Lebensmittel Zeitung
Mangel an Planungssicherheit bei Preisen kritisiert
Quelle: Lebensmittel Zeitung 2025 Heft 45 vom 07.11.2025, Seite 28


Lebensmittel Zeitung 45 vom 07.11.2025 Seite 28

Mangel an Planungssicherheit bei Preisen kritisiert

Tag der Wettbewerbsfreiheit des HDE in Berlin – Ausblick auf Gutachten der Monopolkommission – Thema Marktkonzentration

Der Handelsverband Deutschland (HDE) hatte wieder Experten zum Tag der Wettbewerbsfreiheit nach Berlin eingeladen: Der Fokus lag auf der Lebensmittellieferkette.

Tomaso Duso, Vorsitzender der Monopolkommission, gab beim Tag der Wettbewerbsfreiheit in Berlin Einblicke in das Entstehen eines Sondergutachtens zum Wettbewerb in der Lebensmittellieferkette. Vertiefte Ergebnisse will die Kommission am 21. November vorstellen, wenn das Gutachten der Bundesregierung ĂĽberreicht wird. Den Schwerpunkt legt die Untersuchung auf die Lieferketten Milch, Fleisch und Getreide. Zentrale Themen des Gutachtens: Technologie und Strukturwandel, die Rahmenbedingungen fĂĽr die Preisbildung in der Landwirtschaft, Wettbewerbspolitik bei hoher Marktkonzentration im Handel und steigender Konzentration bei den Herstellern.

Die Landwirtschaft stehe „enorm unter Druck“, sagte Duso. Verbraucher erwarteten Versorgungssicherheit, Nachhaltigkeit, Tierschutz, zugleich seien die Erzeuger mit starkem Wettbewerb und hoher Regulierungsdichte konfrontiert. Erschwerend komme hinzu, dass die Preisbildung nicht klar sei, es gebe wenig Planungssicherheit, die Verhandlungsposition der Landwirte sei „relativ schwach“. Besonders bei Milch sei zu beobachten, dass die Preisschere stetig weiter auseinanderklaffe. „Die Produktionskosten scheinen von den Auszahlungspreisen immer mehr entkoppelt zu sein“, so Duso. Diese Preise seien zudem hoch volatil, die Milch in Deutschland von Subventionen abhängig. Mit Blick auf die Verbraucherpreise konstatiert Duso, dass Deutschland bei Lebensmitteln im europäischen Vergleich lange besonders günstig gewesen sei, inzwischen liege man im Mittelfeld. Die Kommission habe sich auch die Entwicklung der vergangenen 15 Jahre angeschaut. In diesem Zeitraum seien die Preise in Deutschland „deutlich mehr gestiegen als in allen anderen Ländern“.

Felix Engelsing, Leiter der für den Einzelhandel zuständigen Beschlussabteilung des Bundeskartellamts sagte hingegen, dass das Preisniveau in Deutschland noch immer eines der niedrigsten in Europa sei. Die Marktkonzentration der vier Großen im Einzelhandel sei zwar sehr hoch, die „Oligopolvermutung erfüllt“, aber innerhalb des Quartetts des LEHs gebe es „hinreichenden Wettbewerb“. Die Konzentration nehme weiter zu durch externes und internes Wachstum. Ein großes Thema für das Kartellamt seien Einkaufskooperationen sowie europäische Einkaufsallianzen, bei denen es hohe Fluktuation und oft wechselnde Mitgliedschaften gebe.

HDE-Präsident Alexander von Preen mahnte in seiner Rede, regulatorische Eingriffe in unternehmerische Tätigkeit durch den Gesetzgeber wirkten angesichts großer Herausforderungen „wie aus der Zeit gefallen“.

Beispielhaft nannte er die kleinteilige Regulierung von Werbung mit Sonderangeboten auf EU-Ebene durch die Preisangabenverordnung, „obwohl der Rechtsrahmen Verbraucher bereits gut vor Irreführung schützt“. Dass in Brüssel gar über ein Verbot von „Streichpreisen“ diskutiert wird, weil diese die Verbraucher angeblich überforderten, kritisiert er scharf: „Dieses Verbraucherbild macht mich fassungslos.“ Nun werde auch noch „am Herzen der freien Marktwirtschaft operiert“, wenn die Preissetzungsautonomie eingeschränkt würde durch ein Verbot des Einkaufs unter Produktionskosten, „ohne dass klar ist, wie dieser faktische Mindestabnahmepreis definiert werden soll“.

Hans-JĂĽrgen Deglow