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Agrarhaushalt 2025 spät beschlossen
Quelle: agrarzeitung 2025 Heft 38 vom 19.09.2025, Seite 4


agrarzeitung 38 vom 19.09.2025 Seite 4

Agrarhaushalt 2025 spät beschlossen

6,88 Mrd. € Volumen – Stallumbau-Förderung wird in Länder-Programm verlagert

Berlin. Der Bundestag hat am Montag den Agrarhaushalt für 2025 mit einem Volumen von 6,88 Milliarden Euro verabschiedet. Bundeslandwirtschaftsminister Alois Rainer (CSU) kündigte dabei das Ende des Bundesprogramms zum Umbau der Tierhaltung auch im Parlament an und begründete dies mit mangelnder Nachfrage.

Das Programm aus der Vorgängerregierung war laut wiederholter Aussagen des Ministers in den vergangenen Tagen ein Fehlschlag. Von den 200 Millionen Euro, die für dieses Jahr bereitstanden, sind bislang nur 25 Millionen Euro abgeflossen. Im Vorjahr waren es sogar nur zwölf von 150 Millionen Euro. „So können wir das nicht weitermachen“, sagte Rainer vor dem Plenum. 138 Millionen Euro seien 2024 ungenutzt an den Finanzminister zurückgegangen – „das ist weg für das Thema Tierwohl“. Diese nicht abgerufenen Gelder fließen in die „globale Minderausgabe“ und gehen dem Tierwohl- Sektor dauerhaft verloren, begründete der Minister seine drastische Entscheidung. Für 2025 prognostizierte er bestenfalls einen Mittelabfluss von 100 Mio. € – wieder würden 100 Mio. € in die globale Minderausgabe wandern.

Überraschender Kurswechsel

Der Landwirtschaftshaushalt wird mitten in der angespannten Gesamthaushaltsdebatte der schwarz-roten Koalition unter Kanzler Friedrich Merz (CDU) verabschiedet. Erst am Mittwoch verteidigte sich die Regierung gegen massive Oppositionskritik in der Generaldebatte. AfD-Chefin Alice Weidel nannte den Gesamthaushalt „zusammengeschustert“ und „verantwortungslos“.

Die SPD-Haushaltsberichterstatterin Esther Dilcher zeigte sich überrascht vom Minister-Vorstoß. „Es hat mich doch etwas überrascht, nach vier Tagen, nachdem wir etwas ganz anderes gefordert hatten“, sagte sie. Der Haushaltsausschuss hatte Anfang September noch eine umfassende Novellierung der Förderung und den Abbau rechtlicher Hürden gefordert.

Dilcher kritisierte, dass das grundsätzliche Problem nicht beseitigt, sondern nur verlagert werde. Landwirte hätten keine Planungssicherheit, weil die gesetzliche Grundlage für förderfähige Ställe fehle. „Statt die Hürden zu beseitigen, schaffen Sie das Programm ab.“

Versprechen GAK-Förderung

Der Minister will die Tierwohl-Förderung künftig über die Gemeinschaftsaufgabe Agrarstruktur und Küstenschutz (GAK) abwickeln, an der sich Bund und Länder beteiligen. Als Vorbild nannte er Bayern, wo jährlich 340 bis 390 Anträge genehmigt werden – „tagtäglich einer“. Bundesweit seien es hingegen nur etwa 270 Anträge.

Rainer kämpfe für die ursprünglich geplanten 1,5 Milliarden Euro für den Stallumbau, habe diese aber nicht erhalten. „Bloß Frau Dilcher. Der Finanzminister ist in unserer gemeinsamen Koalition, aber aus Ihrer Partei“, sagte er in Richtung der SPD-Berichterstatterin. Sollte das Parlament wieder ein Bundesprogramm beschließen, werde er es umsetzen. „Ich habe nichts begraben, gar nichts.“

Agrardiesel bleibt Thema

Positiv bewertete der Minister die Wiedereinführung der Agrardiesel-Rückvergütung ab 2026. Diese entlaste die Betriebe um 430 Millionen Euro jährlich. Die AfD forderte eine rückwirkende Erstattung auch für 2024. Julian Schmidt (AfD) nannte dies ein „echtes positives Signal“ an die Landwirte.

Die Linke kritisierte den Haushalt als unzureichend. Ina Latendorf verwies auf Lebensmittelpreissteigerungen von 34,6 Prozent in fünf Jahren und forderte ein staatliches Sofortprogramm für kostenfreie Kita- und Schulverpflegung. Dafür schlägt sie eine Finanzierung aus dem Verteidigungsetat vor.

Die Koalition betonte Erfolge bei der Lebensmittelrettung. SPD-Fraktionsvorstand Esra Limbacher verwies auf über zehn Mio. t weggeworfener Lebensmittel jährlich. Er forderte eine Überprüfung des Mindesthaltbarkeitsdatums für haltbare Produkte wie Tee, Reis oder Nudeln.

Rainer verkündete die Konstituierung des Sachverständigenrates für ländliche Entwicklung unter neuer Führung. Petra Bentkämper, Vorsitzende der Deutschen Landfrauen, wurde an die Spitze des Gremiums gewählt. Minister Rainer gratulierte ihr zu dieser Position, um ein Signal für die verstärkte Einbindung von Frauen in die Agrarpolitik zu setzen.

Landwirtschaftliche Sozialpolitik

Die landwirtschaftliche Sozialpolitik macht mit 4,1 Milliarden Euro den größten Haushaltsposten aus – fast 60 Prozent des Etats. Davon entfallen 2,4 Milliarden auf die Alterssicherung und 1,5 Milliarden auf die Krankenversicherung der Landwirte. Rainer betonte, damit könne eine Agrarsozialpolitik mit „passgenauen Lösungen zu bezahlbaren Beiträgen“ ermöglicht werden.

Demonstrativ dankten sich die Koalitionspartner wechselseitig für die konstruktive Zusammenarbeit. Rainer lobte exemplarisch die Berichterstatter Vogt (CDU) und Dilcher (SPD), diese wiederum würdigte die „stets gute Zusammenarbeit“ mit dem Minister. Die öffentlichkeitswirksame Harmonie soll offenbar die Spannungen aus dem missglückten Koalitionsstart überdecken, bei der Kanzler Friedrich Merz (CDU) nicht für Ausgleich in verschiedenen politischen Entscheidungen sorgen konnte.

Patrick Pehl