Lebensmittel Zeitung
Bundesgerichtshof verhandelt zu Müller Milch „High Protein“
Quelle: Lebensmittel Zeitung 2025 Heft 41 vom 10.10.2025, Seite 19


Lebensmittel Zeitung 41 vom 10.10.2025 Seite 19

Bundesgerichtshof verhandelt zu Müller Milch „High Protein“

Grundsatzverfahren über Trendprodukte – Streit um prominente Grammangabe zum Proteingehalt – EuGH-Vorlage denkbar

Dürfen Unternehmen auf der Verpackung den Proteingehalt isoliert hervorheben? Dazu hat der Bundesgerichtshof verhandelt. Die Wettbewerbszentrale hat die Molkerei Müller verklagt und strebt ein Grundsatzurteil für das Trend-Sortiment „High Protein“ an.

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat Ende September zur Frage verhandelt, ob die Molkerei Müller einen „High Protein“-Milchreis mit dem herausgehobenen Hinweis „14 g Protein pro Becher“ vermarkten darf. Geklagt hatte die Wettbewerbszentrale. Sie verweist auf die „gesetzlich vorgeschriebene Nährwert-Tabelle, die den Kunden neutral und leicht vergleichbar informieren soll, auch über den Proteingehalt“. Eine Betonung einzelner, besonders vorteilhafter Nährwertangaben sei damit unzulässig. Die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) erlaubt nur in bestimmten Fällen, die Angabe außerhalb der Nährwert- Tabelle zu wiederholen – unter anderem beim Brennwert.

Auf dem Müller-Produkt befand sich die isolierte Angabe „14g Protein*“ (siehe Foto). Eine Aufklärung des Sternchens erfolgte nirgends. Auf der Verpackungsseite wurde zusätzlich „14g Protein pro Becher“ angegeben.

Das Oberlandesgericht (OLG) München hatte die separate Protein-Angabe als Vorinstanz für unzulässig erachtet (Az.: 6 U 3363/23). Auch das OLG Stuttgart und das OLG Hamburg hatten in ähnlichen Fällen einen Verstoß gegen die LMIV angenommen.

„Der Senat hat durchblicken lassen, dass er eher dazu neigt, unsere Auffassung zu verfolgen“, sagt Bianca von Rahden, Anwältin der Wettbewerbszentrale, im Anschluss an die Verhandlung. Gut möglich sei aber auch, dass der BGH den Fall dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) vorlegen wird: „Konkret stellt sich die Frage, ob der Claim ‚14 Gramm Protein pro Becher‘ eine zulässige Konkretisierung der Angabe ‚hoher Proteingehalt‘ ist. Letztere ist laut Health-Claims-Verordnung (HCVO) für Lebensmittel zugelassen, die einen Proteingehalt von mindestens 20 Prozent am Brennwert haben.“

Daher malt sich auch Müller gute Chancen aus. Der BGH habe „in der Verhandlung festgehalten, dass die Angabe ‚High Protein‘, als Synonym für ‚hoher Proteingehalt‘, im Hauptsichtfeld zulässig ist und grundsätzlich auch konkretisiert werden kann“, teilt das Unternehmen auf LZ- Anfrage mit. Offen sei, ob dies durch eine Gramm-Angabe aus der Nährwerttabelle erfolgen kann. Laut der Molkerei ist der Claim „High Protein“ mit einer Grammangabe hierzulande und in der EU weit verbreitet. Zudem habe die anstehende Entscheidung Grundsatzrelevanz: „Viele nährwertbezogene Angaben, die auf der Vorderseite abgebildet werden, werden auch durch spezifische Gramm- oder Prozentangaben konkretisiert – wie ‚fettarm‘, ‚zuckerfrei‘ oder ‚alkoholfrei‘, etwa durch ‚1,5 g‘ oder 1,5 Prozent Fett’.“ Falls der Bundesgerichtshof Müllers Revision zurückweise, könnten auch diese Produktaufmachungen infrage stehen.

Laut von Rahden „ist fraglich, ob ‚14 Gramm Protein pro Becher‘ überhaupt eine taugliche Konkretisierung darstellt: Der Kunde kann mit dieser Grammangabe im Zweifel nichts anfangen.“ Und: „Die HCVO nennt nun mal die Prozentangabe, gerechnet auf den Brennwert. Es ist nicht Aufgabe der Gerichte, zu überprüfen, ob die Nennung in Gramm eingängiger wäre.“

Der Bundesgerichtshof will seine Entscheidung am 20. November verkünden.

Gerrit-Milena Falker