changement! 8
Wie KI die Büroarbeit vereinfachen kann
Quelle: changement! 8 2025 Heft vom 10.11.2025, Seite 10


changement! 8 vom 10.11.2025 Seite 10,11

Künstliche Intelligenz wird die Büroarbeit in den kommenden Jahren grundlegend verändern. Sie beeinflusst Abläufe, Informationsflüsse und Entscheidungswege in nahezu allen Branchen. Noch stehen viele Organisationen allerdings erst am Anfang.

Die Büroarbeit ist in den meisten Organisationen ein komplexes Zusammenspiel aus vielen kleinen, oft unsichtbaren Prozessen. Anfragen müssen beantwortet, Dokumente erstellt, Daten geprüft, Termine koordiniert und Wissen weitergegeben werden. Jede Unterbrechung, jede doppelte Eingabe, jede unklare Zuständigkeit summiert sich zu einem erheblichen Zeitverlust. Wer hier echte Entlastung schaffen will, muss zunächst Ordnung in die Abläufe bringen.

Klare Prozesse sind das Fundament. Sie legen fest, welche Schritte in welcher Reihenfolge erfolgen, welche Informationen gebraucht werden und wo diese zu finden sind. Auf dieser Grundlage kann die KI ihre Stärken ausspielen. Sie kann wiederkehrende Aufgaben übernehmen, große Informationsmengen verdichten und Ergebnisse so aufbereiten, dass sie sofort genutzt werden können. Ohne diese Basis entstehen lediglich neue Schleifen, die mehr Arbeit als Nutzen bringen.

Komplexes verständlich machen mit KI

In Projekten, Fachabteilungen oder im Management gehen oft Stunden damit verloren, lange Berichte, Strategiepapiere oder technische Unterlagen zu lesen und für andere verständlich aufzubereiten. Das führt zu Verzögerungen, weil jede beteiligte Person erneut Zeit investieren muss, um die wesentlichen Aussagen zu erfassen.

Wenn ein klarer Prozess für Zusammenfassungen existiert, zum Beispiel eine festgelegte Struktur mit Überschriften, Kernpunkten und Handlungsempfehlungen, kann die KI Inhalte aus umfangreichen Texten gezielt filtern. Sie erkennt wiederkehrende Muster, sortiert Fakten und formt sie zu kompakten, leicht verständlichen Übersichten. Das reduziert nicht nur die Lesezeit, sondern stellt sicher, dass alle Beteiligten mit demselben Wissensstand arbeiten und sofort handlungsfähig sind.

Entscheidungen auf Basis besserer Grundlagen treffen

Viele Entscheidungen verzögern sich, weil die relevanten Zahlen, Berichte und Informationen aus verschiedenen Quellen mühsam zusammengetragen werden müssen. Häufig dauert das Sammeln der Daten länger als die eigentliche Entscheidungsfindung. Wenn klar definiert ist, welche Kennzahlen für welchen Entscheidungstyp erforderlich sind, kann die KI diese Informationen automatisch abrufen, prüfen und in einem einheitlichen Format bereitstellen. Sie kann Abweichungen kennzeichnen, Trends sichtbar machen und Szenarien berechnen. Dadurch verkürzt sich der Vorlauf für Entscheidungen deutlich und das Ergebnis ist für alle Beteiligten nachvollziehbar. Entscheidungen werden nicht nur schneller getroffen, sondern auch mit größerer Sicherheit.

Wissen sichern und neues Personal schneller einarbeiten

In vielen Organisationen ist das entscheidende Wissen nicht in Systemen, sondern in Köpfen gespeichert. Erfahrene Mitarbeitende beantworten immer wieder dieselben Fragen oder müssen ihre Erfahrung mündlich weitergeben. Wenn ein Prozess zur Wissensdokumentation etabliert ist, zum Beispiel durch feste Kategorien, einheitliche Formate und klar benannte Verantwortliche, kann die KI aus Protokollen, Projektunterlagen und E-Mails automatisch Anleitungen, Checklisten sowie Frage- und-Antwort-Seiten (FAQ) erstellen.

Das verkürzt die Einarbeitungszeit neuer Mitarbeitender, reduziert Rückfragen und stellt sicher, dass Wissen auch dann verfügbar bleibt, wenn Schlüsselpersonen nicht erreichbar sind. Der positive Nebeneffekt: Wissen wird nicht nur gesichert, sondern in einer Form aufbereitet, die für zukünftige Projekte jederzeit nutzbar ist.

Diese Beispiele zeigen, dass es nicht um abstrakte Zukunftsvisionen geht, sondern um konkrete Entlastung im Arbeitsalltag. KI wirkt dort am besten, wo Prozesse klar sind, Daten verlässlich vorliegen und Zuständigkeiten eindeutig geregelt sind.

Prozesse sichtbar machen und klein anfangen

Der Einstieg gelingt besonders gut mit Projekten, die überschaubar sind, schnelle Erfolge liefern und Raum für gemeinsames Lernen lassen. Nachfolgend gebe ich drei Empfehlungen für den Start:

1. Prozesse sichtbar machen und Schritt für Schritt dokumentieren, wie Aufgaben aktuell erledigt werden. Das schafft Transparenz, deckt Schwachstellen auf und erleichtert die Automatisierung.

2. Datenqualität prüfen und sicherstellen, dass Informationen vollständig, aktuell und leicht zugänglich sind. Das verhindert Fehler, spart Suchzeiten und erhöht die Verlässlichkeit von Ergebnissen.

3. Klein anfangen, aber gleich anfangen und einen klar abgegrenzten Anwendungsfall wählen. Das sorgt für schnelle Erfolge, steigert die Akzeptanz und liefert wertvolle Erfahrungen für den nächsten Schritt.

Wer die Wirkung von KI erleben möchte, sollte nicht mit einer theoretischen Strategie beginnen, sondern mit einem klar umrissenen Problem, das alle im Team kennen. Eine halbe Stunde weniger für jede wiederkehrende Aufgabe summiert sich in einem Jahr zu mehreren Wochen gewonnener Arbeitszeit.

Klare Abläufe, saubere Daten und der Mut zum ersten Schritt sind die entscheidenden Faktoren, um Büroarbeit spürbar zu vereinfachen – und Zeit zu schaffen für die wirklich wichtigen Aufgaben.

Sebastian Reimer

Sebastian Reimer ist Gründer und Inhaber des Lean Service Institute. Er arbeitet mit seinem Team im eigenen Lean-Musteroffice. Dort werden Abläufe täglich überprüft, verbessert und KI-gestützt umgesetzt. So entstehen praxisnahe Lösungen, die zeigen, wie Büroarbeit einfacher und klarer werden kann (https://www.lean-service-institute.de/).

Sebastian Reimer