Lebensmittel Zeitung 41 vom 10.10.2025 Seite 19
Weg fĂĽr Novelle scheint frei
Breite Zustimmung für Plan der Verbändeallianz – Minister Rainer prüft Vorschläge – Branche legt Gutachten zu Importware vor
In der Debatte ĂĽber die Zukunft der staatlichen Tierhaltungskennzeichnung gibt es neue Impulse zu den Themen AuĂźer-Haus-Verpflegung und Importfleischware.
Nach dem Verbändegespräch bei Ernährungsminister Alois Rainer (CSU) am Montag blickt ein großer Teil der Lebensmittellieferkette optimistisch auf die Überarbeitung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes (THKG). Das Konzept der Verbändeallianz aus Handelsverband Lebensmittelhandel (BVLH), Bauernverband (DBV), Raiffeisenverband und Verband der Fleischwirtschaft (VDF) war bei dem Austausch mit 36 Unternehmen und Verbänden auf breite Unterstützung gestoßen. Der Allianz haben sich inzwischen auch die Interessengemeinschaft der Schweinehalter und der Bundesverband Rind und Schwein angeschlossen.
Das Konzept beruht auf fünf zentralen Säulen, die laut Allianz auch gemeinsam umgesetzt werden sollten: Die Nutzung privatwirtschaftlicher Systeme, anstatt neue und parallele Strukturen aufzubauen, die Ausweitung auf den Außer-Haus-Verzehr, eine Kennzeichnungspflicht auch für ausländische Ware, die gesetzlich verpflichtende Deklaration mittels klar definierter Begriffe, sowie die vollumfängliche Möglichkeit des Downgradings. Der Minister sagte mit Blick auf ausländische Ware und Downgrading zu, er werde regierungsintern prüfen lassen, „ob und wie diese Vorgaben juristisch umgesetzt werden können.“ Ihm sei wichtig, dass das Gesetz „einen Mehrwert bringt und nicht allen Beteiligten nur Mehrarbeit verschafft“.
Mit der uneingeschränkten Möglichkeit zum Downgrading fordern die Verbände eine praxisgerechte Lösung ein, die Lebensmittelverschwendung verhindern soll. Die Frage der Kennzeichnungspflicht für importiertes Fleisch hält die Verbändeallianz um BVLH und DBV für lösbar. Das sei „grundsätzlich mit dem EU-Recht vereinbar“, heißt es in einem Rechtsgutachten der Kanzlei Kapellmann und Partner, das von den Verbänden in Auftrag gegeben wurde. Die Einbeziehung von ausländischer Ware schaffe auch die Basis für Verbrauchertransparenz im Außer-Haus-Verzehr. Nach LZ-Informationen liegt das Gutachten dem Minister vor.
Verbraucher sollten künftig auch in Restaurants oder Kantinen erkennen können, aus welcher Haltungsform das Fleisch stammt. Kritik kommt von einem von der Dehoga angeführten Verbändebündnis, die Gastronomie sei durch Bürokratie und Kosten überlastet. Auf die Kritiker geht die Allianz von BVLH & Co. nun zu, schlägt „einfache und unbürokratische Lösungen“ vor – etwa über „Begriffe statt Logos in der Speisekarte oder Bagatellgrenzen für kleine selbstständige Restaurants“.
Die Verbändeallianz, deren Konzept BVLH-Präsident Björn Fromm dem Minister vorstellte, betont jedenfalls in einer Erklärung: „Aus Sicht der Wertschöpfungskette ist der Weg für eine schnelle, verbraucherorientierte und praxisnahe Umsetzung eines novellierten staatlichen Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes frei.“
Das Treffen müsse der Start für die konkrete Ausgestaltung des Gesetzes in Zusammenarbeit mit der Praxis sein, da das „Gesetz in seiner bisherigen Form zum 1. März 2026 auf keinen Fall in Kraft treten darf“. Die Politik müsse schnellstmöglich ins Umsetzen kommen. Der „Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Änderung des Tierhaltungskennzeichnungsgesetzes“ wird in der Oktober- Planung des Bundeskabinetts erstmals als möglicher Tagesordnungspunkt des Bundesernährungsministeriums (BMLEH) genannt. SPD-Agrarpolitiker Jens Behrens sagt: „Ich bin zuversichtlich, dass das BMLEH nun sehr bald einen Gesetzentwurf vorlegen wird, der alle gewünschten Punkte umsetzt.“ Die Novelle muss die parlamentarischen Prozesse durchlaufen, 13 Bundesländer plädieren für eine erneute Verschiebung. Ein erneuter Aufschub um ein paar Monate ist denkbar.
VDF-Hauptgeschäftsführer Steffen Reiter bekräftigt gegenüber der LZ: „Das Verbändekonzept hat im Gespräch bei Minister Rainer großen Zuspruch erfahren. Das gibt Politik und BMLEH den nötigen Rückenwind, um eine breit getragene und praxisgerechte Reform des THKG jetzt mit Nachdruck anzugehen.“
Hans-JĂĽrgen Deglow



