changement! 8
Was eine gute Arbeitskultur ausmacht
Quelle: changement! 8 2025 Heft vom 10.11.2025, Seite 24


changement! 8 vom 10.11.2025 Seite 24,25

Was eine gute Arbeitskultur ausmacht

Aufgrund der Coronazeit schien es lange so, als seien mobiles Arbeiten und Homeoffice in den Unternehmen akzeptiert. Mittlerweile betonen jedoch mehr und mehr Firmenleitungen die enorme Bedeutung der Präsenzkultur. Müssen wir zurück ins Büro, um die Kultur zu retten? Zerstört Work-from-Home die Unternehmenskultur?

Keine Extreme

„Aus Studien wissen wir viel über die Wirkungen von Homeoffice auf die Leistung. Hier scheinen kleine positive Effekte zu existieren. Diese sind aber zum Beispiel von der Art der Tätigkeit abhängig. Auch wissen wir, dass strenges ‚Return to Office‘ nicht nur die emotionale Erschöpfung fördert, sondern auch der Produktivität nicht hilft. Die Frage, ob Homeoffice die Unternehmenskultur zerstört, ist weniger gut empirisch zu beantworten. Auch setzt sie voraus, dass überhaupt eine positive Kultur in Unternehmen existiert, die man bewahren will. Zu beachten ist auch, dass die Möglichkeit, Homeoffice zu praktizieren oder die Leute zurück ins Büro zu befehlen, schon einen kulturellen Ausdruck bildet.

Gleichzeitig werden Werte durch persönlichen Kontakt leichter sozialisiert und Arbeitsräume geben Signale. Gerade für neue Mitarbeitende ist der Kontakt wichtig. So scheint es für die Kultur günstig, dass weder Extremvarianten von Präsenzpflicht noch von Homeoffice praktiziert werden und dass die Teams, in denen die Sozialisationsprozesse stattfinden, über ihre Anwesenheit mitentscheiden dürfen.“

Prof. Dr. Carsten Schermuly

Alles ist möglich

„Wenn wir über Kultur sprechen und darüber, ob sie im Büro, hybrid oder remote besser entsteht, sollten wir uns zuerst fragen: Was ist Kultur überhaupt? Und wie entwickelt man sie?

Kultur entsteht nicht nur im Büro, sondern im täglichen Miteinander: Wie gehen wir miteinander um? Wie wird geführt? Wie transparent sind Entscheidungen? Zählt die Meinung des anderen? Wie wird mit Fehlern umgegangen? Wie hoch ist die psychologische Sicherheit?

Das alles zeigt sich auch remote: in Feedback, E-Mails, Gehalt, Führung und Meeting-Kultur. Präsenz allein schafft keine gute Unternehmenskultur. Das heißt: Nein, wir müssen nicht alle fünf, vier oder drei Tage pro Woche zurück ins Büro, um Kultur zu retten. Entscheidend ist das Verhalten der Menschen, nicht der Ort. Gleichzeitig kann persönliche Begegnung Bindung und Vertrauen stärken. Wie oft das sinnvoll ist, sollten Teams selbst entscheiden: einmal im Jahr, monatlich, zwei Tage die Woche oder wöchentlich. Alles ist möglich.

Ich habe in den letzten fünf Jahren in wirtschaftlich sehr erfolgreichen Tech-Unternehmen gearbeitet: hybrid mit starker Kultur. Es funktioniert.

Wenn man weiß, wie Kultur wirklich wirkt: Wenn Werte nicht nur an der Wand stehen, sondern gelebt werden. Wenn Führung echt und nicht gestellt ist. Und wenn Respekt, Anstand und Augenhöhe keine Floskeln sind, sondern gelebte Praxis.“

Dr. Yasmin Kurzhals

Das Wir-Gefühl fördern

„Wir als SaarLB sind ein wichtiger Arbeitgeber hier in der deutsch-französischen Großregion und wir sind überzeugt: Unternehmenskultur lebt wesentlich vom persönlichen Austausch.

Gemeinsame Präsenz im Büro fördert die Zusammenarbeit, das Vertrauen und vor allem auch das Wir-Gefühl und lässt sich virtuell ergänzen, aber niemals ersetzen.

Daher halten wir es für elementar wichtig, regelmäßig vor Ort zu arbeiten, um unsere besondere Kultur als deutsch- französische Bank zu stärken und weiterzuentwickeln.

Gleichzeitig wissen wir die Vorteile flexibler und hybrider Arbeitsmodelle zu schätzen. Und wir verbinden das Beste aus beiden Welten: gelebte Kultur im Büro und flexible Möglichkeiten für mobiles Arbeiten von zu Hause.“

Katrin Spelz

Zombie-Land 

„Wenn Kultur nur im Büro lebt, ist sie längst tot – und man kann sie nicht wiederbeleben wie den toten Hasen in der TV-Werbung ,Irgendwas stimmt nicht mit Hasi!‘.

Nach 25 Jahren in DAX-, MDAX- und Familienunternehmen verstehe ich den Reflex, Menschen zurück ins Büro zu holen. Und ja, auch als Unternehmerin kann ich nachvollziehen, wie nervig es ist, wenn das Team nicht sofort greifbar ist und man vermutet, dass jemand im Café sitzt.

Aber was sagt das über Mindset und Menschenbild aus? Irgendwas stimmt doch nicht mit der Kultur, wenn Führungskräfte nur führen können, wenn sie ihre Teams live im Büro sehen.

Übrigens: Kultur mit Luftballon-Defibrillatoren im Büro als Zombie auferstehen zu lassen, ist keine gute Idee. Nach meinem Filmwissen hilft nur eins gegen Zombies: Kopf ab.“

Vali Maria Bluma

Prof. Dr. Carsten Schermuly

Prof. Dr. Carsten Schermuly ist Professor für Wirtschaftspsychologie und geschäftsführender Direktor des Instituts for New Work and Coaching (INWOC) an der SRH Berlin University of Applied Sciences.

Dr. Yasmin Kurzhals

Dr. Yasmin Kurzhals ist promovierte Arbeits- und Organisationspsychologin mit mehr als 20 Jahren Erfahrung im HR-Bereich, davon 15 Jahre in Führungspositionen.

Katrin Spelz

Katrin Spelz ist Bereichsleiterin Personal und Kommunikation bei der SaarLB.

Vali Maria Bluma

Vali Maria Bluma ist Gründerin der Transformationsberatung Human Rox Consulting mit Schwerpunkt Change Management und Kommunikation.

Carsten Schermuly, Katrin Spelz, Vali Maria Bluma und Yasmin Kurzhals