Lebensmittel Zeitung 37 vom 12.09.2025 Seite 22
Recht & Politik
Biobranche setzt sich durch
Reform des Gesetzes gegen den Unlauteren Wettbewerb (UWG) zu Ăkowerbung â Kabinett greift Forderung zu Ăkolebensmitteln auf
Die Anpassung des UWG an die EU-Umweltwerberegeln ist auf der Zielgeraden. Der nun verabschiedete Kabinettsentwurf lÀsst viele in der Lebensmittelbranche aufatmen.
Das Bundeskabinett hat den Gesetzentwurf fĂŒr die UWG- Reform zur Umsetzung der âRichtlinie zur StĂ€rkung der Verbraucher fĂŒr den ökologischen Wandelâ (EmpCo) vergangene Woche beschlossen â und greift darin ein zentrales Anliegen der Ăkobranche auf.
Laut der EmpCo sind âallgemeine Umweltaussagenâ wie âökologischâ oder âumweltfreundlichâ kĂŒnftig unter anderem nur noch erlaubt, wenn der Werbende eine âanerkannte hervorragende Umweltleistungâ nachweist â wobei bislang nicht so recht klar ist, was das sein soll. In der GesetzesbegrĂŒndung zum Regierungsentwurf heiĂt es nun immerhin, dass auch gesetzliche und private Bio- Standards eine BegrĂŒndung fĂŒr eine solche Höchstleistung sein können.
âAllgemeine Umweltaussagen sind demnach zulĂ€ssig, die sich auf die spezifischen Vorgaben der EU-Ăko- Verordnung oder auf darĂŒberhinausgehende private Standards der AnbauverbĂ€nde wie Bioland, Demeter & Co. beziehen â etwa hinsichtlich BiodiversitĂ€t, Boden, GewĂ€sserâ, betont Simone GĂ€rtner von der Assoziation ökologischer Lebensmittelhersteller (AöL). âDiese Klarstellung sichert der Bio-Branche die geforderten KommunikationsspielrĂ€ume. Wir hoffen daher, dass die notwendigen Anpassungen in der Marketingkommunikation fĂŒr viele Marktakteure zumindest im Bio-Bereich moderater ausfallen werden als zunĂ€chst befĂŒrchtet.â
Genau diese Klarstellung hatte ein BĂŒndnis aus LEH und BioverbĂ€nden im Juli von Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) gefordert. Bio-Hersteller und -HĂ€ndler mĂŒssen weiter mit allgemeinen Umweltaussagen wie âbodenschonendâ oder âökologisch“ werben dĂŒrfen, so die zentrale Forderung von Aldi SĂŒd, Edeka, Lidl/Kaufland, Rewe, Tegut, Hipp und 51 weiteren Akteuren. Die Stellungnahme âDie biologische Lebens- und Landwirtschaft ist eine Umwelthöchstleistungâ hatten AöL und Bioland initiiert.
âDas ist fĂŒr Ăkolebensmittel eine positive Entwicklung. Die Anforderungen der âanerkannten hervorragenden Umweltleistungâ sind ja sehr streng, schwer zu erfĂŒllenâ, sagt Leonie Evans, Partnerin der Kanzlei Meisterernst. Spannend bleibe dennoch, wie allgemeine Umweltaussagen auf Ăkolebensmitteln in der Praxis gehandhabt werden. Christina Kufer, Kanzlei Fieldfisher, wendet allerdings ein, dass die in der GesetzesbegrĂŒndung genannten Beispiele nur einen sehr kleinen Ausschnitt einer bestimmten Warengruppe betreffen. âWas ist etwa mit Produkten wie Bio-Baumwolle? FĂŒr sie sieht das EU- Recht keine biologischen Anforderungen vor, sodass der Begriff âBio-Baumwolleâ kĂŒnftig unzulĂ€ssig wĂ€re, wenn das Produkt nicht ĂŒber das EU-Ecolabel fĂŒr Textilien verfĂŒgt â eine unfaire Differenzierungâ, so Kufer.
An zwei weiteren Stellen geht das Kabinett auf die Forderungen der Wirtschaft ein â laut Daniel Kendziur, Anwalt bei SKW Schwarz, indes nur halbherzig. âDer veranschlagte jĂ€hrliche ErfĂŒllungsaufwand von 52 Mio. Euro ist besser als die im Referentenentwurf taxierten 38 Mio. Euro, aber immer noch lĂ€cherlich wenig.â Auch gewĂ€hre der Entwurf keine VerlĂ€ngerung der sechsmonatigen Ăbergangsfrist. Berlin muss die EmpCo- Umsetzung bis MĂ€rz 2026 verabschieden; gelten sollen sie ab 27. September 2026. Falls einzelnen Unternehmen âunbillige HĂ€rtenâ entstehen, können die Gerichte zwar laut Entwurf angemessene Umstellungsfristen gewĂ€hren. âIch wĂŒrde aber keinem Mandanten raten, sich verklagen zu lassen, um dann nach vier Jahren Verfahrensdauer eventuell eine Abverkaufsfrist zugesprochen zu bekommenâ, meint Kendziur. Der Entwurf geht nun ins parlamentarische Verfahren. Er enthĂ€lt etwa strikte Anforderungen zu Nachhaltigkeitssiegeln, Aussagen ĂŒber kĂŒnftige Umweltleistungen und CO2-neutral-Aussagen auf Kompensationsbasis.
Gerrit-Milena Falker