Transformation unter Spannung: die Zukunft fließt durch kommunale Netze
Ingbert Liebing*
Die Zukunft hat keinen Schalter. Man kann sie nicht einfach anschalten. Aber man kann heute die Weichen stellen.
Die Energiewende ist weitgehender gesellschaftlicher Konsens. Und sie ist notwendig. Weil fossile Energieträger endlich sind. Weil wir das Klima nicht weiter mit dem Ausstoß klimaschädlicher Gase überhitzen dürfen. Und weil Unabhängigkeit in der Energieversorgung zur Sicherheitsfrage geworden ist. Es geht nicht mehr um das Ob. Es geht um das Wie. Und das Wie ist eine netzgebundene, dezentrale, erneuerbare Realität.
Doch während überall in Deutschland Photovoltaikanlagen, Windräder, Wärmepumpen und Wallboxen für E-Fahrzeuge installiert werden, droht das Fundament darunter zu bröckeln: unser Stromnetz. Es ist das Rückgrat der Transformation, aber es steht unter Druck. Überlastet. Überreguliert. Übersehen.
Die Regeln, die heute für Planung, Betrieb und Finanzierung der Netze gelten, stammen aus einer Zeit, in der Versorgung linear und zentral organisiert war. Heute ist sie dezentral und volatil. Der Strom kommt nicht mehr von einem großen Kraftwerk. Er kommt von hunderttausenden Solaranlagen, Windkraftanlagen, von Blockheizkraftwerken und von Batteriespeichern. Aber das bisherige Energiewirtschaftsrecht ist dafür noch nicht ausreichend und zielgerichtet genug gemacht.
Die Anreizregulierung ist ein gutes Beispiel: Sie soll Effizienz fördern, aber bislang verhindert sie dringend notwendige Investitionen. Wer Netze zukunftsfähig macht, muss hohe Summen vorfinanzieren. Doch der regulatorische Rahmen deckelt Erlöse bis zur Schmerzgrenze und darüber hinaus, verzögert Anerkennungen und macht aus Fortschritt ein Risiko. Das ist nicht marktwirtschaftlich. Das ist mutlos.
Auch bei den Konzessionsvergaben gibt es rechtliche Unsicherheiten, die besonders kommunale Unternehmen betreffen. Dabei sind sie es, die vor Ort Verantwortung übernehmen: für die Versorgung, für die Wärmewende, für den sozialen Zusammenhalt. Stadtwerke sind Partner der Kommunen. Und ihre Netze sind mehr als Infrastruktur. Sie sind Teil des öffentlichen Raums. Sie sind ein Fundament der Daseinsvorsorge.
Deshalb brauchen wir ein Umdenken im Energierecht. Weg vom Verwalten, hin zum Ermöglichen. Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt werden. Digitale Netze brauchen rechtssichere Standards. Und Investitionen in Netzinfrastruktur müssen regulatorisch unterstützt, nicht ausgebremst werden.
Die Energiewende wird nicht in Berlin entschieden, sie wird in Bitterfeld, in Bamberg, in Bochum gemacht. Dort, wo kommunale Unternehmen schon heute Verantwortung übernehmen. Für eine klimaneutrale und resiliente Energiezukunft.
Wenn wir es ernst meinen mit dem Ausstieg aus Kohle, Erdgas und Öl, dann dürfen wir nicht länger am Netz sparen. Sondern müssen darin investieren. In Sicherheit. In Versorgung. In Zukunft.




