werte- und umweltbewusst, zum Beispiel in Bezug auf Klima, Tierwohl und gesunde Ernährung. Zudem haben sie hohe Ansprüche an Authentizität, Transparenz und Diversität. Sie sind durch Peergroups geprägt, die sich durch ähnliche Merkmale wie Alter, Interessen oder Lebenssituationen verbunden fühlen, und werden durch Influencer und Eltern beeinflusst. Diese Prägungen haben unmittelbare Auswirkungen auf das Konsumverhalten, das Einkaufsverhalten ihrer Familien – und in wenigen Jahren auch auf ihre eigene Kaufentscheidungen.
 Trend zu Geflügel setzt sich fort
 Noch wohnt die Generation Alpha überwiegend im Haushalt der Eltern und hat keinen eigenständigen Ernährungsstil. Dennoch lassen sich aus den aktuellen Entwicklungen der jüngeren Generationen – vor allem der Generation Z – Trends ableiten, die auch für die Alphas prägend sein werden.
„Die junge Generation tickt anders“, bestätigt Werner Lauß, Senior Marketing Manager bei YouGov, der am 25. und 26. November auf dem Deutschen Fleisch Kongress erneut eine exklusive Auswertung aktueller Verkaufszahlen für Fleisch und Wurst vorstellen wird. Auch wenn der Marktforscher die „Alphas“ noch nicht auswerten kann, weil sie keinen eigenen Haushalt führen, beobachtet er, dass die jüngeren Generationen sehr „geflügellastig“ sind und die Gen Z ihre Einkaufsmenge beim Rotfleisch aktuell ebenfalls steigert. „Dies nicht nur, weil der Haushaltsanteil der jüngsten Generation zunimmt und somit zwangsläufig auch die Gesamtmenge, sondern auch die Durchschnittsmenge pro Person steigt weiterhin an“, erläutert der YouGov-Experte.
Grundsätzlich ist der Anteil an Vegetariern und Veganern bei der Gen Z höher als in älteren Konsumentengruppen – und dieser Trend wird sich bei Alpha vermutlich fortsetzen. Zudem sind Gen Z und vermutlich auch die Alphas Convenience-orientiert und präferieren schnelle, trendige Mahlzeiten wie Bowls, Streetfood und Snacks to go.
Für Metzgereien bedeutet das, dass sie ihr Sortiment anpassen und beispielsweise Geflügelprodukte und moderne (Premium-)Rindfleischangebote stärker in den Vordergrund stellen sollten. Rund um das Schweinefleisch bedarf es bei den jungen Menschen besonderer Imagearbeit, in der Kommunikation sollten Qualität, Regionalität und Nachhaltigkeit eine Rolle spielen. Darüber hinaus sind Metzger gut beraten, jugendgerechte Ernährungskonzepte wie Snacks, Streetfood-Ideen und trendige Rezepturen zu entwickeln, die sich an der Lebensrealität der Alphas orientieren.
Alpha als Azubi
Im Jahr 2026 treten die ersten Alphas ins Berufsleben ein. Inzwischen ist gut jede zehnte Person, die eine duale Ausbildung beginnt, 16 Jahre alt oder jünger. Für Metzgereien, Bäckereien und den Handel bedeutet das: Eine neue Generation junger Menschen kommt in den Betrieb – mit eigenen Werten, Erwartungen und Verhaltensweisen.
Wer mit Angehörigen dieser Generation in den Austausch tritt, spürt schnell, dass die klassische Ausbildung wie vor zwanzig Jahren hinterfragt wird. Betriebe stehen vor der Herausforderung, traditionelle Strukturen mit den neuen Anforderungen in Einklang zu bringen. Zudem zählen die gut informierten, medienaffinen und stark auf Bildung und Sicherheit bedachten Millennial-Eltern zu den „Top- Influencern“ in der Phase der Berufswahl des Nachwuchses.
Eine zentrale Erwartung ist zum Beispiel die Sinnhaftigkeit. Die Frage „Warum mache ich das?“ stellen Alphas früh. Auch die Wertschätzung spielt eine zentrale Rolle. Die Eltern haben ihre Kinder ermutigt, ihre Meinung zu äußern. Vorgesetzte, die autoritär auftreten, stoßen somit schnell auf Ablehnung. Somit gilt Mentoring statt Befehl: Der Ausbilder wird zum Lernbegleiter, Alphas möchten an die Hand genommen, aber nicht bevormundet werden. Zudem sind Flexibilität und Individualität wie Gleitzeiten, Feedbackkultur, personalisierte Lernpfade und Entwicklungsperspektiven willkommene Angebote. Last, but not least ist die digitale Kompetenz im Betrieb wichtig: Ausbildungsplätze ohne moderne Technik wirken aus der Zeit gefallen.
Die Zukunft beginnt jetzt
Die Generation Alpha wird das Handwerk verändern – nicht über Nacht, aber kontinuierlich. Wer sich heute vorbereitet, kann die besten Talente gewinnen und langfristig binden. Das erfordert Mut zur Veränderung, ein offenes „Mindset“ und die Bereitschaft, klassische Strukturen zu überdenken.
Dem Fleischerhandwerk, das wie kaum eine andere Branche auf Werte wie Qualität, Vertrauen, Präzision und Gemeinschaft baut, bietet diese neue Generation große Chancen. Denn Alphas wollen gestalten, Verantwortung übernehmen und ernst genommen werden – wenn man ihnen die richtigen Rahmenbedingungen bietet.
Hintergrund
Das ist die Generation Alpha
Zur „Generation Alpha“ zählen die Jahrgänge 2010 bis einschließlich 2025. Die Präsenz und Nutzung von Technologien wie dem Internet, Smartphones oder KI gehört in dieser Altersklasse zum normalen Alltag. Als prägendes Kindheitserlebnis haben die Älteren die Coronakrise miterlebt. Modetrends sind unter anderem der wiederbelebte „Y2K-Stil“ der 2000er Jahre mit bunten, lauten und trashigen Outfits. Bei der Musik zählen nicht länger Genres, die Playlists basieren auf der jeweiligen Stimmung. Zudem erobert der aktuelle virale Plüschtier- Trend „Labubu“ jüngere wie ältere Alphas.
Ernährung
Das isst die Generation Alpha
Geflügel als Favorit: Generation Z und Alpha greifen überproportional häufig zu Hähnchenprodukten – von Brustfilets über Nuggets bis zu Wings. Convenience- geeignete Geflügelartikel sind besonders beliebt.
Rindfleisch als „Premium“: Alphas verbinden Rindfleisch mit höherer Qualität und gesundheitlichem Mehrwert. Trotz gestiegener Preise steigt die durchschnittliche Einkaufsmenge bei den Jüngeren.
Schwächeres Image Schwein: Generationen Z und Alpha zeigen Zurückhaltung bei Schweinefleisch, was an einem weniger attraktiven Image liegt – hier punktet Schwein über Preis und Regionalität.
Pflanzliche Ernährung: Der Anteil an Vegetariern und Veganern ist bei der Gen Z und der Gen Alpha höher als bei älteren Konsumenten. Viele sind flexitarisch: Fleisch bleibt wichtig, aber ergänzt durch pflanzliche Alternativen.
Altersklassen
Von Babyboomern und Generation Beta
Die Idee, Generationen nicht auf das Alter, sondern auf kollektiv geteilte Erlebnisse zurückzuführen, geht auf den Soziologen Karl Mannheim (1893–1947) zurück. Seitdem gibt es verschiedene Bezeichnungen, die Bevölkerungsgruppen bestimmter Altersklassen in dieser Hinsicht kennzeichnen sollen.
—  Generation bis ’45: bis einschlieĂźlich 1945 geboren
—  Nachkriegs-Generation: 1946 – 1955
 —  Babyboomer: 1956 – 1965
—  Generation X: 1966 – 1980
—  Generation Y: 1981 – 1995
—  Generation Z: 1996 – 2009
—  Generation Alpha: 2010 – 2025
—  Generation Beta: ab 2026
Zum 31. Dezember 2024 zählte das Statistische Bundesamt 83,6 Mio. Einwohner in Deutschland. 16,55 Mio. Menschen davon zählten zur Gen X, Gen Y: 16,25 Mio., Babyboomer: 12,17 Mio., Gen Z: 12,33 Mio., Gen Alpha: 11,62 Mio., Nachkriegs-Generation: 8,14 Mio., und zur Generation bis ’45: 6,52 Mio. Menschen.
Alphas im Betrieb
Ihre Erwartungen als Mitarbeiter
Ausbildungsbetriebe stehen vor der Herausforderung, traditionelle Strukturen mit den neuen Anforderungen der Generation Alpha in Einklang zu bringen.
—  Sinn statt Sicherheit: Die Frage „Warum mache ich das?“ wird früh gestellt.
—  Wertschätzung: Die Elterngeneration hat ihre Kinder ermutigt, ihre Meinung zu äußern. Vorgesetzte, die autoritär auftreten, stoßen schnell auf Ablehnung.
—  Flexibilität & Individualität: Gleitzeit, Feedbackkultur, personalisierte Lernpfade und Entwicklungsperspektiven sind willkommene Angebote.
—  Mentoring statt Befehl: Der Ausbilder wird zum Lernbegleiter. Alphas möchten an die Hand genommen, aber nicht bevormundet werden.
— Digitale Kompetenz im Betrieb: Ausbildungsplätze ohne moderne Technik wirken wie aus der Zeit gefallen.
Buchtipp
Arbeitgeber und die Generation Alpha
Seit Jahren forscht Rüdiger Maas zur Generation Z, nun auch zur Nachfolgegeneration Alpha. Dafür hat er 1231 Pädagogen befragt.  Das Buch hilft, die Berufseinsteiger zu verstehen, diese möglichst gut zu integrieren und ihre Potenziale nutzbar zu machen.
Rüdiger Maas: Generation Alpha. Wie sie tickt und wie Unternehmen sich darauf einstellen sollten. Carl Hanser Verlag, 39,99 €.
Sybille Roemer